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Graues Land - Die Schreie der Toten (German Edition)

Graues Land - Die Schreie der Toten (German Edition)

Titel: Graues Land - Die Schreie der Toten (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Michael Dissieux
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keine Worte, okay?«
Daryll nickte. Seine Beine begannen sich wieder in Gummi zu verwandeln, doch Wulfs massige Erscheinung und das Vertrauen, das er offensichtlich in ihn steckte, gaben ihm Zuversicht. Er griff sich eine der Kisten und sah Wulf abwartend an.
Dieser nickte ihm lächelnd zu. »Okay, dann lasst uns beginnen.«
X
Sie bewegten sich schnell und effizient. Wulf wurde an die Vorgehensweise von Soldaten erinnert. In erster Linie jedoch sah er in Daryll und seinem furchtsamen Eifer ein Abbild von Mikey. Er wollte nicht an ihn denken. Nicht jetzt.
So konzentrierte er sich auf das Tragen der Kisten, während sich Daryll um die leichteren Taschen kümmerte, und lächelte dem Jungen bei jeder Begegnung aufmunternd zu, auch wenn er selbst innerlich von einer kalten Anspannung erfasst worden war. Immer wenn er zum Haus zurückrannte, überzeugte er sich davon, dass Murphys Gewehrlauf zwischen den Holzläden zu sehen war.
Wulf hatte beschlossen, dass sie beide Fahrzeuge mitnehmen würden. Die ursprüngliche Idee, nur den Pick-up zu verwenden, scheiterte an einfachen logistischen Problemen, denn das kleine Führerhaus würde ihnen allen zwar Platz bieten, doch für eine längere Fahrt wäre die Enge in der Kabine kaum zu ertragen. Die Vorstellung, mit zwei altertümlichen Vehikeln durch das Land zu fahren und dadurch doppelt so viel Aufmerksamkeit auf sich zu ziehen, gefiel Wulf gar nicht. Doch er wollte es dem kleinen Mädchen nicht zumuten, sich in ihrem geschwächten Zustand mit drei nach Schweiß stinkenden Männern in ein enges Führerhaus quetschen zu müssen. Demi litt schon genug unter ihren Verletzungen. Das war der Hauptgrund gewesen, wieso er sich widerstrebend für beide Fahrzeuge entschieden hatte. Wulf würde mit Daryll im Pick-up fahren, während der alte Mann zusammen mit dem Mädchen den Ford nehmen würde.
Als die Autos fertig beladen waren und Daryll keuchend auf den Stufen der Treppe saß, trieb Wulf den alten Mann und das Mädchen zur Eile an. Es tat ihm in der Seele weh, Murphy mit derart brachialer Gewalt aus seinem Heim zu reißen. Ihr Vorhaben verlangte jedoch nach Eile, denn wer vermochte zu sagen, wie lange diese Kreaturen ihr Handeln noch schweigend aus dem sicheren Versteck des Waldes heraus beobachten würden. Murphy hatte ihm erzählt, dass die Bestien das Tageslicht keineswegs scheuen würden, und auch von Daryll kamen derartige Andeutungen, jedoch ohne dass er näher darauf einging.
Während Daryll bereits auf dem Beifahrersitz des Chevy saß und durch die verdreckte Windschutzscheibe so klein und blass wie ein Insekt aussah, sicherte Wulf das Gelände ab. Murphy und Demi traten wenige Sekunden später aus dem Haus. Dem Mädchen viel es schwer, das Gleichgewicht zu halten. Dem alten Mann standen Tränen in den Augen. Aus purer Gewohnheit schloss er die Tür zur Wohnung ab und steckte den Schlüssel in die Tasche seiner alten Cordjacke.
Wulf reichte indessen Demi die Hand und führte sie zum Ford. Nachdem das Mädchen eingestiegen war, fegte Wulf mit der flachen Hand Äste und Blätter von der vermoosten Motorhaube des Wagens. Er sah, dass Murphy noch einmal zum Pick-up ging und etwas in der Hand hielt, als er zu seinem Wagen kam. Der Alte ging zur Beifahrertür, öffnete sie und hielt Demi ein Buch entgegen, dessen Einband mit Schlamm verkrustet war. Auf das Gesicht des Mädchens legte sich ein seltsamer Ausdruck, der Wulf an die traurigen Masken von Clowns erinnerte. Während ihr Mund lächelte, weinten ihre Augen.
»Dein Großvater hätte gewollt, dass du das bekommst.«
Demi nahm das Buch entgegen und verbarg ihr Gesicht dahinter. Wulf konnte sie leise schluchzen hören.
Als Murphy schwerfällig eingestiegen war, lehnte sich Wulf zu ihm herunter und sah ihn eindringlich an. Im Wageninnern stank es nach Tabak und faulem Obst.
»Wenn es Probleme gibt, gibst du mir ein Zeichen mit der Hupe oder, wenn es dunkel ist, mit dem Fernlicht.«
Murphy nickte. Er wirkte nervös und deprimiert. Wulf legte dem alten Mann die Hand auf die Schulter. Murphy ergriff sie und nickte erneut. Seine Augen waren gerötet.
»Wir werden es schaffen«, sagte Wulf. »Und wir werden Hilfe für Demi finden. Ich verspreche es.«
Murphy stieß ein Schnaufen aus, von dem Wulf nicht wusste, ob es verächtlich oder resignierend klang.
»Ich glaube, mit Versprechen sollten wir in diesen Tagen behutsam umgehen«, sagte der Alte schließlich leise. Dann zog ein bitteres Lächeln über sein Gesicht und modellierte jede

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