Grave Mercy Die Novizin des Todes
Bestie, gefolgt von einer Stimme in der Dunkelheit: »Ich denke, ich würde lieber an dem Gift sterben, als von einem großen Tölpel wie Euch niedergetrampelt zu werden.«
»Duval!« Mir stockt der Atem. Ich wirbele an de Lornay und der Bestie vorbei. Duval lehnt an der steinernen Mauer, sein Gesicht erschreckend bleich. »Ihr lebt«, sage ich und füge nicht hinzu: noch. Es ist die idiotischste Behauptung, die ich je von mir gegeben habe, aber Erleichterung überwältigt mich und schaltet meinen Verstand aus.
»Ich lebe«, erwidert er, dann verzieht er das Gesicht. »Aber ich kann die Beine nicht bewegen.«
Ich richte den Blick auf seine leblosen Beine, damit er mein Gesicht nicht sehen kann. Das Gift ist weiter in seinen Körper eingedrungen und hat begonnen, seine Glieder zu lähmen. Gewiss werden sein Herz und seine Lungen bald folgen.
Die Bestie zwängt sich an mir vorbei, schüttelt den Kopf und schnalzt mit der Zunge. »Ihr habt noch nie viel Wein vertragen.« De Lornay tritt an Duvals andere Seite, und ich sehe, dass sie vorhaben, ihn auf die Füße zu zerren und zu tragen. Ich weiß, er würde nicht wollen, dass ich das beobachte, daher nehme ich den Männern ihre Kerzen ab und drehe mich wieder zu dem Korridor um, bereit, den Weg zu beleuchten, sobald sie Duval hochgewuchtet haben. Ich nutze den Moment, um mich zu fassen. Warum habe ich nichts von Annith gehört? Könnte es sein, dass die Äbtissin meinen Brief abgefangen hat? Oder widerspricht meine Bitte so sehr den Regeln des Klosters, dass Annith sie nicht erfüllen wird? Fast hätte ich hysterisch zu lachen begonnen. Ich, eine Meisterin der Gifte, bin bereit, meine Seele für ein Gegenmittel einzutauschen, wenn ich nur eines finden könnte.
Jetzt, da wir Duval aufgespürt haben, finde ich, dass die Gänge nicht mehr gar so lang oder hoffnungslos dunkel scheinen. Binnen Minuten sind wir wieder in meinem Zimmer. Ich stelle die Kerzen ab und beschäftige mich damit, das Feuer zu schüren, sodass die Bestie und de Lornay Gelegenheit haben, Duval aufs Bett zu legen.
Die Männer murmeln leise miteinander, während ich einen Topf mit Brühe vom Kaminsims nehme. Ich bin kurz davor, mich aufDuvals lädierten Leib zu werfen und zu weinen. Stattdessen drücke ich die Schultern durch, stelle die warme Brühe auf ein Tablett neben einen kleinen Laib Brot und trage alles zum Bett. »Es gibt viele Neuigkeiten«, sage ich zu ihm.
Er versucht, das Tablett wegzuschieben, aber ich funkle ihn an. »Und ich werde Euch kein Wort verraten, es sei denn, Ihr esst etwas.«
Er tauscht einen Blick mit der Bestie, und in diesem Blick sehe ich, dass er denkt, dass es eine fruchtlose Übung ist. Er akzeptiert, dass er stirbt. Er nimmt es nicht nur hin, sondern zieht es vor. Er will nicht für den Rest seiner Tage wie eine Vogelscheuche umhergetragen werden. Aber ich akzeptiere es nicht, also reiche ich ihm den Löffel.
»Sagt es mir«, verlangt er, als er ihn zum Mund führt.
»Die Franzosen haben die Grenze der Bretagne überschritten und Ancenis, Fougères und Vitré eingenommen.«
Der Löffel bleibt mitten in der Luft hängen. »Marschall Rieux’ Besitz?«
»Jawohl«, bestätige ich.
Neben mir stößt entweder de Lornay oder die Bestie einen Pfiff aus.
»Esst weiter.« Als er einen zweiten Löffel Brühe in den Mund nimmt, fahre ich fort. »Hauptmann Dunois denkt, dass wir eine Chance haben, dies zu einer Versöhnung mit Marschall Rieux zu nutzen.«
»Sie darf sich nicht wieder mit Rieux versöhnen«, sagt Duval, dessen Stimme jetzt grimmig klingt. »Sie muss verlangen, dass er zu ihr kommt, um Vergebung zu erflehen; sie darf nicht zu ihm gehen.«
Ich kann nicht umhin, mich zu fragen, ob das das Gift ist, das da aus ihm spricht, denn gewiss ist die Herzogin nicht in der Position, irgendetwas zu verlangen. »Sosehr ich Marschall Rieux und das, was er getan hat, verabscheue, wenn es eine Chance gibt, ihn als Verbündeten zurückzugewinnen, muss sie diese Möglichkeit nicht zumindest überdenken?«
»Und wie soll diese Wiederversöhnung vonstattengehen?«, fragt er.
»Die Herzogin, Crunard und Dunois werden nach Nantes reiten und versuchen, Rieux dazu zu überreden, an Annes Seite zurückzukehren, damit er ihre Streitkräfte gegen die Franzosen führen kann.«
»Was sagt Crunard dazu?«, fragt Duval mit vollem Mund.
»Er will, dass sie in Guèrande bleibt, aber Dunois und die Herzogin haben ihn überstimmt.«
»Wann brechen sie auf?«
»Morgen früh bei
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