Grayday
einer nachlässigen Schlinge um den Hals. Er sah verwahrlost aus. Er sah geradezu britisch aus. »Du«, sagte Guy zu ihm, »bist verdammt toll. Du bist genau richtig.«
»Nein, du bist toll. Das ist so fabelhaft, verstehst du. Du wirst jede Menge Arbeit von diesen Leuten kriegen. Wie diese Becker dich angesehen hat, ich dachte, gleich springt sie über den Tisch.«
»Weißt du was? Ich fand sie in Ordnung.«
»In Ordnung?«
»Verstehst du. Okay. Sexy.«
Zuerst begann Yves zu kichern, dann Guy. Die beiden klammerten sich aneinander und lachten so heftig, dass sie fast die Drogen in die Kloschüssel gekippt hätten. Die körperliche Nähe versetzte Guy in eine Bekenntnislaune.
»Weißt du was, Yves, wenn das nicht geklappt hätte, wäre ich am Arsch gewesen. Ich meine, richtig am Arsch. Wie die Dinge liegen, weiß ich nicht, ob meine Scheißfreundin mich verlassen hat oder was zum Teufel Sache ist. Aber zumindest weiß ich jetzt, dass du auf meiner Seite bist. Und ich dachte die ganze Zeit, du würdest uns den Hahn zudrehen.«
Yves sah ihn an und brachte ein wirres Lächeln zustande. »Das ist komisch. Willst du ein Geheimnis erfahren? Ich habe dieses Geschäft genauso dringend nötig wie du. Dieser Scheißmarkt ist dermaßen parterre, ich kann dir gar nicht sagen, wie. Alle diese Technologiefirmen, in die wir investiert haben! Sie sind den Bach runter. Jede Einzelne. Und wenn wir nicht bald ein bisschen Geld verdienen, bin ich ebenfalls am Arsch. Wie findest du das?«
»Wirklich?«
»Wirklich. Was meinst du, warum ich hier bin? Deine Scheißfirma muss funktionieren. Mein Hintern steht auf dem Spiel genauso gut wie deiner.«
Sie sahen sich an und fingen wieder an zu lachen. Guy meinte, ihm würde vielleicht übel. Der Türsteher hämmerte ungeduldig gegen die Kabinentür.
»Zeit zu gehen, denke ich«, sagte Yves gedehnt.
Sie torkelten zurück in den Club. Guy ließ sich auf seinen Hocker sacken. Er sah auf seine Uhr. Es war bereits nach zwei Uhr. Yves legte ihm einen Arm um die Schulter und lehnte sich schwer auf ihn.
»Es ist so verdammt blöd wegen deiner Freundin.«
»Klar.«
»Aber du bist bei Yves Ballard, und aus deiner Firma wird ein Sparmotor, und du hast einen neuen Klienten, und du bist der Mann von morgen, stimmt’s?«
»Stimmt.«
»Und jetzt hast du ’ne neue Freundin.« Yves machte eine kurze Bewegung mit dem Daumen hinter sich. Zwei der Tänzerinnen drückten sich im Halbdunkel herum, rauchten Zigaretten und flüsterten miteinander.
»Nimm dir, welche du willst.«
»Aber …«
»Keine Sorge. Es ist alles geregelt. Sie arbeiten alle ein bisschen, verstehst du, nebenbei. Der Geschäftsführer kriegt seinen Schnitt. Die Art Lokal ist das.«
»Es ist spät, Yves.«
»Sei kein Waschlappen. Ihr Engländer, ihr seid alle so verdammte Waschlappen. Na, los. Du musst nicht die ganze Nacht mit ihr zubringen. Lass dich einfach eine Stunde von ihr amüsieren, dann schmeißt du sie raus. Na, komm, ich habe schon bezahlt.«
»Du?«
»Na, klar. Erzähl mir nicht, ich kümmere mich nicht um meine Beteiligungen.«
Guy sah zu den beiden Frauen hinüber. Da stand sie, die, die er so angestarrt hatte, ihre langen, dauergewellten Haare hatte sie hochgebunden, und sie trug jetzt ein kurzes, weißes Kleid und hochhackige Sandalen. Selbst angezogen war sie aufregend. Die Aussicht, sie mit nach Hause zu nehmen, war etwas beängstigend.
»Wie heißt du?«, fragte er.
»Irina«, antwortete, sie mit ausdruckslosem osteuropäischem Akzent. Ihn befielen Zweifel. Keine Kundenservicestimme. Aber sexy, potentiell.
»So, alles geklärt?«, fragte Yves. »Wir sehen uns morgen im Hotel.« Er schüttelte Guy die Hand und verließ den Club, wobei er sich auf das zweite Mädchen stützte. Guy merkte, dass Yves noch kaputter war als er. Er fragte sich, ob er in seinen Wagen einsteigen würde.
Irina fragte, wo sie hingehen wollten. Guy sah im Geiste, wie er versuchte, sie durch das Foyer seines Hotels zu schmuggeln. Er war sich nicht sicher, ob das eine vernünftige Idee war.
»Ähm, ich bin nicht sicher. Weißt du irgendwo was?«
»Klar«, sagte sie. »Komm.«
Draußen fanden sie ein Taxi. Irina nannte eine Adresse, und sie fuhren los. Der Fahrer musterte sie im Rückspiegel. Sie fuhren aus dem Stadtzentrum hinaus, und das Mädchen ließ beiläufig eine Hand in Guys Schoß fallen und drückte versuchsweise zu. Es war eher eine Taxierung als eine Liebkosung, die Handbewegung einer Hausfrau an einem Obststand. Er
Weitere Kostenlose Bücher