Green, Simon R. - Todtsteltzers Rückkehr
seinem Imperium geworden war. Also schaltete er den
Monitor aus und saß allein in der zunehmenden Düsternis und fühlte sich verloren, zerstört und nutzlos.
Das Türklopfen brach unvermittelt ab, und als er
sich vage umblickte, hörte er scharf und eindeutig,
wie jemand sein Türschloss öffnete. Jemand hatte
einen Schlüssel – was eigentlich hätte unmöglich
sein müssen. Die Tür ging auf, und Licht strömte ins
Zimmer. Douglas hob die Hand, um die tränenden
Augen zu schützen, und spähte schmerzhaft auf die
dunkle Silhouette unter der Tür. Er hatte niemanden
gerufen. Er hatte seit Zeitaltern niemanden mehr gerufen. Er fragte sich, ob seine Wachsoldaten ihn
schließlich auch verraten hatten, und dann fiel ihm
ein, dass das neue grausame Imperium womöglich
entschieden hatte, ein König wäre nicht mehr erwünscht oder nötig, und dass nun jemand kam, um
ihn von seinem Elend zu erlösen.
Zorn strömte durch seine Adern und vertrieb die
angehäufte Lethargie. Er fuhr aus dem Sessel hoch
und schwankte auf den Beinen, während er finster
nach seinen Waffen Ausschau hielt. Er wusste aber
nicht mehr, was er mit Pistole oder Schwert gemacht
hatte, geschweige denn seiner Rüstung, also packte
er eine schwere hölzerne Fußbank und funkelte die
Gestalt an der Tür trotzig an, entschlossen, sein Leben teuer zu verkaufen.
»Gott, bist du fertig, Douglas!«, sagte Anne Barclay. »Du siehst fürchterlich aus und riechst noch
schlimmer. Was hast du nur mit dir gemacht?«
Douglas senkte langsam die Fußbank, während
seine alte Freundin Anne langsam ins Zimmer kam,
sich umsah und laut schniefte.
»Manchen Leuten dürfte man gar nicht erlauben,
allein zu leben. Ich habe Monate darauf verwandt,
die richtigen Möbel für dieses Zimmer auszusuchen,
und du hast eine Müllhalde daraus gemacht.« Sie
ging rasch umher, öffnete die Vorhänge und
schwatzte ohne Unterlass, während Tageslicht das
Zimmer durchflutete. »Und ganz nebenbei: Deine
Wachsoldaten taugen überhaupt nichts! Ich konnte
mir durch Drohungen und Einschüchterungen viel zu
leicht einen Weg an ihnen vorbeibahnen. Ich habe sie
durch einige meiner eigenen Leute ausgewechselt.
Und stell diese Fußbank hin, ehe du einen Muskelkater bekommst. «
Douglas setzte die Fußbank ab und bemühte sich
um eine aufrechte Haltung. Das fiel ihm nicht leicht;
die Beine waren wackelig, und das viele Licht erzeugte mörderische Kopfschmerzen. Aber es war
eine Sache, sich selbst gegenüber einzuräumen, wie
weit er sich hatte sinken lassen, und schon eine ganz
andere, die Erkenntnis in Annes Augen zu erblicken.
Er zog den Morgenmantel fest zu und gab sich Mühe, ihren anklagenden Blick mit gleicher Münze
heimzuzahlen.
»Was machst du hier, Anne? Ich habe nicht nach
dir geschickt. Und wie zum Teufel bist du hereingekommen? Die Tür war verschlossen.«
»Ich habe einen Schlüssel«, antwortete Anne lebhaft. »Ich leite schließlich deinen Sicherheitsdienst,
erinnerst du dich? Und ich bin hier, weil du seit zwei
Monaten nach niemandem mehr geschickt hast.
Manche halten dich schon für tot. Und das ist ein
Luxus, den du dir nicht mehr leisten kannst, Douglas.
Es wird Zeit für dich, in die Welt zurückzukehren. In
einer guten Stunde steht ein wichtiges Medienereignis bevor, und es ist ganz unumgänglich, dass du dabei zugegen bist.«
Douglas schniefte laut und setzte sich wieder. »Ich
muss nirgendwo zugegen sein, Anne. Das Imperium
braucht keinen König mehr, falls das überhaupt je
anders war. Ich habe Nachrichten gesehen. Da draußen geht es zu wie in einem Irrenhaus.«
»Die Zeiten ändern sich, und wir müssen uns mit
ihnen ändern.« Anne blieb vor ihm stehen, die Hände
in den Hüften, und betrachtete ihn finster. »Sieh mal,
ich habe eigentlich keine Zeit hierfür, Douglas. Etwas wirklich Wichtiges hat sich zugetragen, das dich
persönlich angeht – dich und das ganze verdammte
Imperium. Derzeit bin ich darauf angewiesen, dass
du dich wäschst, deine allerbesten Sachen anziehst
und mich begleitest. Du kannst in deiner Freizeit deprimiert sein, so lange du willst. Nur jetzt ist keine
Zeit dafür. Nun, sitz nicht einfach nur herum! Auf,
ins Schlafzimmer und flugs umgezogen! Und trödele
bloß nicht, oder ich komme herein und helfe dir beim
Anziehen. Und ich habe wirklich kalte Hände.«
Douglas funkelte sie an, während er sich widerstrebend aufrappelte. »Immer noch dieselbe alte Anne.«
Nur, dass das nicht
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