Green, Simon R. - Todtsteltzers Erbe
als Herzensbrecherin zurück. Es hatte ihr
jedoch so viel bedeutet, Königin zu werden, und ich
konnte mich einfach nicht überwinden, nein zu sagen
…«
Douglas blickte sie zum ersten Mal an, und seine
Miene wurde weicher. »Natürlich; auch Ihr habt den
besten Freund verloren, nicht wahr? Oh verdammt,
Anne, setzt Euch! Wir sollten miteinander reden. Wir
sind diejenigen, die die Reste zusammenklauben
müssen. Ob wir uns dem gewachsen fühlen oder
nicht.«
Anne zog einen Stuhl heran und setzte sich Doug
las gegenüber. »Wie fühlt Ihr Euch, Douglas? Nein,
dumme Frage! Seht mal; macht Euch ja keine Sor
gen! Ich habe meine Leute auf die ganzen Routinesa
chen angesetzt, bis Ihr Euch wieder bereit fühlt, tätig
zu werden. Niemand rechnet damit, Euch in nächster
Zeit in der Öffentlichkeit zu sehen.«
»Alle Welt lacht mich aus, nicht wahr? Der König,
der seine Frau an den besten Freund verloren hat und
davon völlig überrascht wurde.«
»Nein! Nein, Douglas; alle sind viel zu sauer auf
Lewis, weil er sie dadurch enttäuschte, dass er sich
einfach als Mensch entpuppte.«
»Letztlich wird eine königliche Hochzeit stattfin
den müssen, nicht wahr?«
»Ja. Zu viel wurde vorbereitet, zu viel in Bewe
gung gesetzt, um sie jetzt noch komplett abzusagen.
Das Parlament wird sich eine andere Kandidatin aus
suchen … jemanden, der nicht umstritten ist.«
»Wie kann ich meinem Volk noch gegenübertre
ten?«, fragte Douglas mühselig. »Wie kann es nach
all dem noch Respekt vor mir haben?«
»Nichts war Eure Schuld!«, entgegnete Anne
scharf. »Ihr seid hier das Opfer, Douglas! Jeder er
kennt das. Ihr wurdet von den zwei Menschen verra
ten, denen zu vertrauen Ihr den meisten Grund zu
haben glaubtet. Das Volk wird das verstehen. Auch
die Medien zeigen sich verblüffend kooperativ, und
alle arbeiten hart daran, die Ereignisse zum bestmög
lichen Ende zu bringen.«
Was sie ihm nicht erzählte: Die Medien waren nur
deshalb kooperativ, weil Anne und jeder andere, der
eine Position von Macht und Einfluss innehatte, die
diversen Medienvertreter teils angefleht, teils einge
schüchtert und teils bestochen hatte, um sie in die
richtige Geistesverfassung zu bringen. Anne hatte
sich persönlich an jeden Herausgeber und Verlag in
ihrem kleinen schwarzen Buch gewandt und sie in
Reih und Glied gebracht – und dazu schier jedes Mit
tel eingesetzt, von der Zusage von Privatinterviews
bis zu kleinen Erpressungen mit Hilfe von Kenntnis
sen, die sie eigentlich nicht hätte haben dürfen. Anne
hatte schließlich einen Job zu erledigen, und sie
brachte derzeit weder die Zeit noch die Neigung auf,
sich auf Samtpfoten zu bewegen. Sie tat, was nötig
wurde, wie von jeher schon.
Douglas brauchte das alles nicht zu wissen, also
erzählte sie es ihm nicht. Tatsächlich gab es vieles,
was Douglas nicht zu erfahren brauchte.
»Ich mache den beiden gar keinen Vorwurf, wisst
Ihr?«, sagte Douglas leise. »Es war im Grunde nicht
ihre Schuld. Sie … haben sich einfach ineinander
verliebt. Das galt früher nicht als Verbrechen. Ich
möchte, dass sie zusammen glücklich werden, wohin
immer das Schicksal sie letztlich führt. Mir ist der
Gedanke zuwider, dass ich für nichts und wieder
nichts die beiden Menschen verloren habe, aus denen
ich mir am meisten mache …«
»Ja, nun, das ist alles sehr edel und ritterlich, aber
ich denke nicht, dass das unsere Linie den Medien
gegenüber sein sollte«, sagte Anne vorsichtig. »Sie
brauchen einen König, keinen Heiligen. Ihr könnt
Euch nicht erlauben, schwach zu erscheinen. Ich
denke … am besten sagt Ihr zunächst gar nichts. Ich
habe mit Finn gesprochen. Wir können uns in Eurem
Namen um alles kümmern, bis Ihr Euch wieder be
reit fühlt, vor die Öffentlichkeit zu treten. Es hat kei
ne Eile. Nehmt es locker. Ruht Euch aus. Verschafft
Euch wieder … einen klaren Kopf. Und macht Euch
keine Sorgen. Finn und ich haben alles im Griff.«
»Ihr und Finn«, sagte Douglas, »seid bessere
Freunde, als mir bislang klar war. Was täte ich nur
ohne Euch?«
Anne wartete eine Zeit lang, aber er hatte nichts
weiter zu sagen. Er saß zusammengesunken in sei
nem Sessel und starrte ins Leere – oder sah vielleicht
auch zu viel. Anne stand auf und verließ das Zim
mer, froh darüber, dieser Stille zu entkommen, die so
schwer war, dass man sie kaum ertragen konnte. Sie
nickte den bewaffneten Posten draußen zu, und sie
nahmen hinter ihr Haltung an. Ein Stück den
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