Green, Simon R. - Todtsteltzers Erbe
nahm mit großer Würde auf seinem Stuhl Platz.
Sein königliches Gewand war mit größter Sorgfalt
gebügelt und arrangiert worden, und die große Krone
des Imperiums leuchtete im gedämpften Licht strah
lend über seiner edlen Stirn. Er saß auf dem goldenen
Thron, als gehörte er dorthin und hätte es schon im
mer getan. Die Abgeordneten waren zu diszipliniert,
um zu zeigen, wie beeindruckt sie waren, aber trotz
dem neigten die meisten das Haupt tiefer vor dem
König, als es die Pflicht gebot. Jesamine Blume
stand zur Linken des Monarchen, jeden Zentimeter
so königlich wie ihr Bräutigam, und der Todtsteltzer
baute sich stolz zu seiner Rechten auf, eine dramati
sche Gestalt in schwarzer Lederrüstung, allem An
schein nach die schiere Verkörperung von Schutz
und Gerechtigkeit. Die Medienkameras sendeten das
alles live, und auf Hunderten von Planeten im ganzen
Imperium ging Menschen vor Stolz das Herz über.
Das war es, wofür sie ihre Steuern zahlten! Die
Macht und der Ruhm und das Gepränge all dessen.
Und dann nahm die Tagesordnung des Parlaments
ihren Anfang, und alles zerfiel.
Denn der erste Punkt auf der Tagesordnung waren
die Fremdwesen. Um genau zu sein: der Platz der
Fremdwesen in einem Imperium, das immer noch
vor allem ein Imperium der Menschen war. Offiziell
galten die 132 für intelligent befundenen Lebensfor
men als gleichberechtigte Partner, aber waren sie
auch bereit und fähig, in den Geschäften des Parla
ments als gleichwertige Partner aufzutreten? Bislang
waren die Fremden mit einem einzelnen Abgeordne
ten und einer einzelnen Stimme im Hohen Haus ver
treten, wie die Klone und Esper und die KIs von
Shub. Aber die 132 Lebensformen zankten sich so
viel untereinander, dass sie bislang noch zu keinem
Streitpunkt eine einvernehmliche Haltung vorgetra
gen hatten. Sie hatten ja auch wirklich nicht viel ge
meinsam, abgesehen davon, dass sie keine Menschen
waren. So gelangten sie schließlich zu dem Ent
schluss, dass es genug war und an der Zeit, für jeden
ihrer Planeten einen eigenen Abgeordneten zu for
dern, ganz wie es bei den Menschen der Fall war.
Die Swart Alfair sprachen sich besonders nachdrück
lich dafür aus, und da jede Lebensform mit funkti
onsfähigem Gehirn sehr nervös auf diese rätselhaften
Kreaturen reagierte – ganz eindeutig auch die
Menschheit –, war die Frage der eigenständigen Ab
geordneten eine sehr dringliche geworden.
Und es war wirklich eine tolle Möglichkeit, den
neuen König und Parlamentspräsidenten gleich an
seinem erster Tag ins kalte Wasser zu werfen.
Die Aussicht auf so viele neue Sitze im Haus und
die möglichen dramatischen Auswirkungen auf die
Machtbalance der diversen Cliquen und Gruppierun
gen hatte die meisten menschlichen Abgeordneten
rundweg traumatisiert. Man hatte das Thema schon
zuvor im Plenum debattiert, aber wiewohl die Abge
ordneten durchaus bereit waren, das Thema nach
Lust und Laune auszudiskutieren, tatsächlich länger,
als die meisten Leute ertragen konnten, zeigten die
meisten von ihnen doch eine deutliche Zurückhal
tung, was eine Schlussfolgerung – welcher Art auch
immer – anbetraf. Sie schienen zu glauben, dass feie
durch Verzicht auf eine Entschließung das Thema
zwar behandeln, ihm aber zugleich ausweichen konn
ten. Und Wer weiß? Vielleicht verstand es ja den
Wink mit dem Zaunpfahl und verschwand einfach
wieder von der Tagesordnung!
Alle 132 fremden Lebensformen hatten entschie
den, heute im Plenum aufzutreten, und ihre Hologra
fien füllten den bereitstehenden Raum völlig aus, ja
überlappten einander häufig und schlossen einander
vorübergehend kurz. Einer etablierten Tradition fol
gend, waren die meisten Holobilder von menschli
cher Gestalt, denn menschliche Sinne konnten einige
der extremeren Morphologien nicht richtig verarbei
ten. Und es war auch einfach nicht genug Platz da für
Fremdwesen, die groß wie Berge waren, oder Was
serkreaturen und Gasatmer, die ohne umfangreiche
technische Hilfsmittel unter menschlichen Bedin
gungen nicht überleben konnten. Die meisten men
schenähnlichen Projektionen waren nicht wirklich
überzeugend im Auftritt, aber das Parlament wusste
die Aufmerksamkeit zu schätzen, die ihm damit ent
gegengebracht wurde.
Manche legten jedoch Wert auf persönliche Prä
senz. Die Swart Alfair lehnten es von jeher ab, ihr
Licht unter den Scheffel zu stellen, und ihr dunkelro
ter Vertreter ragte über die Holobilder auf und lä
chelte breit, um seine
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