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Green, Simon R. - Todtsteltzers Rückkehr

Green, Simon R. - Todtsteltzers Rückkehr

Titel: Green, Simon R. - Todtsteltzers Rückkehr Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: PacTys
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Intriganten … Nirgendwo ist es
mehr sicher. Sie intrigieren gegen mich, ja wirklich,
sogar der Durandal! Ich habe ihm nie über den Weg
getraut. Aber ich weiß, was vorgeht. Ich habe meine
Quellen, und Gott erzählt mir vieles. Ich lebe von
reiner Luft, weißt du. Ich bin über den Bedarf nach
gröberer Nahrung hinaus. Engel sind über alle sterblichen Schwächen erhaben. Du musst jetzt gehen. Ich
muss eine Predigt vorbereiten. Die Menschen warten
darauf, von mir zu hören. Sie verlassen sich auf
mich.«
Ich kann ihn nicht umbringen, dachte Tel langsam. Es wäre fast ein Akt der Gnade, aber trotzdem …
kann ich kein hilfloses, Mitleid erregendes Häufchen
Elend wie dieses ermorden. Es wäre, als vergiftete
man ein Kleinkind. Wie es scheint … gibt es Grenzen, die nicht mal ich überschreite. Wer hätte das
gedacht?
»Komm mit mir, Angelo«, sagte er, und etwas
schwang in seinem Ton mit, was doch sehr an Mitgefühl erinnerte. »Gestatte mir, dich nach Hause zu
bringen.«
»Ich kann nicht nach Hause gehen«, wandte Angelo ein. Er klang auf einmal müde und resigniert. »Ich
habe dort keinen Platz mehr. Finn hat mir so viele
Drogen gegeben, und ich habe sie eingenommen …
und jetzt muss ich in dem Bett schlafen, das ich mir
selbst bereitet habe. Habe ich dir je erzählt, was damals in dieser Kirche auf Madraguda passiert ist? Ich
habe gelogen. Es war überhaupt nicht so.«
»Ich weiß«, sagte Tel.
»Ich dachte, ich hätte dort meinen Weg gefunden
und meine Bestimmung. Dabei habe ich in Wirklichkeit nichts anderes gefunden als die Dunkelheit in
der eigenen Seele. Verschwinde von hier, Tel. Du
kannst mir nicht helfen. Sogar ich selbst kann mir
nicht mehr helfen. Ich muss tun … was ich tun
muss.«
»Angelo …«
»Geh weg, Tel. Ehe Gott mich anweist, dir wehzutun …«
Tel zog sich langsam aus dem matt beleuchteten
Zimmer zurück, ohne den Blick von seinem Bruder
zu wenden; dann war er draußen und schloss entschieden die Tür. Er blickte die Sekretärin hinter ihrem Schreibtisch an, schüttelte hilflos den Kopf und
ging den Weg durch die Kathedrale zurück, den er
gekommen war. Er fragte sich, wohin zum Teufel er
sich wenden konnte, wo Finn Durandal nicht fähig
sein würde, ihn aufzuspüren.
    Es dauerte nicht lange, bis die Nachricht Finn erreichte. Tel wäre nicht mal überrascht gewesen, falls
Angelos Sekretärin Marion selbst angerufen hätte.
Wie dem auch sei, Tel hatte kaum eine private
Kommkabine gefunden und angefangen, seine so
genannten Freunde und Bundesgenossen anzurufen,
als er herausfand, dass man schon nach ihm suchte
und Finn seinen Tod angeordnet hatte. Tel sollte keine Gelegenheit zu Erklärungen oder Ausreden finden. Die meisten Leute, die Tel anrief, wollten sich
gar nicht melden, und die wenigen, die es taten,
schienen ungewöhnlich viel Spaß daran zu haben,
sich von ihm loszusagen. Tel Markham war von ganz
oben zur unerwünschten Person erklärt worden und
jetzt ein Ausgestoßener, ein Paria, auf dessen Kopf
ein Preis stand. Einige freuten sich hämisch, andere
stießen Drohungen aus, aber die meisten wollten einfach, dass er auflegte und nie wieder anrief. Denn
Scheitern erwies sich womöglich als ansteckend.
    Tel verließ die Kabine und spazierte die Straße
entlang. Er hatte mit niemandem lange genug gesprochen, damit der Anruf verfolgt werden konnte,
hielt es aber doch für besser, wenn er in Bewegung
blieb. Er wusste, dass er jetzt nur noch an einer gewissen Stelle in Sicherheit war, aber er sträubte sich
gegen die Idee und suchte in Gedanken hektisch nach
einer Alternative. Denn sobald er erst mal im Slum
untergetaucht war, war sein weiches, behagliches,
privilegiertes Leben vorbei. Der Gedanke, das alles
wegzuwerfen, war ihm ein Graus, und das alles auch
noch wegen eines Bruders, den er nicht einmal besonders gemocht hatte. Und dann blieb er stehen und
blickte auf ein Arsenal Videoschirme in einem Ladenfenster. Überall redete man von ihm.
    Eine aktuelle Reportage lief auf allen großen Sendern: das Leben und die Verbrechen von Tel Markham, Verräter und Flüchtling vor der Justiz. Tel sah
eine Zeit lang zu und musste das handwerkliche Geschick bewundern. Es war ein sehr detaillierter, sehr
cleverer Rufmord. Finn musste das schon vor einiger
Zeit zusammengestellt und für eine solche Gelegenheit aufbewahrt haben. Die Story nannte alle üblen
Taten, die er begangen hatte, und dazu eine ganze
Menge, die er nicht begangen hatte.

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