Green, Simon R. - Todtsteltzers Erbe
aber wir sind es durch Mut und Leistung
und nicht durch den Zufall der Geburt. Verdammt,
ich bin reicher, als es irgend jemand aus meiner alten
Familie je war! Mit über dreißig Jahren Merchandi
sing und vorsichtigen Investitionen erreicht man das.
Du solltest es mal probieren, Lewis. Ich kenne außer
dir keinen anderen Paragon, von dem es nicht mal
eine eigene Spielzeugfigur gibt.«
»Ich habe mir nie was aus Reichtum gemacht«,
wandte Lewis ein. »Und Kapital aus meinem Namen
als Paragon zu schlagen, das hätte mir von jeher nur
das Gefühl gegeben … ihn irgendwie herabzuwürdi
gen. Ich verurteile nicht die, die es anders machen.
Ich weiß nur, dass das nichts für mich ist.«
Finn musterte ihn nachdenklich. »Wie überaus
edel von dir, Lewis. Ich muss sagen … ich habe mich
eine Zeit lang wirklich gefragt, ob Douglas dich zum
Champion machen würde. Einfach weil du Todtstelt
zer heißt. Dieser Name bedeutet nach wie vor etwas.
Er hat Macht. Und Gott weiß, dass Douglas schon
immer richtig sentimental war.«
Lewis zuckte rasch die Achseln. »Legenden …
sollten auf ihrem Platz in der Vergangenheit bleiben,
wo sie hingehören. Mir ist es von jeher lieber, nach
persönlichen Leistungen beurteilt zu werden. Ich
wollte auch nie Champion werden, Finn. Das ist eine
Aufgabe für jemanden, der sich in der Politik aus
kennt und bei diesem Spiel mitzuspielen vermag. Ich
habe das nie verstanden, und um ehrlich zu sein, ich
habe auch nie einen Dreck darauf gegeben. Ich bin
Paragon, und mehr habe ich mir nie gewünscht.«
»Glücklich ist der Mann ohne Ambitionen«, fand
Finn. »Aber noch glücklicher ist derjenige, der hohe
Ziele verfolgt und große Träume träumt.«
Lewis sah ihn an. »Was?«
Hinter der Bühne, in einem makellosen HightechBüro, vollgestopft mit dem Modernsten an Lektro
nen, Kommtech und Überwachungsausrüstung, sa
ßen die berühmteste Opernsängerin des Imperiums
und die offizielle Protokollchefin des Hofes, Jesami
ne Blume und Anne Barclay, und besprachen die be
vorstehende Zeremonie über Tee und Schokoladen
keksen. Zwei alte Freundinnen, die mehr Erinnerun
gen teilten, als den meisten Menschen angenehm
gewesen wäre; zwei der einflussreichsten Personen
des Imperiums, die kicherten und sich gegenseitig
schubsten und sich ganz so aufführten wie übergroße
Kinder.
Jesamine Blume war groß, blond, schön, sinnlich
und betörend, denn Beruf und Stellung verlangten es
von ihr – eine Erscheinung, eher hinreißend als
hübsch, und sie strahlte eine Sinnlichkeit aus, so
überwältigend wie eine Lötlampe. Gesicht und Figur
von Jesamine, universell bekannt, hatten nie auch nur
den Hauch einer Manipulation durch einen Bodyshop
erhalten. Irgendwie machten die wenigen Unvoll
kommenheiten sie einfach noch schöner. So was leis
tet nun mal das Showgeschäft.
Die meistbewunderte Diva des Imperiums, Jesa
mine Blume, war seit fünfundzwanzig Jahren auf
dem beruflichen Höhepunkt, seit sie mit gerade mal
fünfzehn Jahren einer armen unglücklichen Prima
donna komplett die Show stahl. Eine Stimme wie ein
Engel und ein für die Sünde gebauter Körper, und
gerade mal ausreichend Humor, um aller Welt zu
zeigen, dass sie beide Vorzüge nicht allzu ernst
nahm. Die zahlreichen Bild- und Tonaufnahmen hat
ten sie so reich gemacht, dass selbst im Showge
schäft erfahrene Buchhalter das meiste Geld nicht
verstecken konnten, und so zahlte Jesamine pro Jahr
mehr Steuern als einige Kolonialplaneten. Sie hätte
sich schon lange zur Ruhe setzen können, aber nach
wie vor waren so viele Rollen zu spielen, so viele
Bühnen zu dominieren, so viele NachwuchsMöchtegerne nach Hause zu schicken. Und nichts
vermochte Jesamine glücklicher zu machen, als ein
Publikum auf Tränen oder Gelächter zu reduzieren
oder seine Herzen mit Ehrfurcht zu erfüllen.
Sie war vierzig Jahre alt und hatte einfach alles
geschafft. Und darin lag im Grunde das Problem.
Sie war mit dem üblichen Gefolge bei Hofe einge
troffen, mit all den vielen Menschen, die der Star Jesamine Blume brauchte, aber sie entließ alle, als
Anne Barclay eintraf. (Einige waren nicht besonders
glücklich darüber, fürchteten sie doch um Stellung
und Einfluss, aber Jesamine vertrieb diese armen To
ren mit Drohungen und Beleidigungen und dem ei
nen oder anderen Schlag oder Tritt. Jesamine führte
ein strenges Regiment!) Mit Anne zog sie sich in de
ren Büro zurück, wo sie sicher sein konnten, unge
stört zu bleiben. In
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