Green, Simon R. - Todtsteltzers Rückkehr
sie sich wandten, und änderten
so Wahrscheinlichkeiten, damit Waffen klemmten
und Unfälle geschahen und Männer niedergestreckt
wurden von Schlaganfällen, Embolien und Herzattacken. Finns Leute hatten keine Esper dabei, die sie
beschützt hätten, nur eine Hand voll leicht überwältigter ESP-Blocker.
Und natürlich waren da noch Lewis Todtsteltzer
und Jesamine Blume, Rose Konstantin und Brett Ohnesorg und der Echsenmann Samstag, und auch ihnen vermochte niemand standzuhalten.
Finn Durandal hatte eine Armee nach Unseeli entsandt. Religiöse Fanatiker, ausnahmslos Anhänger
der Reinen Menschheit, ausgebildete Soldaten. Und
letztlich hatten sie nie eine Chance, denn die Ashrai
waren ihrerseits nicht daran interessiert, eine Kapitulation entgegenzunehmen. Menschen waren nach
Unseeli gekommen, den Tod im Sinn, und genau das
fanden sie dort.
Lewis Todtsteltzer und seine Gefährten kehrten
schließlich auf die Lichtung zurück, wo sie die Herwärts zurückgelassen hatten. Hier wirkte alles ganz
still und ruhig. Nichts deutete darauf hin, dass in der
Nähe eine entsetzliche Schlacht getobt hatte. Lewis
und Jesamine nickten Rose und Brett zu, und alle
betrachteten schließlich voller Abscheu Samstag, der
an etwas nagte, was ganz offenkundig der Rest eines
Menschenbeins war. Der Echsenmann bemerkte,
dass ihn alle böse anschauten, und bot ihnen großzügig an, das Mahl mit ihm zu teilen. Er war ehrlich
verdutzt, als sie alle lautstark ablehnten. Er zuckte
die Achseln und brach beiläufig den langen Knochen
auf, um an das Mark zu kommen. Lewis wandte den
Blick ab, suchte verzweifelt etwas anderes, worauf er
sich konzentrieren konnte. Ringsherum ertönte ein
lautes Knarren und Ächzen, als die beschädigten Metallbäume langsam regenerierten. Bald schon würde
keine Spur mehr davon zu sehen sein, dass jemals
Menschen nach Unseeli gekommen waren. Lewis
dachte, dass er damit leben konnte.
Jesamine ging langsam zur Luftschleuse der Herwärts hinüber, lehnte sich an die Luke und drückte
das heiße, rote Gesicht ans kalte Metall. Sie zitterte
unter dem Schock und der Reaktion auf all das, was
sie durchgemacht hatte. Es lag nicht nur an der Anstrengung, mit den Ashrai zu singen, obwohl ihr immer noch der Kopf schwamm und die Kehle
schmerzhaft wund war, sondern auch am schieren
Grauen der Kämpfe, die sie miterlebt und an denen
sie widerstrebend teilgenommen hatte. Sie hatte geglaubt, früher schon die dunkle Seite des Lebens erblickt zu haben, damals zu Beginn ihrer Laufbahn,
als sie erlebte, wie sich Menschen einander in billigen Clubs und Kneipen umbrachten, in denen sie
auftrat. Aber das hier war richtiger Krieg, und Krieg
war etwas ganz anderes. All das Blut und Leid, die
verzweifelten Schreie der Sterbenden, das Wissen,
dass man selbst jeden Augenblick umkommen konnte, falls man zu langsam oder dumm war oder einfach nur das Pech hatte, zur falschen Zeit an der falschen Stelle zu sein. Inmitten des Lärms und des
Chaos und des plötzlichen Gestanks frisch verstreuter Eingeweide hatte sie selbst getötet, weil sie musste, und sie hegte keinerlei Zweifel an der Notwendigkeit. Sie empfand nichts als Verachtung für die
Fanatiker der Militanten Kirche und der Reinen
Menschheit. Trotzdem zitterte und bebte sie und biss
sich auf die Unterlippe, um nicht laut zu weinen. Sie
wusste nicht, ob sie es noch einmal tun konnte … sei
es auch für Lewis und seine Sache.
Lewis wurde schließlich auf sie aufmerksam, ging
schnell zu ihr hinüber und legte tröstend einen Arm
um sie. Sie drehte sich um und vergrub das Gesicht
an seiner Brust und nahm sich an Trost das, was sie
von ihm erhalten konnte.
Nicht allzu weit entfernt stand Brett vorgebeugt
da, die Arme fest um den schmerzenden Bauch geschlungen. Er hatte sich schon übergeben, bis der
Magen völlig trocken war, und es hatte nicht geholfen. Er war ein Betrüger, kein Krieger, Ein Dieb,
kein Killer. Er wollte nicht, dass irgendjemand ums
Leben kam, am wenigsten er selbst. Und doch erinnerte er sich jetzt, dass er zwischen den Bäumen einhergeschritten war und Menschen dazu gebracht hatte, dass sie sich gegenseitig und sich selbst umbrachten, als wäre er dabei eine ganz andere Person gewesen. Rose stand geduldig neben ihm, verstand zwar
nicht, aber leistete ihm Gesellschaft.
»Es ist vorbei«, sagte sie. »Wir haben gesiegt. Ihr
habt ganz ordentlich gekämpft. Ihr solltet stolz sein.«
»Ich wollte das nie«, sagte er mit
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