Green, Simon R. - Todtsteltzers Rückkehr
Schlaf gerissen. Überall
in der Eingangshalle leuchteten Bildschirme auf und
zeigten lange Stränge durchlaufender Daten. Brett
blickte sich unbehaglich um.
»Die Generatoren hier sind tot, Lewis, wurden vor
Jahrhunderten heruntergefahren. Ihr habt die Sensorenanzeigen gelesen. Und in Anbetracht solcher
Schäden dürfte die Basis ohnehin nicht mehr funktionieren. Wie zum Teufel macht er das?«
»Ich weiß nicht«, antwortete Lewis. »Und mir ist
eigentlich nicht danach, ihn zu fragen.«
»Das Labyrinth«, warf Jesamine ein. »All die Geschichten, all die Legenden, und ich habe sie nie
richtig verstanden … Er ist jetzt auch nicht menschlicher als in seiner Ashraigestalt. Er ist das, was das
Labyrinth aus ihm gemacht hat.«
»Zuzeiten hieß es früher schon, noch ehe ich das
Labyrinth des Wahnsinns betrat, ich wäre eigentlich
kein Mensch«, sagte Carrion, ohne sich umzudrehen.
»Ich war schließlich Investigator. Ich benutze jetzt
meine alten Sicherheitscodes, um die Sicherheitsdateien der Hektar zu knacken. Wie damals. Investigatoren verfügten über alle möglichen Zugangscodes
als Hintertürchen, um an Informationen zu gelangen,
die sie eigentlich nicht haben sollten, und wie es
scheint, funktionieren überraschend viele dieser Codes immer noch.«
»Seit Löwensteins Zeiten trifft man keine Investigatoren mehr an«, bemerkte Lewis.
»Wahrscheinlich nur gut so«, fand Carrion. »Ah,
was haben wir denn da? Persönliche Befehle für den
Kapitän der Hektar, nur für ihn selbst bestimmt.«
Der Hauptmonitor leuchtete auf und zeigte Finn
Durandals klassisch schöne Züge. Er lächelte ruhig
und gefasst vom Bildschirm.
»Das ist er«, sagte Jesamine. »Der Durandal. Der
eigentliche Verräter.«
»Hier sind Ihre tatsächlichen Befehle, mein lieber
Kapitän«, sagte Finn lässig. »Ihr dürft mit niemandem darüber sprechen, nicht mal mit Personen, die
einen höheren Rang in der Flotte bekleiden als Ihr.
Diese Befehle stammen von der Reinen Menschheit.
Zunächst werdet Ihr alle erforderlichen Maßnahmen
ergreifen, um den Todtsteltzer und alle seine Gefährten erst ausfindig zu machen und dann zu exekutieren. Ihr werdet keine Form von Kapitulation akzeptieren. Bringt möglichst ihre Köpfe. Als Zweites
werdet Ihr Truppen auf Unseeli absetzen und an den
Ashrai ein Exempel statuieren. Sie müssen für ihre
frühere Arroganz bestraft werden. Tötet so viele, wie
Euch in der verfügbaren Zeit möglich ist, und sorgt
dafür, dass es live ausgestrahlt wird. Leistet gute Arbeit, Kapitän; das ganze Imperium wird zusehen. Wir
müssen in diesem Punkt einen starken Eindruck hinterlassen – macht aller Welt klar, dass die alten liberalen Methoden der Vergangenheit angehören und
Fremdwesen ab jetzt tun werden, was ihnen gesagt
wird, oder sie bezahlen dafür. Sobald Ihr fertig seid,
füllt Eure Laderäume mit dem Metall der Bäume. Ich
sehe nicht ein, warum das Imperium die Kosten dieses Einsatzes selbst tragen sollte. Oh, und Kapitän,
lasst weder den Todtsteltzer noch irgendeinen seiner
Gefährten entkommen. Oder macht Euch gar nicht
erst die Mühe zurückzukehren.«
Das Bild verblasste. Carrion betrachtete nachdenklich den dunklen Bildschirm, während die übrigen
ihn betrachteten.
»Nun?«, fragte Lewis schließlich. »Ihr seht selbst
– unser Feind ist auch Euer Feind. Wir haben ein
gemeinsames Anliegen.«
»Sie werden alle hier sterben«, sagte Carrion. »Es
ist so lange her, und sie haben vergessen, wozu die
Ashrai fähig sind. Sogar in der schlechten alten Zeit
Löwensteins brauchte man mehr als Armeen und
Kriegsmaschinen, um die Ashrai aufzuhalten. Deshalb sengte Kapitän Schwejksam den Planeten. Also,
das Rad dreht sich weiter, und von neuem sind wir
im Krieg. Wir werden hier ein Exempel statuieren.
Und falls sie es wagen sollten, uns wiederum zu sengen, zeige ich ihren mickrigen Sternenkreuzern dasselbe Gesicht, das ich auch den Neugeschaffenen
vorhielt. Ich werde ihre Schiffe in der Nacht brennen
lassen …«
»Oh, toll«, murmelte Brett. »Noch ein Irrer.«
»Haltet die Klappe, Brett«, verlangte Lewis. »Sir
Carrion, wir haben verdammt geringe Chancen, wieder unser Schiff zu erreichen, sofern Ihr uns nicht
schützt. Unser Feind ist Euer Feind. Ihr müsst uns
helfen, in Owens Namen!«
»Falls Ihr wirklich ein Todtsteltzer seid, braucht
Ihr keine Hilfe«, lehnte Carrion ab. »Meine letzte
Bindung an die Menschheit ist mit Johann Schwejksam gestorben. Ich schulde Euch
Weitere Kostenlose Bücher