Green, Simon R. - Todtsteltzers Erbe
einem Imperium, von friedlich
kooperierenden Intelligenzwesen, faszinierend fin
den. Wir haben uns nie wirklich über die Dominanz
der Alphas hinausentwickelt. Und bei dieser ganzen
Vorstellung von Armeen und Krieg geht mir richtig
das Herz auf! Alle bei uns zu Hause sind ganz aufge
regt! Ich bin sicher, dass wir von Euch viel lernen
können. Obwohl Ihr nicht grün seid.«
»Ah«, sagte der Weihnachtsmann. »Gut. Wirklich
famos.« Er hoffte wirklich, dass das Fremdwesen ihn
nicht zu fragen gedachte, wen er hier darstellte. Er
wollte sich nicht gezwungen sehen, dem Reptilienar
tigen das Weihnachtsfest zu erklären. Manche Dinge
waren eindeutig von Anfang an eine verlorene Sache.
»Ich vermisse meine Heimat wirklich«, sagte
Samstag wehmütig. »Ich war noch nie vorher ver
reist. Ah, die herrlichen Gemetzel im Frühling, und
der Dampf, der vom blutigen Kadaver des ersten
Feindes am Morgen aufsteigt … Die unvermittelten
Überraschungsschreie eines Paarungsrituals … Ah,
auf Scherbe zu sein, wenn das Blut wallt und Mord
in der Luft liegt! Ich habe schon in Eurer Arena ge
kämpft, nur um meine Klauen in Form zu halten.
Gegen jeden Gegner, gegen jede Chance. Aber die
Arena ist nicht mit dem echten Kampf zu verglei
chen. Ich darf die erschlagenen Gegner nicht mal
fressen! Und was diese Regenerationstechnik angeht
– ich muss sagen: Ich bin entsetzt! Wirklich! Wel
chen Sinn hat es, jemanden umzubringen, wenn er
nicht tot bleibt?«
Der Weihnachtsmann musste einräumen, dass er
darauf auch keine Antwort wusste.
Nicht weit entfernt, von Rechts wegen ebenfalls in
der ersten Reihe, führte Lewis Todtsteltzer gerade
eine eher unbehagliche Konversation mit einem klei
nen, ziemlich verstörenden Burschen in schäbiger
grauer Robe, der sich einfach nur Vaughn nannte.
Vaughn gestand munter, ein Türenknacker zu sein,
und forderte lautstark jeden heraus, etwas dagegen zu
unternehmen. Lewis hielt in einem fort voller Hoff
nung Ausschau nach dem Sicherheitsdienst, aber ir
gendwie schienen dessen Mitarbeiter immer irgend
wo anders sehr beschäftigt zu sein. Vaughn war
kaum einsfünfzig groß und verschwand beinahe in
seinem grauen Mantel und der vorgezogenen Kapu
ze. Das Gesicht lag gänzlich im Schatten, und wenn
man bedachte, wie fürchterlich Vaughns Stimme
klang, hatte Lewis das starke Gefühl, dass er auch
dankbar sein sollte, von dem Mann nichts weiter zu
sehen. Wenn Vaughn, wie so häufig, überschwängli
che Gesten ausführte, zuckten stummelige schiefer
graue Hände kurz aus den grauen Ärmeln hervor.
Etliche Finger fehlten.
»Ich bin Vaughn! Wichtiger Name, vergesst ihn
nicht! Imperialer Magier, Herr des Tanzes, sieben
Unterpersönlichkeiten, kein Vertun! Einziger ver
bliebener Leprakranker des Imperiums, weil es mir
so gefällt. Volltreffer bei den Damen und noch mehr.
Ich sein weise und wundervoll und voller Wunder.
Lebe schon lange, erinnere mich an alles. Besonders
peinliche Dinge. Hab Euren Ahnen Owen getroffen,
damals auf Lepraplaneten.«
»Oh ja?«, fragte Lewis. Eine Menge Leute be
haupteten, sie hätten den legendären Todtsteltzer ge
kannt.
»Guter Mann. Komischer Humor. Witziger Gang.
Hab Euch Geschenk mitgebracht«, sagte Vaughn. Er
hustete und spuckte etwas Saftiges auf den Fußbo
den. Lewis sah lieber nicht hin. Er wollte es nicht
wirklich wissen. Vaughn schwankte auf den Beinen
und gurgelte laut. »Geschenk von Owen. Keine Quit
tung, damit Ihr es nicht umtauschen könnt. Hässli
ches Ding. Nehmt es.«
Die missgestaltete Hand tauchte wieder aus dem
weiten Ärmel auf, diesmal mit der Handfläche nach
oben. Und auf einer grauen Handfläche, die an run
zeliges Leder erinnerte, und vor den Stummeln der
fehlenden Finger lag ein klobiger Ring aus schwar
zem Gold. Lewis musterte ihn ausgiebig und bekam
eine Gänsehaut. Mit leicht zitternden Fingern packte
er den Ring, und das Ding fühlte sich massiv an und
schwer von der Last der Jahre und der Geschichte. Es
war der Ring der Todtsteltzers, Zeichen und Symbol
und Vollmacht seiner uralten Familie, überliefert
vom ersten Ahnen aus der weit, weit zurückliegen
den Frühzeit des Imperiums. Angeblich war der Ring
vor zweihundert Jahren mit seinem letzten Träger,
mit Owen Todtsteltzer, verschwunden.
Lewis glotzte die kleine Gestalt vor ihm an. »Wo
her zum Teufel habt Ihr das?«
»Wer keine Fragen stellt, muss sich auch keine
widerwärtigen Anekdoten anhören. Ich sein mächtig
und wundervoll und voller Wunder.
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