Green, Simon R. - Todtsteltzers Erbe
sollen, wie lange
dauert es dann, bis man sie ganz aus dem Imperium
verbannt? Bis man sie erneut zu Sklaven und Leibei
genen erklärt und für die Befriedigung unserer Be
dürfnisse unterjocht, wie es in der schlimmen alten
Zeit unter Löwenstein der Fall war, verflucht sei ihr
Name?«
Markham war rasch wieder auf den Beinen, noch
ehe du Bois den Rednerplatz freigemacht hatte.
(Markham konnte sich das erlauben, weil Virimonde
ein armer Planet mit wenigen Bundesgenossen war.)
»Das ist eine bösartige Beleidigung, Sir, und ich ver
lange, dass Ihr sie sofort zurücknehmt! Ich vertrete
die hervorragenden und hart arbeitenden Menschen
meines Heimatplaneten und niemanden sonst! Die
Neumenschen sind Fanatiker, und natürlich distan
ziere ich mich von ihren extremeren Positionen. Nur
weil man eine Position ins Extrem treiben kann,
muss die Position selbst noch nicht unfundiert sein.«
Er blickte sich lächelnd um und breitete die Arme
aus, wie um die menschlichen Abgeordneten zu um
armen. »Dem Hohen Haus fällt es oft schwer genug,
bei Differenzen zwischen Menschen einen Konsens
zu erzielen; man addiere noch hundertzweiunddrei
ßig Stimmen von Fremdwesen mit ihren fremdarti
gen … Gesichtspunkten, und dieses Haus versinkt im
Chaos! Wir würden nie mehr irgendetwas beschlie
ßen!«
»Keine allzu große Veränderung also«, warf Kö
nig Douglas ein, und überraschend viele Leute lach
ten. Douglas beugte sich vor und spürte deutlich,
dass alle Augen auf ihm ruhten. »Ich wäre sehr daran
interessiert, was die Überseele zu diesem Thema zu
sagen hat: Menschlich und doch nichtmenschlich,
und so kann sie uns Womöglich unparteiliche Einbli
cke bieten.«
Markham und du Bois sahen einander an und setz
ten sich widerstrebend. Das entsprach nicht den Ver
einbarungen, aber beide wollten dem neuen König
nur zu gern genügend Stricklänge zur Verfügung
stellen, damit er sich daran aufhängen konnte. Der
Vertreter der Esper, ein großer und schlanker junger
Mann mit scharf geschnittenen, asketischen Zügen,
distanziert blickenden Augen und einem T-Shirt mit
der Aufschrift Stevie Blue Brennt im Ruhme!, erhob
sich langsam.
»Was ich höre, hört auch die Überseele«, erklärte
er rundheraus. »Markhams Worte sind nicht neu für
uns. Ähnliche Gründe wurden früher schon vorge
bracht, um offiziellen Unpersonen wie Espern und
Klonen jede Mitsprache zu verweigern. Wir mussten
erst einen Krieg führen, um unsere Freiheit und unse
re Rechte zu gewinnen. Hat der Abgeordnete von
Madraguda womöglich vor, uns ebenfalls von den
parlamentarischen Entscheidungen auszuschließen,
aus Angst, wir könnten seinen kostbaren menschli
chen Konsens verwässern?«
»Ich bin sicher, dass der ehrenwerte Abgeordnete
nichts dergleichen andeuten wollte«, warf Ruth Li
ein, die Abgeordnete von Goldener Berg, während
sie sich elegant erhob. »Aber er steht mit seinen Sor
gen um die Zukunft nicht allein da. Man braucht kein
Neumensch zu sein, um zu erkennen, wie unkontrol
lierter Einfluss durch Fremdwesen das Imperium
verzerren und in etwas verwandeln könnte, das nie
geplant war.«
»Fair, ehrlich und mit gleichen Rechten für alle?«,
fragte der Esper.
»Mir scheint«, sagte Douglas rasch und durch
brach damit das Anschwellen verärgerter Stimmen,
»dass sich ein Kompromiss ganz offenkundig anbie
tet, falls das Hohe Haus bereit ist, ihn in Erwägung
zu ziehen.«
Im Plenum trat von einem Augenblick auf den an
deren Stille ein, denn alle Abgeordneten waren sich
in dem unbehaglichen Verdacht einig, dass der Par
lamentspräsident im Begriff stand, ihnen etwas unter
zujubeln. Michel du Bois blickte sich um und räusper
te sich vorsichtig. »Falls Eure Majestät eine Lösung
für dieses höchst strittige Problem hat, dann, da bin
ich sicher, möchten wir sie alle gern hören …«
»Warum gestatten wir den Fremdwesen nicht die
getrennte Stimmabgabe, wenn auch nur zu den Fra
gen, die sie speziell betreffen?«, fragte der König
gelassen. »Unsere Freunde machen dadurch wertvol
le Erfahrungen, was die Arbeitsweise des Parlaments
angeht, und die bisherigen Abgeordneten haben die
Möglichkeit, sich die Entscheidungen der Fremdwe
sen-Vertreter anzusehen und daraus Folgerungen zu
ziehen, wie sie weiter in unser System integriert
werden können.«
Das war die Sprache, die das Hohe Haus verstand:
ein Kompromiss, der niemandem gefiel, mit dem je
doch alle leben konnten. Eine Lösung, die Fortschritt
erlaubte, ohne
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