Grauzone: Der 13. Fall für August Häberle (German Edition)
wiederholte sie das bereits anfangs Gesagte, hätten sie und
ihr Mann es vorgezogen, nicht mit hochzugehen.
»Und
was glauben Sie: Wer hat diese Frau umgebracht?«, fragte Häberle direkt. Er
riskierte diese Neugier, nachdem die Frau derart geschwätzig war, dass sie
vermutlich nicht misstrauisch werden würde.
»Die
Karin? Nun ja, sie war Witwe, müssen Sie wissen. Seit 14 Jahren schon. Da kann
man annehmen, dass sie nicht nur daheimgesessen ist – wenn
Sie verstehen, was ich meine. Außerdem … «, sie
kam noch näher an Häberle heran, »… außerdem hat sie erst an Silvester gesagt – wir
haben gemeinsam gefeiert, müssen Sie wissen – , dass
sie sich fürchte, weil die Welt voller Verräter sei.«
Häberle
wurde hellhörig. »Verräter? Wie ist denn das zu verstehen?«
»Wir
haben uns auch gewundert, mein Mann und ich. Aber irgendwie, so schien es uns,
hat sie wohl gemeint, jemand aus unserem gemeinsamen Freundeskreis würde etwas,
das wir vertraulich bereden, schamlos ausnutzen.«
»Hm«,
machte Häberle. »Und was bereden Sie denn so vertraulich, wenn ich fragen
darf?«
»Wie
ich schon sagte – wir reden über Gott und die Welt.« Sie wollte offensichtlich
keine Details preisgeben, was Häberle angesichts eigener Erkenntnisse auch
nicht für erforderlich hielt.
»Und
diese Frau hat auch hier auf dem Campingplatz gewohnt?«, fragte er
überflüssigerweise, um den Unwissenden zu spielen.
»Nein,
wo denken Sie hin! Karin hat sich immer im Hochsteinhof einquartiert, in dem
ihre Tochter die Juniorchefin ist. Die hat dort eingeheiratet.«
»Schön
für sie«, brummte Häberle. »Aber andere wohnen hier auf dem Platz?«
»Ja,
wie ich schon sagte. Ein weiteres Ehepaar, die Falkensteins. Er ist übrigens
Pfarrer, ein ziemlich angesehener, in Stuttgart. Aber jetzt ist er auch pensioniert.
Und dann noch unser Uwe Astor, der sich hier fest einquartiert hat. Gleich da
drüben.« Sie zeigte auf einen der nächsten Wohnwagen. »Der ist aber oft
unterwegs. Heute wohl auch.«
Häberle
vergrub seine Hände in den Jackentaschen. »Der hat sich fest einquartiert?«
»Ein
Lebenskünstler, ja. Er macht von hier aus seinen Job. So hätte man sich das
Arbeitsleben auch immer gewünscht.«
Häberle
suchte krampfhaft nach weiteren Themen, um das Gespräch nicht abbrechen zu
lassen. »Da hat er ja alle Freiheiten, die man sich so vorstellt.« Er grinste
süffisant. »Wie geht das denn – hier leben und trotzdem
arbeiten? Ist er freischaffender Künstler?«
»Ne,
Uwe macht auf Versicherung und so. Betreut seine Kundschaft per Internet.
Manchmal ist er aber auch ein paar Tage unterwegs.« Sie sah an Häberle vorbei,
um dessen Wohnmobil im Blickfeld zu haben. »Er kommt übrigens aus derselben
Gegend wie Sie. ›GP‹ – Göppingen.«
Häberle
wollte nicht darauf eingehen. Insgeheim hatte er bereits ein schlechtes
Gewissen, dass seine wahre Identität sicher bald bekannt sein würde – spätestens, wenn sich Christoph Falkenstein und dieser Fischer trafen.
»GP ist
hier stark vertreten«, fuhr Frau Fischer fort. »Da vorn steht noch ein
Wohnmobil. Sogar ein ziemlich großes.« Sie deutete den Weg abwärts. Häberle
erschien dies nicht ungewöhnlich, schließlich hatte er selbst oft genug
gesehen, dass das Tannheimer Tal viele Bergfreunde aus dem Bereich zwischen Ulm
und Stuttgart anlockte. Die Autobahn A7 bot dafür die allerbeste
Verkehrsverbindung.
Hellhörig
wurde der Ermittler jedoch, als Renate Fischer ergänzte: »Kommt nicht gerade
oft vor, dass eine Frau allein mit einem so großen Wohnmobil unterwegs ist. Und
sogar ein kleines Motorrad dabei hat. Hinten auf so einem Ständer drauf.«
Das ist
tatsächlich ungewöhnlich, dachte Häberle. Er würde sich die Frau genauer
anschauen müssen.
63
Josefina Hallmoser atmete tief
durch, lehnte sich auf dem Holzstuhl zurück und trank Kamillentee. Dass sie
jetzt allein war – allein mit sich und der Stille der Berge – das
empfand sie als ein Geschenk Gottes. Die beiden vergangenen Tage waren stressig
genug gewesen. Der Tod Karins, die Gespräche darüber und die tiefe
Betroffenheit hatten an ihren Nerven gezehrt.
Zwar
hatte sie sich auf ein turbulentes Wochenende mit ihren Gästen eingestellt,
aber all diese unerwarteten Ereignisse waren über sie hereingestürzt wie ein
Erdrutsch, der alles unter sich begräbt. Die Freude am Treffen war ebenso
verschüttet wie die Begeisterung für die Themen, die sie sich vorgenommen
hatten.
Dass
die anderen im Lauf des
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