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Grauzone: Der 13. Fall für August Häberle (German Edition)

Grauzone: Der 13. Fall für August Häberle (German Edition)

Titel: Grauzone: Der 13. Fall für August Häberle (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Manfred Bomm
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stieß zunächst auf eine Mauer des Schweigens, wie es ihm
erschien.
    Frau
Harscher rang sich jedoch nach einem kurzen Blickwechsel mit ihrem Mann zu
einer Antwort durch: »Als das Haus zum Verkauf stand, haben sich viele
Interessenten alles angeschaut. Ist ja auch klar. Erst kürzlich ist noch eine
Dame aufgetaucht. Die hatte aber gar nicht mitgekriegt, dass es schon verkauft
war.«
    »Eine
Dame?«
    »Ja,
sie hatte historisches Interesse an dem Gebäude.«
    Andreas
Harscher fuhr sich durchs dünne, graue Haar und richtete seinen Oberkörper auf,
als sei er noch heute stolz auf das Haus. »Sie hatte es in ein Museum
verwandeln wollen. ›Wein- und Getränkemuseum‹ oder so was Ähnliches. Aber wir
sind jetzt trotzdem froh, diese Blumenhändler gefunden zu haben, die das Haus
mit sehr viel Liebe erhalten wollen.«
    Seine
Frau ergänzte: »Wir hätten es nie zugelassen, dass es abgebrochen wird. So, wie
dies in Geislingen normalerweise üblich ist: wegreißen und eine hässliche
Betonkiste hinstellen.«
    Linkohr
vermied es, sich auf eine Diskussion einzulassen. Immerhin war der historische
Stadtkern noch weitestgehend von der damaligen, falsch verstandenen
Sanierungswut verschont geblieben.
    »Die
Dame, die sich da interessiert hat«, griff Linkohr das Angesprochene noch
einmal auf, »erinnern Sie sich an ihren Namen?«
    »Oje,
Herr Linkohr«, erwiderte Harscher, »keine Ahnung. Sie war aber ziemlich
gebildet und vornehm.« Er lächelte vielsagend.
    Seine
Frau sah ihn fragend an: »Hat sie nicht gesagt, sie sei an der Hochschule
beschäftigt?«
    Harscher
zuckte mit den Schultern. »Ich kann mich nur noch entsinnen, dass sie mit so
einem kleinen Motorrad unterwegs war. Das hat uns doch ziemlich verwundert.«

61
     
    Jonas
Mullinger hatte sich viel Zeit gelassen. Er war dem schmalen Bergpfad in
südwestliche Richtung gefolgt und immer mal wieder auf einem großen Stein
gesessen, um in der Sonne nachzudenken und die geradezu atemberaubende Aussicht
auf die Lechtaler Alpen zu genießen. Sie waren noch weitgehend wolkenfrei,
während sich jenseits des Tannheimer Tales der Aggenstein immer stärker in
Nebel hüllte.
    An so
einem Wochenende wie dem jetzigen zog es die Wanderer zuhauf in diese
Landschaft, deren gewaltiger Höhenrücken zwischen Neunerköpfle und der
Landsberger Hütte zwar alpine Ausblicke bot, aber keinerlei wirklich
schwindelerregende Passagen aufwies. Der junge Mann war unterwegs sogar noch
auf zwei über 2000 Meter hohe Gipfel gestiegen, die rechts des Wegs kahl und
steinig in die Höhe ragten – die Sulz- und die
Schochenspitze. Von dort oben ging der Blick weit ins Alpenvorland hinaus, das
sich heute jedoch im tiefen Gewölk verlor, das von Nordwesten aufzog.
    Mullinger
hatte einen Teil seines Proviants verzehrt, den er mit zur Hütte heraufgebracht
hatte. Denn auch wenn es diese unliebsamen Ereignisse nicht gegeben hätte, wäre
er spätestens am morgigen Montag weitergewandert. Er nahm noch einen kräftigen
Schluck aus seiner Mineralwasserflasche und setzte den Weg zu seinem Ziel fort,
das er am Spätnachmittag von einem dieser Berggipfel aus bereits sehen konnte:
Die Landsberger Hütte thronte links unter ihm auf einem schmalen Grat, der eine
wassergefüllte Mulde zum Abhang hin begrenzte. Dieser Teich, der auf der
Wanderkarte als ›Lache‹ ausgewiesen wurde, lag zu Füßen der steil aufragenden
Berghänge, die von drei Seiten zu der Wasserfläche herabreichten. Mullinger
verfolgte aus der Vogelperspektive den Pfad, den er gehen würde: Im weiten
Bogen links um diesen Tümpel herum, an dessen gegenüberliegender Seite sich im
Geröll und dichten Bewuchs ein kurzer Anstieg zur Hütte abzeichnete, auf deren Terrasse
Sonnenschirme leuchteten. Von dort aus folgte der Pfad dem Grat, um sich im
Steilhang eine Höhenstufe abwärts zu einem weiteren See zu winden. Vermutlich,
so überlegte Linkohr, handelte es sich um einen künstlich angelegten Stausee
für die Stromproduktion. Er verfolgte den weiteren Weg, der rechts dieses
Wasserspeichers zur nächsten Höhenstufe führte, bis zu der der Hochwald
heraufragte. Ganz weit unten, eingezwängt in die bewaldeten Gebirgshänge,
glitzerte der Vilsalpsee.
    Mullinger beschloss, sich diesen ganzen Abstieg und den
schätzungsweise vier Kilometer weiten Rückweg nach Tannheim heute nicht mehr
anzutun. Er hatte sich viel Zeit genommen, auch mal am Wegrand ein Weilchen
geschlafen, und bei seinen langen Pausen über Gott und die Welt nachgedacht.
Jetzt war es

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