Green, Simon R. - Todtsteltzers Rückkehr
und dem Labyrinth mit Wucht zuschlagen, und dafür brauchte er
Dr. Glücklich. Und er musste dazu einige Zeit auf
Gespräche mit dem guten Doktor verwenden – einem
Mann, dem es so gründlich an moralischen und ethischen Prinzipien sowie irgendeiner Form von Hemmung mangelte, dass sich sogar Finn in seiner Gesellschaft unwohl fühlte.
Und so saß Finn nun in seinem bequemen Sessel
in seiner bequemen Kabine und seufzte verstohlen,
während Dr. Glücklich herumhüpfte, alles ringsherum mit verstörender Begeisterung untersuchte, dabei
laut kicherte und sich die knochigen Hände an die
eingefallene Brust drückte. Er hatte sein kostbares
unterirdisches Labor auf Logres gar nicht verlassen
wollen, aber Finn verlockte ihn schließlich mit der
Hoffnung auf erstaunliche neue Drogen, die er womöglich aus der veränderten Biochemie der zwölf
Überlebenden gewann. Darüber hinaus sollte er Gelegenheit erhalten, die Überlebenden mit schier jeder
Droge zu behandeln, die ihm in den Sinn kam, und
das in Dosierungen, die einen normalen Menschen
zweifellos umgebracht hätten – nur um mal zu sehen,
was geschah. Finn glaubte an Experimente, besonders an solche, die an anderen Menschen durchgeführt wurden. Außerdem warnte Finn Dr. Glücklich,
dass er ihn umbringen würde, falls er ihn nicht begleitete – und zwar gleich an Ort und Stelle. Dr.
Glücklich glaubte ihm. Die Menschen glaubten Finn
gern, wenn er solche Dinge sagte.
Dr. Glücklich wirbelte etliche Male im Kreis, gurgelte laut und fixierte Finn mit stierendem Blick.
»Sind wir bald da? Nein? Hey ho … ich bin so aufgeregt, wenn ich an die sich hier bietenden Möglichkeiten denke! Das bin ich! Was für ein Potenzial! Ja,
ich glaube von jeher, dass Esperkräfte in biochemischen Gehirnmustern begründet liegen, aber die
Überseele wollte mir nie erlauben, an einem Esperkörper zu experimentieren … In Ordnung, ich wollte
es tun, solange der Körper noch lebt, aber … Waschlappen! Manche Leute können die Wunder der Wissenschaft einfach nicht genügend wertschätzen. Oh,
lasst mich nur mit meinen Skalpellen und Gensequenzern auf diese zwölf Überlebenden los! Ja! Aus
den tiefsten Geheimnissen ihrer diversen lebenswichtigen Organe werde ich Trünke hervorzaubern, mit
denen die Menschheit so schnell die Evolutionsleiter
hinaufgetrieben wird, dass sämtliche Sprossen dabei
durchbrechen!«
»Wie ich höre, habt Ihr aufs Neue Experimente in
der Krankenabteilung des Schiffs durchgeführt«, sagte Finn. »Ich dachte, wir hätten uns darauf geeinigt,
dass Ihr Eure Mixturen nicht an Mitgliedern der Besatzung testet? Speziell nicht solchen, die für Navigation zuständig sind?«
Dr. Glücklich schob verdrossen die Unterlippe
vor. »Ich brauche die Praxis, Sir Durandal! Aber
niemand ist bislang gestorben, oder? Und ich bin sicher, dass dieser nette junge Leutnant jetzt jeden Tag
wieder aufhören wird zu schreien. Ich muss mich
doch in meiner Kunst üben, ja wirklich! Oh ja, das
muss ich unbedingt. Ich muss absolut in Bestform
sein, wenn ich dem Labyrinth des Wahnsinns von
Angesicht zu Angesicht gegenüberstehe und mein
größtes Werk in Angriff nehme!« Sein Blick schweifte verträumt in die Ferne, während sich die langen
knochigen Finger ineinander verschlangen, und das
zähnebleckende Lächeln entwickelte tatsächlich einen
wehmütigen Zug. »Solche Wunder werde ich in den
verdrehten Hirnen und dem veränderten Fleisch der
Überlebenden wirken! Ich werde die eigentliche Natur
des menschlichen Bewusstseins umformen und es in
Richtungen ausweiten, von denen noch niemand zu
träumen wagte. Ich werde die einverständliche Realität verformen und die Barrikaden des Himmels und
der Hölle stürmen! Ja!« Er brach unvermittelt ab und
musterte Finn mit schräg gelegtem Kopf. »Ich
wünschte mir wirklich, Ihr würdet mal einen kleinen
Teil meiner Bestände probieren. Nur die weitläufigste
Wahrnehmung wird Euch ermöglichen, die dem Labyrinth innewohnenden Wahrscheinlichkeiten und
seine Schöpfungen zu würdigen. Wir dürfen unsere
menschliche Natur nicht zum Hindernis werden lassen, unsere kühnsten Ambitionen zu verwirklichen.
Seid Ihr sicher, dass ich Euch nicht dazu verlocken
kann, ein klein wenig zu probieren?«
»Völlig sicher«, antwortete Finn. »Und falls Ihr
noch einmal versucht, etwas in meinen Kaffee zu
mogeln, werde ich Euch strengste Vorhaltungen machen. Ihr erinnert Euch doch noch an das letzte Mal,
dass ich Euch
Weitere Kostenlose Bücher