Grave Mercy Die Novizin des Todes
ihre eigenen Räumlichkeiten zurückgekehrt. Sobald wir seine Zimmer erreichen, drückt er mich in einen Sessel am Feuer und bestellt heißen, gewürzten Wein, um mich zu wärmen. Mit dem Feuer und unter Duvals Umhang höre ich schließlich auf zu zittern und bin in der Lage, den Wein zu halten, als er gebracht wird. Ich nehme einen Schluck und genieße den kräftigen, süßen Geschmack auf der Zunge. »Welches ist Euer nächster Schritt?«
»Wir müssen die Verlöbnisvereinbarung mit dem Kaiser des Heiligen Römischen Reiches endgültig machen und einen Weg finden, den ganzen Rat dazu zu bringen, ihr zuzustimmen.«
Meine Gedanken wandern sofort zu Madame Dinan und Marschall Rieux. »Was ist, wenn sie nicht zustimmen?«
»Dann müssen wir dafür sorgen, dass Anne gekrönt wird, damit sie in eigenem Namen handeln kann.«
»Plant Ihr, Gisors aus dem Palast zu verbannen, damit er sich nicht in ihre Krönung einmischen kann?«
Duval schnaubt. »Was diesen Teil betrifft, überlege ich noch«, antwortet er, dann nippt er an seinem Wein.
»Warum könnt Ihr ihn nicht einfach verbannen? Ihn hinauskomplimentieren und die Tür hinter ihm verriegeln? Zumindest lange genug, um Anne krönen zu lassen?«
»Der französische Regent hat jede Menge anderer Spione, die ihn alsbald informieren werden, und sie werden das zweifellos als einen Vorwand für eine Invasion benutzen.«
Genau in dem Moment klopft es an der Tür. Duval und ich tauschen einen Blick, dann geht er, um sie zu öffnen.
Es ist Hauptmann Dunois, der unzufrieden dreinschaut, als er Duval zunickt. »Ich muss mit Euch sprechen. Allein«, fügt er hinzu und wirft mir einen Blick zu. Duval macht eine abschätzige Handbewegung. »Sie wird ohnehin an der Tür lauschen.«
Hauptmann Dunois’ Lippen zucken kaum merklich. »Der Rat hat weitergetagt, nachdem Ihr gegangen seid«, erklärt er. »Die Neuigkeiten sind nicht gut. Sie haben das Gefühl, dass Euer Rat und Euer Einfluss, sei es versehentlich oder mit Absicht, das Leben der Herzogin in große Gefahr gebracht haben.«
Wenn Duval irgendwelchen Schmerz darüber empfindet, dass der Rat ihm einen Dolch durch den Rücken in die Brust stößt, so kann man es seinem Gesicht nicht ansehen. Ich stelle meinen Wein beiseite, denn ich habe Angst, dass ich ihn vor Entrüstung verschütten oder in den Kamin schleudern werde. »Worauf gründen sie diese Anklage?«
Duval wirkt, als sei ihm unbehaglich. »Auf den Anschlag auf das Leben der Herzogin heute Abend.«
»Wie soll das Duvals Schuld sein?«
»Ich kann für mich selbst sprechen«, murmelt Duval.
Dunois ignoriert unseren Schlagabtausch. »Sie haben das Gefühl, es ist das unausweichliche Ergebnis von all den Entscheidungen und Unternehmungen, die Duval und Anne bisher ausgeführt haben. Der Umgang mit den bekannten Verrätern Runnion und Martel, die Unterbringung einer Meuchelmörderin bei Hof, ohne irgendjemanden darüber zu informieren, das Aushandeln einer Verlöbnisvereinbarung mit Nemours ohne Autorisierung, die zu seinem Tod geführt hat. Und zu guter Letzt die Ermutigung der Herzogin, öffentlich einen unserer mächtigsten Adligen abzuweisen. Ganz zu schweigen von dem geplanten Verrat Eurer Mutter. Sie sind noch immer nicht davon überzeugt, dass Ihr nichts damit zu tun habt.«
Duval reagiert nicht auf diese lange Liste von Vergehen, bis er den letzten Punkt gehört hat. »Wer hat das zur Sprache gebracht?«, fragt er scharf.
»Marschall Rieux.«
Duval vergräbt den Kopf in den Händen, aber ob als Geste der Niederlage oder aus Frustration, kann ich nicht erkennen.
»Gewiss haben sich die Herzogin oder der Kanzler für Duval ausgesprochen?«, hake ich nach.
»Die Herzogin hat es getan«, erwidert Dunois, »aber da es darum ging, dass Duval ungebührlichen Einfluss auf sie ausübt, hat niemand zugehört.«
»Aber was ist mit Kanzler Crunard?«, frage ich weiter. »Es war zum großen Teil seine Entscheidung, mich in Duvals Haushalt unterzubringen. Er kennt auch den Grund, warum Duval sich mit Runnion und Martel getroffen hat. Und er hat für das Bündnis mit Nemours gestimmt, statt für eines mit d ’ Albret. Hat er nichts von alledem erklärt?«
»Nicht im Detail, nein. Er hat sich nachdrücklich für Duval verwendet, aber die anderen ließen sich nicht beirren.«
»Was haben sie vor?«, fragt Duval.
»Sie beabsichtigen, Euch morgen früh zu verhaften. Auf den Vorschlag des Kanzlers hin erwägen sie, Euch unter Hausarrest zu stellen, statt Euch in eine
Weitere Kostenlose Bücher