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Grayday

Grayday

Titel: Grayday Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hari Kunzru
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Singh’s, wo er auf Aamirs liebevoll gepflegtem Brenner ein paar CDs brannte. Alle seine besten Spielzeuge waren jetzt auf die kleinen Silberscheiben kopiert, bereit, in festem Zustand nach Amerika zu reisen. Dann räumte er auf: Er löschte seine Daten von Aamirs Computer, und bevor er das NOIT-Netzwerk verließ, führte er ein Skript aus, das alle Spuren seiner Sitzung aus den Schuljournalen tilgte. Hinter den Mauern seines geheimen Gartens, der nicht so sehr neben, sondern zwischen den legitimen Bezirken des Collegenetzwerks existierte, liefen seine verschiedenen Experimente nach wie vor weiter, indem sie freie Prozessorzyklen aus stillliegenden Computern stahlen und sich in winzigen Teilstücken auf Dutzende verschiedener Festplatten speicherten. Zusammen bildeten diese Fragmente eine interstitielle Welt, eine verschwiegene Virtualität, die ihr Vorhandensein wirksam vor den Studenten und Lehrern verschleierte, die rund um sie ihre Online-Aufgaben erledigten. Es war eine Welt, die eine Zeit lang für sich selbst sorgen konnte, bis ihr Schöpfer die Zeit fände, sich eigens um sie zu kümmern. Bis er sich in Kalifornien erfolgreich installiert haben würde.
    Arjun steckte die CDs in seinen alten dunkelroten Rucksack. Er war schon fast zur Tür raus, als ihm noch etwas einfiel.
    »Übrigens, Aamir, wir werden uns jetzt für ’ne Weile nicht sehen.«
    »Warum, bhai?«
    »Ich fliege nach Amerika.«
    »Nein, was du nicht sagst! Urlaub?«
    »Nein, Arbeit. Ich werde Ingenieur im Silicon Valley.«
    Aamir schüttelte ungläubig den Kopf. »Also machst du’s wirklich?«
    »Ja.«
    »Genau wie du’s gesagt hast.« Aamir schien beeindruckt zu sein, aber als er über die Sache noch einmal genau nachdachte, verfinsterte sich sein Gesichtsausdruck. »Ich freue mich«, sagte er und hielt die Hände in die Höhe. »Ja, ich freue mich. Aber ich würde sagen, eigentlich solltest du nach Hollywood gehen. Da ist echt was los.«
    »Inzwischen nicht mehr, Aamir.«
    »Aré, nicht in Hollywood? Paagal! Über was würdest du lieber deine Finger gleiten lassen, Computertastatur oder Cameron Diaz? Bhai, bist du hundert Prozent sicher, dass du nicht ’n paar scharfe Fotos brauchst? Einsamkeit ist eine schreckliche Last.«
    »Nein, Aamir, die haben dort drüben echte Mädchen, vergiss das nicht.«
    »Achcha …«
    Arjun ließ Aamir seinen Kopf über all die unerreichbare Blondheit auf der Welt schütteln und eilte aus dem Basar hinaus in den Regen.

A m nächsten Tag wachte Mrs. Mehta zeitig auf und verbrachte nach einem leichten Frühstück den Morgen damit, Wollsachen mit Namensschildchen in zwei neue Vinylkoffer zu pressen, die von Päckchen mit Süßigkeiten, Nüssen, homöopathischen Arzneien und Beeren bereits barsten. Arjun blieb so lange wie möglich im Bett, dann trödelte er planlos mit Batterien und Zahnbürsten herum. Schließlich schloss er sich, außerstande die hektischen Vorbereitungen seiner Mutter zu ertragen, in das Badezimmer ein. Erst als es zu dunkel wurde, um noch was zu sehen, ohne das Licht anzuschalten, kam er wieder heraus.
    Das letzte Abendessen war eine Tortur. Mehrere Verwandte waren zugegen, alle im Zustand äußerster Erregung. Arjun war dermaßen nervös, dass er sich kaum dazu überwinden konnte, etwas zu essen. Das brachte seine Mutter in Harnisch, die ihre Enttäuschung an Priti ausließ und sie beschimpfte, weil sie gesagt hatte, besser würde es on-the-barbie schmecken, einer Art australischer Tandooriküche. Nur Mr. Mehta war aufrichtig glücklich und stopfte sich große Portionen Reis und dhal in den Mund mit der Miene eines Mannes, dem sich Mahlzeiten in jüngster Zeit in einem sehr hellen Licht dargestellt hatten – als eine Feier des Familienlebens, als Ausdruck der Freude darüber, erfolgreiche und auf ihre Art leistungsfähige Kinder gezeugt und großgezogen zu haben, die bald für einen sorgen würden.
    Schließlich war es Zeit, zum Flughafen aufzubrechen. Onkel Bharat machte Fotos, und Vetter Ramesh vollführte mit einer Videokamera einen Schwenk über die Szene, während Mrs. Mehta die aarti- Zeremonie vollzog, um den Reisenden zu segnen, wobei sie eine Lampe auf ein Messingtablett stellte und hoch und tief vor Arjun kreisen ließ, als wäre er eine Götterstatue. Sie sprach ein Gebet für seine Sicherheit und rasche Wiederkehr, gab ihm Zucker zu essen und drückte ihm mit dem Daumen ein rotes tilak- Zeichen auf die Stirn. Dann legte sie ihm unter leichtem Schniefen eine

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