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Grave Mercy Die Novizin des Todes

Grave Mercy Die Novizin des Todes

Titel: Grave Mercy Die Novizin des Todes Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: LaFevers Robin L
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nach ihrem morgendlichen Mahl. Die ehrwürdige Mutter ist ebenfalls Frühaufsteherin und sitzt schon an ihrem Schreibtisch. Ich klopfe an ihre offene Tür.
    Sie schaut von ihren Papieren auf. »Du bist zurück.«
    »Ja, ehrwürdige Mutter.«
    Sie legt den Brief beiseite, den sie gerade öffnen wollte, und schenkt mir ihre volle Aufmerksamkeit. »Es ist gut gelaufen?«
    Ich versuche, nicht wie ein eitler Pfau das Gefieder zu spreizen. »Sehr gut. Es war genauso, wie Ihr und Schwester Vereda es gesagt habt. Das Todesmal war deutlich sichtbar bei dem Verräter, und das Gift hatte ihn bereits einschlafen lassen, als ich gegangen bin.«
    »Gut.« Sie nickt zufrieden. »Du bist sicher zu uns zurückgekehrt, bevor irgendjemand wissen wird, dass er tot ist. Ein leichter, sauberer erster Mord, ganz wie es sein sollte. Niemand hat dich gesehen?«
    »Niemand. Bis auf die Dienstmagd, die genau das dachte, was Schwester Beatriz gesagt hat, das sie denken würde.« Ich zögere, voller Bedauern darüber, dass Hervé meinen ersten Auftrag besudelt hat, aber ich weiß, dass ich es nicht riskieren kann, ihn aus meinem Bericht auszulassen, für den Fall, dass er Teil der Prüfung ist. »Und ein Bauerntölpel, der versucht hat, mich aufzuhalten. Für eine Tändelei, denke ich.«
    Ihre Mundwinkel zucken erheitert nach oben. »Ich baue darauf, dass du in der Lage warst, mit dieser Situation fertig zu werden?«
    »Aber natürlich, ehrwürdige Mutter.«
    Ihre Augen werden schmal. »Hast du ihn getötet?«
    »Nein! Er war mir weder zugeteilt noch trug er ein Mal.«
    »Gut.« Sie scheint mit meinem Bericht zufrieden zu sein. »Möchtest du dich einige Stunden ausruhen, bevor du dich zu den anderen gesellst?«
    »Nein, danke.« Ich bin viel zu aufgeregt, um auch nur an Schlaf zu denken.
    Sie lächelt, als wüsste sie ganz genau, warum ich nicht schlafen kann. »Sehr gut. Sobald du dich umgezogen hast, melde dich bei Schwester Thomine im Innenhof. Lass deine Kleider auf dem Bett liegen, Schwester Beatriz wird sie in Kürze abholen.« Sie nickt zum Zeichen, dass ich entlassen bin, dann bricht sie das Siegel des Briefes vor ihr auf. Kurz bevor ich in den Flur hinaustrete, ruft sie: »Ismae?«
    »Ja, ehrwürdige Mutter?«
    »Deine zweite Prüfung wird bald kommen«, erklärt sie, ohne von ihrer Korrespondenz aufzuschauen. »Sie wird nicht so leicht sein.«
    Ich kann nicht erkennen, ob ihre Worte ein Versprechen oder eine Warnung sein sollen, daher werte ich sie als beides. Im Schlafsaal ziehe ich mich schnell um und lasse meinen Sonntagsstaat auf dem Bett liegen. Während ich mein schlichtes graues Habit schnüre, schaue ich aus dem Fenster. Schwester Thomine führt die anderen gerade in Fluchttechniken ein. Genau richtig, um etwas von meiner aufgestauten Erregung loszuwerden. Ich eile zu ihnen.
    Vier der jüngeren Mädchen ringen miteinander, und Schwester Thomine selbst hat sich zu Annith’ Partnerin gemacht. Als sie mich sieht, winkt sie mich herbei, froh darüber, diese Pflicht jemand anderem zu übergeben.
    Annith ist hochtalentiert in dieser Kunst.
    Als Schwester Thomine wegtritt, verbeuge ich mich förmlich vor Annith. Sie erwidert die Verbeugung, dann stellt sie sich in Position. Während ich meine einnehme, unterdrücke ich ein Schnauben. Wenn dieser Tölpel aus der Taverne mich doch jetzt sehen könnte.
    Und dann kommt Annith in einem schnellen Wirbel geschmeidiger Muskeln und anmutiger Glieder auf mich zu; sie tritt mir in die Seite und schlingt mir die Arme um den Hals. »Wie ist es gelaufen?«, flüstert sie.
    »Perfekt.« Ich winkle beide Arme an und heble ihren Griff auf. »So glatt wie Schwester Beatriz’ feinste Seide.«
    Annith macht eine Finte zur Seite, dann packt sie meinen Arm und dreht ihn mir hinter den Rücken. »Es gab keine Schwierigkeiten?«
    Ich knirsche mit den Zähnen gegen den Schmerz. »Keine. Da war ein kurzes Gespräch mit einer Schankmagd und ein betrunkener Tölpel hat mich angegrapscht, aber das war alles. Ich habe sogar das Mal Mortains gesehen«, flüstere ich.
    »Dabei hast du noch nicht einmal die Tränen Mortains genommen!«, sagt sie und lockert ihren Griff.
    »Ich weiß.« Ich versuche, die Selbstgefälligkeit aus meiner Stimme zu verbannen, aber es gelingt mir nicht. Um Annith abzulenken, trete ich scharf rückwärts, damit sie aus dem Gleichgewicht gerät, dann wirbele ich aus ihrem gelockerten Griff und komme erst zum Stehen, als ich hinter ihr bin und ihr den rechten Arm fest um die Kehle legen

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