Green, Simon R. - Todtsteltzers Erbe
unbekanntes Gesicht sehen.« Sie schenkte
ihm einen großen Brandy ein, reichte ihm unwirsch
das Glas und legte dann den Kopf unnatürlich schief,
während sie ihn nachdenklich musterte. »Etwas hat
dich erschreckt, Brett. Es ist lange her, seit ich dich
dermaßen entgeistert gesehen habe. Was ist pas
siert?«
»Vertraue mir, Nikki«, sagte Brett und starrte ins
Glas. »Das möchtest du in Wirklichkeit gar nicht
wissen.«
»So schlimm, wie? Das Letzte, was ich von dir
hörte, war deine Arbeit für den Durandal. Guter Job,
nach allem, was man so hört. Teile seiner großen und
glorreichen Intrige hat er überall im Slum verbreitet.
Nicht, dass ich irgendwas damit zu tun haben möch
te! Wusste schon immer, dass er zu gut war, um an
ihn glauben zu können, dieser Typ. Erzähl mir bloß
nicht, dass du aus der einzigen echten Erfolgsge
schichte rausgeflogen bist, an der du je beteiligt
warst!«
»Jeder hat eine Grenze, die er nicht überschreiten
möchte«, sagte Brett und sah sie kurz mit so
schmerzlicher Aufrichtigkeit an, dass sie ihn kaum
erkannte. »Wie es scheint, habe ich meine entdeckt,
Nikki. Das war schon ein Schreck, in meinem fortge
schrittenen Alter zu entdecken, dass ich etwas in mir
trage, was beunruhigend einem Gewissen ähnelt …
Ich bin kein schlechter Mensch, Nikki. Im Grunde
nicht. Ein Gauner, ein Betrüger und zuzeiten ein
Arschloch, aber ich hatte mich bis jetzt nie für einen
schlechten Menschen gehalten … In Finns Auftrag
habe ich einige Dinge getan und an einigen mitge
wirkt, wonach ich mich frage, ob ich mir den Ge
stank je werde abwaschen können. Und nein, ich
werde dir keine Einzelheiten erzählen! Zu deinem
eigenen Schutz. Und weil du meine Freundin bist
und ich möchte, dass wenigstens du ohne Albträume
schlafen kannst.«
Nikki kniete neben ihm nieder und legte ihm einen
langen Arm tröstend um die Schultern. »Du bist in
Sicherheit, Brett. Ich lasse nicht zu, dass sie dich hier
finden.«
»Ich kann nicht lange bleiben. Man wird nach mir
suchen. Und falls Finn auch nur einen Verdacht ge
winnen sollte, dass du weißt, was ich weiß, dann
wird er dieses Haus niederbrennen, solange du und
alle anderen noch darin sind.«
»Dann musst du vom Planeten verschwinden«,
fand Nikki. »Geh fort von Logres, bis sich die Lage
wieder beruhigt hat. Solche Dinge gehen vorüber;
das ist immer so. Möchtest du, dass ich für dich ein
neues Gesicht und eine neue Identität arrangiere,
damit du dir eine Fahrkarte kaufen kannst?«
»Keine gute Idee«, lehnte Brett ab. »Finn hat seine
Leute inzwischen überall sitzen. Egal, an wen du die
sen Auftrag vergibst – irgend jemand wird reden. Ich
werde ein Schiff stehlen müssen. Irgendeine Idee?«
»Na ja, wenigstens denkst du nach wie vor in gro
ßen Maßstäben.« Nikki runzelte die Stirn und zuckte
nachdenklich die Antennen. »Da wäre die Herwärts zu nennen, eine Luxusrennjacht, die zur Zeit verlas
sen auf dem Hauptraumhafen steht. Höllisch schnell
und doppelt so bequem. Unbewaffnet, aber man kann
nicht alles haben. Wie es sich trifft, habe ich den Ka
pitän und Eigner gerade oben zu Gast, hüfttief in ei
ner Thardianerin. Wäre ganz leicht, die Zugangsco
des zum Schiff aus seiner Brieftasche zu mopsen,
während er gerade beschäftigt ist. Soll ich das arran
gieren?«
»Falls du das tun würdest, Nikki.«
»Alles, um dir aus dieser Patsche zu helfen, Dar
ling.«
Sie richtete sich zu ihrer vollen Größe auf und
ging mit laut klappernden Piercings hinaus. Brett
schluckte den Rest seines Brandys hinunter. Ein neu
er Planet machte es nötig, dass er noch einmal ganz
von vorn begann, aber für jemanden mit seinen Fä
higkeiten gab es immer eine Chance. Überall traf
man Deppen, die richtig darum bettelten, dass man
sie schröpfte. Brett dachte über den Datenkristall
nach, der gerade ein Loch in seine Tasche brannte,
und fragte sich, was zum Teufel er damit anfangen
sollte. Er sollte eigentlich jemanden informieren, ehe
er fortging. Sei es auch nur, damit die Informationen
nicht verloren gingen, falls Finn es doch schaffte, ihn
um die Ecke zu bringen, ehe er den Planeten verlas
sen konnte. Man fand jede Menge Sender, die solche
Daten glücklich ausstrahlten, ohne sich den Kopf um
ihre Herkunft zu zerbrechen, aber andererseits liefen
dort auch die Sendungen, die niemand richtig ernst
nahm. Brett brauchte einen ehrlichen und respektab
len Kandidaten, dem er den Datenkristall übergeben
konnte, aber
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