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Graues Land - Die Schreie der Toten (German Edition)

Graues Land - Die Schreie der Toten (German Edition)

Titel: Graues Land - Die Schreie der Toten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Dissieux
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Erschöpfung nicht. In der freien Hand trug er eine Pumpgun, die wie ein Spielzeug wirkte. Er stellte sie neben Murphys Waffe gegen die Wand, warf Daryll und Demi einen kurzen Blick zu und ließ sich auf den Sessel fallen, auf dem Daryll zu Beginn des Tages gesessen hatte. Das Holz ächzte unter dem Gewicht des Mannes.
Murphy kam zum Bett, setzte sich auf seinen Stuhl und rührte das Essen weiter, als sei nichts geschehen. »Du kannst deine Waffe wieder weglegen«, sagte er lächelnd und nickte in Richtung der Magnum, die Daryll unter dem Tisch auf den Fremden gerichtet hielt.
Dieser blickte kurz auf. Sein Gesichtsausdruck war der eines Mannes, der schon mehr gesehen hatte, als gut für ihn war. Er senkte seinen Blick wieder, stützte sich auf den Knien ab und starrte zu Boden.
»Das ist Wulf.«
Daryll legte die Waffe auf seinen Schoß und betrachtete den massigen Mann.
»Wulf?«
Als der Fremde sich aufrichtete, war Daryll versucht, erneut zur Pistole zu greifen. Doch ein kraftloses Lächeln des Mannes ließ ihn innehalten.
»Wulf muss reichen«, sagte er mit tiefer, ruhiger Stimme. »Namen bedeuten nichts mehr.«
Daryll wollte ihm seinen Namen nennen, doch kein Laut kam über seine Lippen. Stattdessen ergriff Demi das Wort: »Wieso nennen Sie sich Wulf?«
Murphy und der Fremde tauschten einen kurzen Blick, wobei Murphy sich wieder mit einem schiefen Lächeln dem Topf zuwendete.
Als der Mann sich aus dem Sessel erhob, schien es dunkler im Zimmer zu werden. Er kam zum Bett herüber, wobei sich sein Schatten wie ein Berg über die Wand bewegte, und setzte sich auf die Bettkante. Demi sah den Fremden mit angsterfüllten Augen an, wich jedoch nicht zurück.
»Mein Sohn nannte mich Wulf«, murmelte er.
VII
Später am Abend aßen sie das Fleisch, das zäh und faserig, jedoch das Beste war, das Daryll in den letzten Tagen gegessen hatte. Murphy erwärmte eine weitere Dose mit Bohnen, so dass es reichlich für jeden gab. Der Duft nach Normalität überdeckte sogar den modrigen Gestank der Wohnung, die Murphy seit Tagen nicht mehr richtig lüften konnte. Keiner von ihnen sprach ein Wort. Während Demi und Daryll dem Fremden immer wieder argwöhnische Blicke zuwarfen, starrte Wulf mit ausdruckslosem Gesicht auf seinen Teller. Er aß langsam, sein Blick ging immer wieder ins Leere.
Als die Nacht begann, hörten sie das Heulen der Kreaturen. Es drang aus dem Wald wie das zähflüssige Plätschern eines verseuchten Flusses. Plötzlich war die stille Welt erfüllt von Keifen, Jaulen und Schnaufen. Schritte zertraten das Schweigen, wie ein unbedachter Tritt ein Gänseblümchen zerstören konnte. Sand knirschte, Steine flogen gegen die Fassade des Hauses. Es war, als würde ein Gewitter über dem Haus niedergehen.
Irgendwo hinter dem Haus drang das schrille Kreischen einer Bestie durch die Nacht. Weit entfernt, in den Hügeln, antwortete eine andere Kreatur. Etwas sprang auf eines der Autos vor dem Haus. Hufe schabten über Metall, Büsche raschelten.
Im Zimmer war es still geworden. Die Kerzen waren gelöscht. Durch die Spalten im Fensterladen sickerte ein dünner Streifen Mondlicht und tauchte den Raum in ein aschenfarbiges Grau.
Draußen brach ein schwerer Ast. Eine der Bestien stieß ein wolfsähnliches Heulen aus. Andere setzten ein, bis die Luft von dem rauen Stakkato vibrierte. Sie schlichen um das Haus, Klauen hämmerten gegen die Holzlatten der Wände, Krallen gruben sich in morsches Holz. Stampfende Hufe sprangen über die Veranda. Die sterbende Welt war aus ihrem Schlaf erwacht und sandte ihre pestilenzische Brut in die Nacht aus.
Murphy setzte sich zu Demi aufs Bett und nahm das Mädchen in seine Arme. Sie weinte und verbarg ihr Gesicht an der Schulter des alten Mannes. Daryll saß auf dem Sessel vor dem Bett, seine Hände krallten sich um den kalten Stahl seiner Magnum. Wulf stand ihm gegenüber und starrte mit wütendem Gesicht zum Fenster. Seine Hände waren zu enormen Fäusten geballt.
»Sie wissen, dass wir hier sind«, flüsterte Murphy mit einem zornigen Seitenblick zu Wulf.
»Wie sicher sind wir hier?«, fragte Daryll und erschrak über die Lautstärke seiner Stimme.
»Die Wohnung ist sicher«, antwortete Murphy und blickte nun ebenfalls auf den blassen Streifen Mondlicht, der ins Zimmer fiel. »Sie können in den Laden. Das konnte ich nicht verhindern. Aber sie werden keinen Zugang in die Wohnung finden.«
Wulf nickte in Richtung Korridor. »Die Tür?«
»Sie ist mit einer Stahlplatte und Schlössern

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