Green, Simon R. - Todtsteltzers Erbe
vorbeugte und leise etwas
sagte und das Gesicht der Empfangsdame weiß wur
de. Ihre ganze Haltung zerbröckelte innerhalb eines
Augenblicks, und sie stach verzweifelt auf die Tasta
tur vor ihr ein und sprach ganz ernsthaft in die
Sprechverbindung. Finn lächelte sie an, und sie gab
sich glatt noch mehr Mühe. Schließlich drang sie zur
entscheidenden Person vor, sprach kurz aber ein
dringlich auf sie ein, lauschte und nickte dann Finn
ängstlich zu. Er wandte ihr den Rücken zu und kam
zum Sofa herüber. Die Empfangsdame blickte ihm
mit großen, traumatisierten Augen nach. Brett und
Rose erhoben sich.
»Alles arrangiert«, erklärte Finn. »Er empfängt
uns jetzt. Obwohl wir keinen Termin haben.«
»Wie nett«, fand Brett. »Wer empfängt uns? Und
was zum Teufel habt Ihr gerade zu diesem armen
Mädchen gesagt?«
»Joseph Wallace. Er ist Vorsitzender des Komi
tees für Materiewandlung. Stellt mir keine Fragen,
Brett! Ich weiß, was ich tue. Folgt mir, und alles
wird deutlich werden. Obwohl es Euch wahrschein
lich nicht gefallen wird.« So weit also nichts Neues, dachte Brett.
Ein Sicherheitsmann in sehr eindrucksvoller Uni
form tauchte aus dem Nichts auf und führte sie. Er
erkannte Finn sofort und erging sich schwärmerisch
über den Durandal, bis er durch ein Autogramm zum
Schweigen gebracht wurde. Er führte sie zum Privat
fahrstuhl des Vorsitzenden und beförderte sie damit
direkt und sehr glatt zum obersten Stockwerk, wo er
sie nicht weiter begleitete, da er hier keinen Zutritt
genoss. Ein neuer Sicherheitsmann in einer prakti
scheren Uniform mit viel mehr eingebauter Panze
rung löste ihn für den Rest des Weges ab, der vor der
Bürotür des Vorsitzenden endete. Dort erklärte der
Mann Finn, dass er die Waffen ablegen müsse, ehe er
eintreten dürfe. Finn sah ihn an, und der Mann
schluckte schwer und ging seines Weges. Finn öffne
te, ohne anzuklopfen, und trat ein.
Das Büro erwies sich als überraschend klein und
gemütlich; ein paar bequeme Stühle standen vor ei
nem streng funktionalen Schreibtisch mit eingebau
tem Lektronenterminal. Holoszenen von gefälligen
Landschaften hingen an den Wänden und änderten
sich in regelmäßigen Abständen. Dicker Teppich.
Wirklich ganz dicker Teppich. Der Vorsitzende trat
hinter dem Schreibtisch hervor und schüttelte Finn
warmherzig die Hand. Er war groß und kräftig ge
baut, hatte ein auf glatte Art gut aussehendes Gesicht
und wirkte befehlsgewohnt. Sein Anzug hatte wahr
scheinlich mehr Geld gekostet, als Brett durch den
Verkauf seiner Aufnahmen von der Krönung ver
dient hatte, und die Augenlider waren mit Blattgold
bedeckt, sodass sie verstörend blitzten, wenn er blin
zelte. Er schüttelte auch Brett mit solidem, festem
Griff die Hand und zögerte nur einen Augenblick
lang, ehe er die Hand Rose anbot. Sie sah ihn einfach
nur an, während sie mit verschränkten Armen an der
geschlossenen Bürotür lehnte. Der Vorsitzende
schenkte ihr ein ausdrucksloses Lächeln und zog sich
hinter den Schreibtisch zurück. Er bedeutete Finn
und Brett, sich zu setzen, und sie machten es sich
bequem.
»Also dann«, sagte der Vorsitzende und konzent
rierte sich auf Finn. »Was genau kann ich für den
legendären Finn Durandal tun?«
»Ihr könnt mir helfen, den König abzusetzen und
das derzeitige politische System zu stürzen«, antwor
tete Finn gelassen. »Dürfte keine allzu große Belas
tung für Euer Gewissen sein, Herr Wallace. Ihr seid
schließlich ein Neumensch.«
Joseph Wallace war sofort wieder auf den Beinen,
das Gesicht rot angelaufen. »Noch nie im Leben bin
ich so beleidigt worden! Meine Empfangsdame hat
mich zu warnen versucht, aber ich konnte nicht glau
ben, dass sie es ernst meinte. Das ist ein Skandal!
Falls Ihr es wagen solltet, diese Schmähung öffent
lich zu wiederholen, werde ich nicht zögern, Euch
rechtlich zu belangen …«
Brett bekam Finns Signal an Rose kaum mit, aber
einen Augenblick später stürmte sie bereits vor, ei
nen langen schmalen Dolch in der Hand. Sie packte
Wallace am Revers seines sehr teuren Anzuges, zerr
te ihn über den Schreibtisch und hielt ihm die Dolch
spitze wenige Millimeter vor das linke Auge. Sämtli
che Farbe wich aus Wallace’ Wangen, und er wim
merte laut. Finn saß nach wie vor auf seinem Stuhl
und lächelte seelenruhig.
»Ihr seid ein Neumensch«, wiederholte er, als wä
ren sie nie unterbrochen worden. »Genau wie alle an
deren im Komitee für Materiewandlung, die etwas zu
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