Green, Simon R. - Todtsteltzers Rückkehr
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»Und wie steht es mit Lewis, dem wackeren Todtsteltzer?«
Annes Blick war jetzt sehr kalt und ihre Stimme
unnachgiebig. »Er ist geflüchtet.«
»Und Eure älteste und liebste Freundin, die liebreizende Jesamine?«
»Ich habe aus ihr die perfekte Kandidatin gemacht.
Sie wäre eine Königin und eine Legende an Douglas’
Seite geworden. Ich hatte alles ausgearbeitet. Und sie
hat es weggeworfen. Wir hätten alle berühmt werden
können, aber letztlich waren sie alle zu schwach. Sollen sie sterben und verfaulen! James wird König
sein, unser König, und wir herrschen durch ihn. Bis
die Zeit gekommen ist, an dem wir ihn risikolos beseitigen und Euch zum König machen können, Finn.
Ihr seid stark genug, um dieses Imperium zu regieren. Stark genug, um eine Legende zu sein.«
»Ich könnte Euch zur Königin machen«, sagte
Finn. »Falls das Euer Wunsch ist.«
»Nein«, lehnte Anne ab und blickte zur Seite. »Ich
fühle mich von jeher am wohlsten, wenn ich aus dem
Hintergrund wirken kann.«
Finn umfasste ihr Kinn und zwang sie, ihn erneut
anzusehen. »Da spricht die alte Anne.«
»Ich fürchte das Rampenlicht nicht«, entgegnete
Anne und riss das Kinn aus seinem Griff. »Falls Ihr
mögt und die Zeit aufbringt, seht doch zu, wie ich
heute Nachmittag die Medien ins Bild setze. Ich
werde zerstören, was von Lewis’ und Jesamines Reputation noch übrig ist, und dabei gleich noch auf die
Asche pinkeln.«
»Das möchte ich um nichts in der Welt versäumen« sagte Finn.
Es musste gesagt werden: Anne gab auf der Pressekonferenz dieses Nachmittags eine ihrer besten Aufführungen. Sie stand groß und stolz vor dem versammelten Medienrudel, blickte ihnen direkt in die
Augen und log. Sie breitete ihr Netz aus vernichtenden Lügen und Halbwahrheiten mit genau der richtigen Mischung aus burschikoser Tüchtigkeit und
schüchterner Pflichterfüllung aus. Während die Reporter mit immer größer werdenden Augen und sinkenden Unterkiefern lauschten, warf Anne Jesamines
Vergangenheit mit detaillierten Beweisen von einer
Art auf den Müll, wie sie nur eine alte und vertraute
Freundin liefern konnte. Liebhaber wurden benannt
und der Schande preisgegeben, alte Skandale ausgegraben, alte Gerüchte bestätigt und all das sorgfältig
im schlechtest möglichen Licht präsentiert.
Anne hatte reichlich Material, mit dem sie arbeiten
konnte. Sie war seit den Anfängen von Jesamines
Karriere die Freundin und Vertraute gewesen, und
beide hatten sie keine Geheimnisse voreinander gewahrt. Anne griff nun auf alles zurück, was ihr im
Geheimen anvertraut worden war, und ergänzte es
um so viele Halbwahrheiten, Verdrehungen und unerhörte Lügen, wie sie nur glaubte anbringen zu können.
Und Jesamine hatte über die Jahre ein sehr reges
Privatleben geführt. Die Fanmagazine hatten nie
auch nur die Hälfte davon erfahren. Die Kette der
Liebhaber setzte sich aus Männern und Frauen zusammen, und das vor, während und nach den etlichen
Ehen, und viele dieser Begünstigten waren später
selbst in Geschäftsleben und Politik zu Ansehen gelangt. Die schiere Anzahl Verflossener schockierte
die Öffentlichkeit, und die Medien fächerten die Entrüstung glücklich zu offener Hysterie an. Man vernichtete Jesamines Aufnahmen und verbrannte sie in
mehreren Städten symbolisch. Viele namentlich genannte Liebhaber tauchten ab, um sich selbst zu
schützen.
Nicht alle Genannten waren natürlich schuldig.
Finn hatte Anne eine Liste von Personen geliefert,
die er gestürzt sehen wollte – Menschen, die sich ihm
widersetzt hatten oder womöglich in der Zukunft
Probleme aufwarfen –, und Anne hatte nur genickt
und kein Problem gesagt und die Liste noch um so
viele ergänzt, wie sie glaubte, sich erlauben zu können. Die Betroffenen stritten es ab, aber andererseits,
wie Anne sich den Reportern gegenüber ausdrückte: Na, das war schließlich zu erwarten, oder?
Eine der öffentlich Bloßgestellten war die Parlamentsabgeordnete für den Planeten Verwünschung,
Meerah Puri. Finn war es leid, dass sie ihn auf Sitzungen ständig mit Fragen löcherte, nicht zuletzt
auch deswegen, weil sie mit ihren Fragen an die
Wahrheit rührte. Aber diesmal wollte der Dreck einfach nicht haften bleiben. Meerah Puri verteidigte
sich vehement und detailliert, und Anne sah sich
schließlich zu einem Rückzieher genötigt, wenn
nicht gar einer Entschuldigung. Finn zuckte insgeheim die Achseln. Man konnte nicht erwarten, jeden
zu erwischen. Er
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