Green, Simon R. - Todtsteltzers Erbe
Kirche hereinzufallen, und zu mächtig
und zu gefährlich, als dass die Kirche riskieren könn
te, uns neben sich zu dulden. Als Nächstes wird sie
sich auf uns stürzen. Wir rufen derzeit schon unsere
Leute zurück. Zurück in die Sicherheit, die uns Neue
Hoffnung bietet. Wir werden nicht noch einmal fal
len. Ihr müsst jetzt aufbrechen.«
Emma wollte Einwände erheben, aber ganz un
vermittelt stand sie auf den Landeplattformen des
Hauptraumhafens von Logres neben ihrem Schlitten.
Genau dort, wo sie diesen Planeten zum ersten Mal
betreten hatte. Man hatte sie teleportiert. Von dem
Ekstatiker war keine Spur zu sehen. Emma seufzte,
zuckte die Achseln und stieg wieder in den Schlitten.
Langsam lenkte sie ihn in den Himmel und glitt über
die Stadt hinweg, ohne ein besonderes Ziel zu haben.
Parade der Endlosen kam ihr jetzt ganz anders vor
als bei ihrer Ankunft vor gerade erst so kurzer Zeit.
Neulich schien die Stadt noch so voller Glück und
guter Absichten gewesen zu sein, gar unschuldig,
obwohl das ein Begriff war, den Emma vor ihrer
Reise nicht mal sich selbst gegenüber benutzt hätte.
Jetzt jedoch hatte sich ihre ganze Welt gewandelt,
und vielleicht das Imperium ebenfalls. Die Mensch
heit entwickelte sich zu etwas Neuem, etwas, was
dunkler war als zuvor. Manchmal schien es Emma,
als wäre sie das Einzige, was sich nicht zum Schlech
teren verändert hatte.
Sie glaubte nach wie vor an das, was Paragone
verkörperten.
Langsam flog sie über die Stadt, und unten auf den
Straßen blickten Menschen zu ihr empor, aber sie
winkten nicht und jubelten nicht und lächelten auch
nicht. Sie war nicht länger ihre Beschützerin. Sie war
der Feind.
Emma Stahl runzelte die Stirn und fragte sich fast
hilflos, was sie als Nächstes tun sollte.
Anne Barclay saß allein in ihrem Büro, drehte den ver
trauten alten Stuhl hin und her und behielt die Reihen
von Bildschirmen im Auge, wobei der Ton auf leises
Brabbeln heruntergedreht blieb. Sie blickte von einem
Monitor zum nächsten, sah aber nichts. Im Grunde war
das alles nicht von Bedeutung. Die Parlamentssitzung
begann gleich, und alle möglichen dringenden Aufga
ben hätten sich eigentlich Annes Aufmerksamkeit er
freuen sollen, aber sie schien sich einfach auf nichts
davon konzentrieren zu können. Sie hielt eine Tasse
heißen, süßen schwarzen Kaffee in der Hand und nipp
te hin und wieder daran, wenn es ihr mal wieder ein
fiel, aber sie schmeckte den Kaffee nicht wirklich. Die
andere Hand fuhr langsam über das kurz geschnittene
rote Haar, eine alte vertraute Streicheleinheit, die sie
dieses eine Mal jedoch nicht zu trösten vermochte.
Anne fühlte sich nicht ausreichend gewürdigt. Sie
arbeitete fast rund um die Uhr, sorgte derzeit fast al
lein für die Sicherheitsmaßnahmen des Parlaments,
und niemand scherte sich darum. Sie sorgte stets da
für, dass Douglas jede benötigte Information erhielt,
oft Stunden, ehe irgend jemand anderes sie erfuhr,
aber sie konnte sich nicht daran erinnern, wann er
zuletzt danke schön gesagt hatte. Sie stürmte von ei
nem Zimmer ins nächste und von einer Konferenz in
die andere und traf dort die heimlichen und notwen
digen Absprachen, bei denen sich Douglas selbst
nicht erwischen lassen durfte. Und wozu das alles?
Trotz all ihrer harten Arbeit, trotz all der Wunder, die
sie täglich für Douglas vollbrachte, nahm er sie ein
fach für selbstverständlich. Er redete nicht mal mehr
mit ihr. Oh, er schneite schon mal bei ihr herein und
sorgte dafür, dass sie über seine aktuellen Probleme
und Befehle auf dem Laufenden blieb, schenkte ihr
zuzeiten ein bedeutungsloses Lächeln und war dann
schon wieder verschwunden. Nie jedoch nahm er
sich Zeit, um ihr gut gemacht oder käme gar nicht
ohne Euch aus zu sagen, oder gar mal Ihr seid meine
rechte Hand, Anne; ich bin so stolz auf Euch! Das
war doch im Grunde nicht viel verlangt! Sie wusste
ja, dass er sehr beschäftigt war. Sie wusste ja, dass er
noch mehr arbeitete als sie. Sie wusste ja, dass sie
unfair war. Und sie gab einen Dreck darauf.
Noch nie hatte sie sich so einsam und verlassen
gefühlt. So elend. Jesamine war immer zu beschäftigt
oder hatte vielleicht auch zu große Schuldgefühle,
um noch mit ihr zu reden. Und Lewis war inoffiziell,
aber eindeutig in Ungnade gefallen und durfte das
Parlament nur noch zu speziellen Anlässen betreten.
Anne seufzte und trank noch mehr von dem Kaffee,
den sie gar nicht mochte. Sie konnte sich
Weitere Kostenlose Bücher