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Gregor und der Spiegel der Wahrheit

Gregor und der Spiegel der Wahrheit

Titel: Gregor und der Spiegel der Wahrheit Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: S Collins
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Lizzie?«
    »Meine … Finger … sind … eingeschlafen«, sagte sie mit zugeschnürter Kehle.
    »Ich glaub, du hattest eine Panikattacke, Schatz«, sagte Gregors Vater leise. »Kein Wunder. Wenn wir oben sind, hole ich eine Papiertüte, da kannst du reinatmen. Dann geht’s dir gleich besser.« Mit dem Ellbogen drückte er den Knopf am Fahrstuhl, und sofort öffnete sich die Tür. Als hätte er auf sie gewartet.
    Alle gingen hinein.
    »Ich kann Knopf drücken«, sagte Boots. Ihre Mutter hielt sie so, dass sie auf die Taste für ihre Etage drücken konnte.
    »Siehst du?«, sagte Boots stolz.
    »Gut gemacht«, sagte die Mutter tonlos, und die Tür ging zu.
    Als sie wieder in der Wohnung waren, war es auf der Uhr an der Wand halb zwölf. »Wir haben noch eine halbe Stunde«, sagte Gregor.
    Sein Vater legte die Großmutter wieder ins Bett. Dann setzte er Lizzie aufs Sofa und zeigte ihr, wie man in eine kleine Papiertüte atmet. »Nein, nicht so, sonst kriegst du zu viel Sauerstoff auf einmal. Langsam atmen.«
    Lizzie nickte und versuchte es so zu machen, wie er sagte. Aber sie sah elend aus. »Ich will nicht … dass Mom … runtergeht.«
    »Ich finde, sie hat recht«, sagte Gregors Vater. »Wir brauchen dich hier oben. Ich begleite Boots und Gregor.«
    »Nein«, sagte Gregors Mutter. »Ich muss mit.«
    »Wieso kann Dad nicht mitkommen?«, sagte Gregor eine Spur zu heftig. Seine Mutter warf ihm einen bösen Blick zu, und er schaltete einen Gang zurück. »Ich meine, er war schon mal da. Die Leute kennen ihn.«
    Das stimmte zwar, aber es war nicht der eigentliche Grund, weshalb Gregor lieber seinen Vater dabeihaben wollte als seine Mutter. Zunächst einmal war sie stocksauer. Man wusste nicht, was sie zu den Unterländern sagen würde. Aberes gab noch einen weiteren Grund. Im Unterland war Gregor eine Persönlichkeit. Er war der Krieger. Zwar glaubte er das manchmal selbst nicht so recht, aber es war wichtig, dass alle anderen es glaubten. Und er fand, dass es nicht besonders cool aussah, wenn der Krieger mit seiner Mutter auftauchte. Vor allem, wenn sie, ohne zu zögern, Sachen sagte wie »Wasch dir die Hände und arbeite mal ein bisschen an deinem Benehmen«, oder ihn vor allen Leuten ins Bett schickte.
    »Ich kann nicht wieder hier oben sitzen und um euch bangen. Diesmal nicht.« Seine Mutter setzte Boots ab und nahm Lizzie in die Arme. »Du weißt, worum es geht, Lizzie, oder?«
    Lizzie nickte. »Ich könnte … mitkommen«, sagte sie tapfer. Doch die bloße Vorstellung war für sie so grauenvoll, dass sie wieder anfing zu keuchen.
    »Nein, du musst hierbleiben und auf deinen Vater und auf Großmutter aufpassen. Wir bleiben nicht lange. Es ist nur eine Besprechung, danach kommen wir sofort zurück«, sagte Gregors Mutter und strich Lizzie übers Haar.
    »Und danach … können wir dann … wegziehen?«, fragte Lizzie.
    »Gute Idee«, sagte Gregors Mutter. »Was hältst du davon, wenn wir auf die Farm deines Onkels in Virginia ziehen?«
    »Ja«, sagte Lizzie und sah gleich ein bisschen besser aus. »Das wär … gut.«
    »Na, dann fang doch am besten schon mal an zu packen, während ich weg bin. Ja, Liebling?«, sagte Gregors Mutter.
    »Ja«, sagte Lizzie. Und dann lächelte sie sogar.
    Gregor kam sich vor wie ein Idiot. Da machte er sich Sorgen, dass es vielleicht uncool aussehen könnte, wenn er mit seiner Mutter im Unterland auftauchte. An sie hatte er dabei überhaupt nicht gedacht. Oder an den Rest der Familie. Er tätschelte Lizzie. »In ein paar Stunden sind wir wieder da, Lizzie«, sagte er.
    »So ist es.« Seine Mutter gab Lizzie einen Kuss und drückte sie, dann wandte sie sich zu ihm. »Also, was müssen wir mitnehmen?«
    »Licht«, sagte Gregor. »Das ist das Wichtigste. Ich hole was.«
    Während sein Vater mit dem Brecheisen in den Wäschekeller verschwand, um das Gitter aufzustemmen, durchkämmte Gregor die Wohnung nach Taschenlampen und sämtlichen Batterien, die er finden konnte. Seine Mutter saß nur auf dem Sofa, je einen Arm um seine Schwestern gelegt, und sprach mit beruhigender Stimme über ihr neues Leben in Virginia.
    Gregor ging ins Schlafzimmer und sah, dass die Großmutter nicht schlief.
    »Du musst wieder dorthin«, sagte sie. Es war keine Frage.
    »Ich komme schon wieder in einer Prophezeiung vor, Großmutter«, sagte Gregor und zeigte sie ihr.
    »Dann musst du gehen. Auch wenn du wegläufst, wird die Prophezeiung dich doch finden«, sagte sie.
    »Scheint so, ja«, sagte Gregor.

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