Grave Mercy Die Novizin des Todes
vorhergesagt hat, wird eines der Stadttore geöffnet und eine kleine Truppe reitet hinaus, um de Lornay und die beiden Bogenschützen in seiner Begleitung in Empfang zu nehmen. Es ist eine beunruhigend kurze Begegnung.
Als de Lornay zurückkehrt, ist Zorn in seinen Augen, und meine Schultern sinken herab. »Marschall Rieux will keine Bedingungen mit mir erörtern. Er besteht darauf, die Herzogin von Angesicht zu Angesicht zu treffen, und er will nur mit ihr sprechen. Er schlägt morgen Mittag vor. Wir sollen ihn auf dem Feld unterhalb der Stadt treffen. Wir dürfen sie bis zu dem Feld begleiten, aber nur die Herzogin und zehn Bogenschützen dürfen in die Stadt einreiten. Weder Hauptmann Dunois noch Baron de Waroch oder ich selbst dürfen sie begleiten. Das Gleiche gilt für die Meuchelmörderin.« Ich brauche einen Moment, um zu begreifen, dass er mich meint.
»Das gefällt mir nicht«, sagt Hauptmann Dunois sofort. »Es riecht zu sehr nach einer Falle.«
»Dann werden wir einfach dafür sorgen müssen, dass er uns nicht unvorbereitet erwischt«, erklärt die Herzogin. »Sagt Marschall Rieux, dass ich mich zu dem vereinbarten Zeitpunkt mit ihm treffen werde.«
Der nächste Morgen dämmert frisch und klar herauf. Hauptmann Dunois hatte Angst, dass Nebel aufziehen und unsere Sicht auf die Stadt versperren könnte, sodass jeder Verrat, den Rieux oder d ’ Albret planen, verborgen bleiben würde, denn er ist sich sicher, dass sie irgendetwas planen. Aber die Götter sind uns gewogen in ihrer Wahl des Wetters für den heutigen Tag.
Die Herzogin hat sich darauf versteift, mit Marschall Rieux zu sprechen. Sie hat sogar beschlossen, sich bei ihm dafür zu entschuldigen, dass sie den Anschein erweckt hat, seinen Rat nicht zu schätzen. Es ist ein großer Schritt für sie, aber sie will, dass er sieht, dass sie bereit ist, in einigen Dingen nachzugeben.
Unsere ganze Gruppe reitet mit ihr ins Tal. Wir machen ein kurzes Stück von den Stadtmauern entfernt halt und warten. Genau zur Mittagszeit öffnen sich die Stadttore, und Marschall Rieux reitet mit einer Eskorte von vier Soldaten heraus. Wir alle scharen uns um die Herzogin und warten ab, ob es keine Falle ist. Als keine weiteren Reiter am Tor erscheinen, machen wir Platz, sodass Anne und der Marschall reden können.
Marschall Rieux zügelt sein Pferd einige Schritte von der Herzogin entfernt.
»Euer Hoheit.«
»Marschall Rieux.«
»Wenn Ihr alle bis auf zehn unbewaffnete Bogenschützen zurücklasst, werde ich Euch mit Freuden in die Stadt geleiten.«
Dunois hat ihr das Versprechen abgenommen, dass sie die Stadt nicht ohne ihre Leibgarde betreten wird. »Aber es ist meine Stadt, Marschall, es sind meine Männer und es ist mein Zuhause. Ich werde auf die für eine Herzogin passende Weise empfangen werden, statt mich wie ein Dieb in der Nacht in die Stadt zu schleichen.«
»Dann sind wir in einer Sackgasse angelangt, Euer Hoheit.« Er macht Anstalten, sich abzuwenden, aber ihre klare junge Stimme hält ihn auf.
»Habt Ihr gewusst, dass die Franzosen unsere Grenzen überschritten haben?«
Er legt den Kopf schräg. »Hoffentlich wird Euch das wieder zu Verstand bringen und dazu führen, dass Ihr Euch mit Graf d ’ Albret versöhnt.«
Hauptmann Dunois stößt ein angewidertes Schnauben aus, aber die Herzogin hebt eine Hand, um ihn zum Schweigen zu bringen. »Habt Ihr gewusst, dass sie Ancenis eingenommen haben?«
Marschall Rieux wendet langsam sein Pferd. »Ancenis?«
Die Herzogin nickt. »In ebendiesem Moment besetzen sie Eure Ländereien.«
Ihre Ankündigung hat den erwünschten Effekt. Schock malt sich aufMarschall Rieux’ Züge, dann Ungläubigkeit. »Ihr lügt.«
»Marschall Rieux! Vergesst nicht, mit wem Ihr sprecht«, ruft Hauptmann Dunois ihm ins Gedächtnis.
»Warum sollte ich diese Behauptung glauben?«, fragt der Marschall.
»Warum sollten wir lügen?«, entgegnet die Herzogin. »Es ist leicht genug für Euch, eine Bestätigung zu erlangen. Schickt einen Reiter aus, wenn Ihr wollt.«
Rieux zögert einen Moment, dann nickt er zweien seiner Männer zu. Sie lösen sich von der Gruppe und wenden ihre Pferde in Richtung der Straße nach Ancenis. »Das wird Euch noch lange nichts eintragen«, sagt er, aber seine Stimme klingt weniger sicher.
Hauptmann Dunois treibt sein Pferd an. »Jean!«, sagt er. »Gewiss ist es nicht Eure Absicht, die Franzosen von diesem Bruch zwischen Euch und der Herzogin profitieren zu lassen.«
Der Marschall erwidert
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