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Grayday

Grayday

Titel: Grayday Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hari Kunzru
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Inneres ein altmodisches Herrenpflegeset und ein Schraubfläschchen mit weißem Pulver enthüllte. An dem Verschluss hing ein winziges Silberlöffelchen. Er bemerkte, dass er Yves mit völlig anderen Augen sah.
    Zehn Minuten später erschien die Idee, noch irgendwo was zu trinken, als die einzig mögliche Reaktion auf so einen überragenden Geschäftserfolg. Yves, der seinerseits ebenfalls ein paar Neubewertungen vorgenommen hatte, war der Meinung, dass ein normaler Drink für Männer solcher Spitzenklasse wie sie nicht ausreichen würde. Die künftigen Beherrscher der Erde brauchten einen zünftigen Drink. Er gab Gas und schlingerte hinaus in den Verkehr, überholte in schnellerem Tempo ein Taxi und schlug die Richtung ins Stadtzentrum ein.
    »Nur ruhig Blut«, sagte er erneut zu Guy, als sie losgefahren waren, »ich kenne ein gutes Lokal.«
    Das gute Lokal hieß Neuer Morgen, ein Club mit einer Fassade aus dezenten ionischen Säulen und einer rotplüschigen Eingangshalle, wo sie einen Gedeckpreis zahlten, um in einen großen, düsteren Raum mit einer hell erleuchteten Bühne in der Mitte zu gelangen. Sie nahmen an einer vertieft angelegten ovalen Bar Platz, was sie auf Augenhöhe mit dem Schritt einer jungen Tänzerin brachte, die nackt war bis auf ein Paar glänzende PVC-Stiefel und Strapse, in die mehrere säuberlich zusammengefaltete Geldscheine gesteckt waren. Yves bestellte eine Flasche Wodka, den sie on the rocks tranken, während sie zusahen, wie das Mädchen eine athletische Nummer vorführte, in der sie kopfüber von einer Stange herunterhing, mit dem Rücken über den Boden rutschte und die Beine in der Luft scherenartig auf und zu klappte.
    Yves redete ununterbrochen. Die unternehmerischen Möglichkeiten, die sich aus dem PEBA-Geschäft ergaben, könnten, behauptete er, enorm sein. »Denk drüber nach, Guy. In der Gemeinschaft gibt es so viele Aktivitäten, so viele Dinge, die eine gute Präsentation brauchen. Das ganze äußere Erscheinungsbild von Einwanderungsbehörde, Zoll, Grenzpolizei – all diese Dinge sind momentan furchtbar altmodisch. Die Uniformen! Du lieber Gott, die sind wie ein böser Traum aus dem zwanzigsten Jahrhundert. Wenn man sie mehr, äh – salopper machen könnte, wäre es sofort viel besser, für moderne Menschen akzeptabler. All die Proteste gegen sie, all das Negative, meistens geht es dabei um den Eindruck, den diese Dinge machen. Die Leute interessiert Macht keinen Pfifferling, jedenfalls nicht, wenn sie sich cool darstellt.«
    Guy hörte nur halb zu. Er fühlte sich leicht, ausgelassen, Drogen, Alkohol, Stress und Schlafmangel lösten ihn aus seinem Körper und von dem Platz, auf dem er saß, vor einem Glas auf die Ellenbogen gestützt. Eine neue Stripperin war herausgekommen. Sie ließ ihren Körper herumschnellen wie eine Peitsche, ein heiteres, fast manisches Lächeln im Gesicht. Sie wirbelte in einer Art spastischem Tanz um die Stange herum, dann warf sie ihre Lederjacke und den BH ab, um ihre kleinen, aber vollkommenen Brüste zu enthüllen. Unter den Lampen leuchtete ihr Körper bläulichweiß, und er dachte, scheiß auf Gabriella. Scheiß auf dieses Miststück. Das hier ist eine Frau. Eine wirklich echte.
    Die Tänzerin bemerkte, wie er sie ansah, beugte sich tief herunter und kroch auf allen vieren auf ihn zu. Yves lachte und drängte ihn, ihr etwas Geld zu geben. Er kramte in seiner Brieftasche und zog einen Geldschein heraus, den er ihr in ihren rechten Stiefel steckte. Als Reaktion warf sie ihre Beine in die Höhe, drehte ihre Hüften und fuhr sich mit der Zunge um den Mund wie eine Katze. Guy beobachtete die Hautfalte zwischen ihren Schenkeln und den Pobacken, die Kontur ihrer Rippen, die sich abzeichnete, wenn sie die Arme über den Kopf hob. Zum Schluss hakte sie ihr Höschen auf, und er hielt beim Anblick des kleinen Vs blasser Haut, das ihre Möse rahmte, den Atem an.
    »Los, komm.« Yves zerrte an ihm. »Zeit für ’n Nachschlag.« Guy fiel fast von seinem Hocker und folgte ihm in Richtung der Toiletten. Ein Türsteher drängte sich hinter ihnen her ins Herrenklo, aber Yves drückte ihm £ 500 in die Hand, und anstatt sie hinauszuwerfen, stand der Mann Wache, während sie sich in eine Kabine quetschten und sich Yves’ Koks reinzogen.
    Yves, der verbindliche Risikokapitalist tagsüber auf den Sitzungen von Transcendenta, war nicht wiederzuerkennen. Die Haare waren ihm ins Gesicht gefallen. Sein Hemdkragen stand offen, und der Seidenschlips hing ihm in

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