Bücher online kostenlos Kostenlos Online Lesen
Green, Simon R. - Todtsteltzers Erbe

Green, Simon R. - Todtsteltzers Erbe

Titel: Green, Simon R. - Todtsteltzers Erbe Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Todtsteltzers Erbe
Vom Netzwerk:
schlaff in einem Sessel, so weit
von den anderen entfernt wie nur möglich. In der zu
rückliegenden Stunde hatte er eine Flasche Brandy
zum größten Teil geleert, damit aber nicht das Min
deste erreicht, um seine Stimmung zu bessern. Brett
war in übler Laune und scherte sich nicht darum, ob
andere das erkannten, obwohl er immer noch
Verstand genug aufbrachte, sich still zu verhalten,
wann immer Finn einen Blick auf ihn warf. Der Ma
gen tat Brett nach wie vor weh, inzwischen auch
noch begleitet von pochenden Kopfschmerzen. Dank
der Esperdroge hatte Brett viel Zeit darauf verwen
den müssen, das ständige Gebrüll auszublenden, mit
dem die Gedanken aller Menschen der Umgebung
auf ihn hereinbrandeten. Allmählich fiel ihm das
leichter, und er hatte das Gefühl, dass er es irgend
wann würde automatisch tun können. Und irgendwo
in der Ferne, in einer Richtung, die er nicht zu erken
nen vermochte, sah oder hörte oder spürte er etwas
… Herrliches. Etwas, das wie die Sonne strahlte. Et
was, das sich nach einem Zuhause anfühlte, wie er es
nie kennen gelernt hatte. Es rief nach ihm. Er dachte,
dass es womöglich die Überseele war.
    Es machte ihm eine Scheißangst.
Er experimentierte inzwischen mit den neuen Fä
higkeiten. Er hatte bereits herausgefunden, dass er
mit ein bisschen Konzentration Menschen in seiner
Umgebung beeinflussen konnte. Sie dazu bringen
    konnte, etwas zu tun. Nichts Großes, nichts Wichti
ges. Aber er konnte Angelo bewegen, mit den Ge
sichtsmuskeln zu zucken und sich an einer juckenden
Stelle zu kratzen, die gar nicht vorhanden war. Ein
billiger Lacher, zugegeben, aber in Finns Diensten
musste man sich mit dem bescheiden, was hier gebo
ten wurde. Es war nicht das Nützlichste aller Talente,
aber, so vermutete Brett, immerhin ein Anfang. Und
es freute ihn, dass er eine Fähigkeit besaß, von der
Finn nichts ahnte. Man wusste ja nie, wann man in
Zukunft mal eine Waffe benötigte. Ein As im Ärmel.
Brett lächelte und trank mehr von seinem Brandy.
    Er hatte seine neue Fähigkeit auch an Rose Kon
stantin ausprobiert, aber sie drehte sich sofort zu ihm
um und sah ihn geradeheraus an, also probierte er es
lieber nicht weiter. Das Letzte, was er brauchte, war
ihre Aufmerksamkeit. Er versuchte immer noch, mit
jenem erstaunlichen Augenblick zu Rande zu kom
men, in dem sich ihrer beider Bewusstsein kurz be
rührt hatte. Seitdem empfand er im Hinblick auf sie
anders, obwohl er es nicht richtig zu formulieren
vermochte. Rose sah ihn immer wieder an, und er
konnte die Miene, die sie dabei machte, nicht deuten.
Es war ein bisschen so, als wachte man am Morgen
nach einer richtig guten Party auf und entdeckte eine
Fremde im Bett neben sich. Sodass jemand Neues ins
eigene Leben getreten war, dem man auch nahe ge
kommen war, ohne ihn jedoch zu kennen. Rose hatte
ihren Sessel direkt neben seinen gerückt, fast unge
mütlich dicht. Und sie warf ihm immer wieder Blicke zu. Derzeit verfolgte sie die Ereignisse auf dem Vi
deoschirm, denn Finn hatte es ihr befohlen, aber
Brett bemerkte, dass sie überhaupt nicht daran inte
ressiert war. Er … wusste es einfach.
    »Ihr habt gute Arbeit geleistet«, sagte Finn unver
mittelt, und sowohl Angelo als Brett fuhren doch ein
bisschen zusammen. Finn lächelte träge. »Die Kirche
und die Neumenschen so eng zu verbandeln, das war
eine meiner inspirierteren Ideen! Obwohl ich mir nie
hätte träumen lassen, dass sie einander so schnell und
so vollständig verfallen würden.«
    »Es war überraschend leicht«, räumte Angelo ein.
»Die richtigen Worte in die richtigen Ohren auf der
richtigen hierarchischen Ebene, und auf einmal er
wiesen sich Spitzenleute beider Seiten als sehr emp
fänglich. Dabei half, dass beide Seiten über das Feh
len jeglichen Fortschritts frustriert waren; sobald ich
ihnen zeigte, was sie gemeinsam erreichen konnten,
war kein Halten mehr. Und als erst mal die Nachricht
von weiter oben eintraf, zeigten sich die unteren
Ebenen nur zu glücklich mit dem Gedanken, dabei
mitzumachen. Ich verstehe mich von jeher sehr gut
darauf, Menschen zu zeigen, wo ihre Interessen am
besten aufgehoben sind. Und es ist von jeher leichter,
Menschen zum Hass zu verführen als zur Liebe.
Kommt am Ende gar nicht darauf an, ob das Thema
Religion oder Politik lautet; Menschen genießen es
so sehr, einen Sündenbock zu haben, dem sie alle
Unzulänglichkeiten ihres kleinen Daseins in die
Schuhe schieben können. Jemand anderen als

Weitere Kostenlose Bücher