Green, Simon R. - Todtsteltzers Erbe
herumhüpft?«
»Nichts, was so amüsant ist«, gestand Freude be
dauernd. »Falls die Esper mich nicht aufnehmen,
dann kann ich es vermutlich immer noch bei den
Klonen probieren; sie verfügen allerdings nicht über
die formidablen Abwehreinrichtungen von Neue
Hoffnung. Auch ist ihr Sinn für modische Kleidung
entsetzlich.«
»Wisst Ihr, Ihr klingt auf einmal ganz vernünftig«,
sagte Emma.
»Ich finde, dass nacktes Grauen eine wundervolle
Konzentrationshilfe ist«, sagte Freude. »Macht Euch
keine Sorgen – es wird nicht von Dauer sein.«
Die Stadt wuchs vor ihnen an, als sie sich neugie
rig näherten und dabei eine Geschwindigkeit wahr
ten, die ganz klar nicht als bedrohlich empfunden
werden konnte. In Emmas Nacken rührten sich die
Härchen, während sie einen Psi-Angriff erwartete,
den sie wahrscheinlich nicht mal gespürt hätte. Die
Esper hätten eigentlich klüger sein müssen, als die
Autorität anzugreifen, die ein Paragon verkörperte,
aber Emma befand sich nun definitiv an einem Ort,
an dem sie nicht sein sollte, und seit dem Aufruhr der
Neumenschen war alle Welt nervös und achtete sorg
sam auf Anzeichen von Ärger. Der Schlitten über
querte die Stadtgrenze und nahm gleichmäßig Kurs
auf die offiziellen Landeplattformen, und Emma
stieß Luft hervor, von der sie gar nicht bemerkt hatte,
wie sie sie anhielt. Falls die Esper sie aufzuhalten
gedachten, hätten sie es längst getan. Es sei denn, die
Überseele plante etwas wirklich Unerfreuliches, um
an Emma und ihrem Begleiter ein Exempel zu statu
ieren …
Die Stadt breitete sich in immer deutlicheren Ein
zelheiten vor ihnen aus wie eine prachtvolle Blüte.
Neue Hoffnung verströmte eine starke, fast überwäl
tigende Präsenz, als wäre es wirklicher, nachdrückli
cher vorhanden als jeder andere Ort der stofflichen
Welt. Es verbreitete einen grellen Glanz, als leuchte
te es aufgrund der eigenen Vitalität von innen heraus.
Die Stadt summte laut in Ohren und Verstand, und es
war wie der Klang einer gewaltigen Maschine, die
sich endlos drehte. Emma fand das beunruhigend.
Sie wusste, dass man in Neue Hoffnung keine Gene
ratoren fand und keine Reaktoren und überhaupt kei
ne künstlichen Energiequellen irgendeiner Art. Die
Esper selbst versorgten die ganze Stadt mit Strom
und hielten sie in der Luft. Die Überseele war eine
lebendige Energiequelle, erzeugt vom lebendigen
Bewusstsein zahlreicher Menschen, und somit völlig
unabhängig vom übrigen Logres und sogar dem gan
zen übrigen Imperium.
Emma lenkte den Schlitten vorsichtig zwischen
die eleganten Turmbauten, die ringsherum bis in un
mögliche Höhen aufragten, wunderbar gefertigt aus
Glas und Stahl und Edelmetallen. Jedes Bauwerk er
füllte das Auge mit Schönheit und Freude. Menschen
flogen in diesen Türmen ein und aus, schwebten ele
gant durch die Luft und waren nicht auf irgendeine
plumpe Technologie angewiesen. Unten auf den
Straßen tauchten fortlaufend Menschen auf und ver
schwanden wieder, kamen und gingen per Teleporta
tion innerhalb von Augenblicken. Und überall be
trachteten Männer und Frauen Gegenstände, die sich
bewegten oder verschwanden oder in Flammen auf
gingen. Weder Maschinen noch sonstige Technik
fand man irgendwo in Neue Hoffnung. Sie wurde
nicht gebraucht. Diese Stadt hatte sich über die Ab
hängigkeit von diesen Dingen hinaus entwickelt.
Emma Stahl landete den Schlitten am Rand der
städtischen Landeplattformen und nahm sich erst
dann die Zeit, darüber zu staunen, dass sie den Weg
hierher gefunden hatte. Sie war noch nie zuvor in
Neue Hoffnung gewesen. Jemand hatte die Informa
tion in ihrem Kopf implantiert. Sie schauderte un
willkürlich, stieg dann aus dem Schlitten und sah
sich mit betont finsterer Miene um. Sie war ein Para
gon, verdammt, und hatte damit einen angemessenen
und respektvollen Empfang verdient. Sie war jedoch
auch ein gänzlich unerwünschter Gast, also blieb sie,
wo sie war. Würde war eine Sache; mit Arroganz
hätte sie sich nur um Kopf und Kragen gebracht.
Oder Schlimmeres. Die Überseele hütete ihre Ge
heimnisse eifersüchtig.
Und deshalb hatte sie den Ekstatiker schließlich
auch hergebracht. Nicht mal der Engel von Madra
guda konnte es wagen, die Überseele gegen sich auf
zubringen.
Emma verschränkte die Arme auf dem Brustpan
zer und tappte ungeduldig mit dem Fuß, während sie
sich umsah. Auf der Landeplattform entdeckte sie
niemanden. Keine Schiffe, keine Reisenden, nicht
mal eine Spur von
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