Gregor und die graue Prophezeiung
Schicksal der acht liegt in seinen Händen.
Drum mahnt ihn zur Vorsicht, sonst springt er daneben,
denn Leben kann Tod sein, und Tod erschafft Leben.
Gregor wurde nicht schlau daraus. Er verstand nur, dass derjenige, der als Vierter starb, eine ziemlich große Verantwortung für die acht Überlebenden hatte. Aber wie? Was? Wo? Wann? In der letzten Strophe der »grauen Prophezeiung« war keine einzige brauchbare Information zu finden.
Ripred ließ sie so lange laufen, bis alle vor Müdigkeit über die eigenen Füße stolperten. Sie machten in einer Höhle Rast, die immerhin einen trockenen Boden und eine Quelle mit Trinkwasser hatte.
Gregor und Luxa reichten die Vorräte herum, die schneller schrumpften, als er gedacht hatte. Er versuchte zu widersprechen, als die Krabbler Boots ihr Essen gaben. Er wollte lieber sein eigenes Essen mit ihr teilen.
»Lass sie«, sagte Ripred. »Krabbler können einen Monat ohne Nahrung auskommen, wenn sie Wasser haben. Und Gox brauchst du auch nichts abzugeben. Von Treflex kann sie länger zehren, als unsere Reise dauert.«
In der Höhle war es kalt. Gregor befreite Boots von den feuchten Kleidern und zog ihr neue Sachen an. Irgendetwas fehlte ihr; sie war zu still und ihre Haut fühlte sich klamm und kalt an. Er kuschelte sich mit ihr unter eine Decke und versuchte sie zu wärmen. Was sollte er tun, wenn sie krank würde? Wären sie zu Hause, würde seine Mutter alle möglichen Säfte, Medikamente und Kissen hervorzaubern. Er versuchte sich mit dem Gedanken zu trösten, dass sein Vater helfen konnte, wenn sie ihn fanden.
Alle waren so müde von der Wanderung, dass sie auf der Stelle einschliefen.
Etwas riss Gregor aus einem bleiernen Schlaf. Ein Geräusch? Eine Bewegung? Er wusste es nicht. Aber als er die Augen öffnete, stand Henry über Ripred gebeugt, um der schlafenden Ratte das Schwert in den Rücken zu stoßen.
22. Kapitel
I n dem Moment, als Gregor den Mund öffnete, um »Nein!« zu schreien, blinzelte Ripred. Henry stand hinter der Ratte. Ripred konnte nur den Ausdruck auf Gregors Gesicht gesehen haben, doch das reichte.
In dem Bruchteil der Sekunde, als Henry das Schwert hinabsausen ließ, warf sich Ripred auf den Rücken und schlug mit seinen fürchterlichen Klauen zu. Das Schwert schnitt Ripred quer über die Brust, während er Henry eine tiefe Wunde am Arm zufügte.
In diesem Augenblick hatte Gregors »Nein!« seinen Mund verlassen, und von seinem Schrei wurden die meisten anderen wach. Rasend vor Zorn stellte sich der blutende Ripred auf die Hinterbeine. Er sah fürchterlich aus. Henry wirkte neben ihm schwach und klein; mit dem verletzten Arm konnte er kaum das Schwert heben. Luxa und Aurora waren sofort in der Luft. Ares flog direkt auf die Ratte zu.
Aber Gregor war schneller. Mit ausgebreiteten Armen sprang er zwischen Ripred und Henry. »Halt!«, rief er. »Aufhören!«
Überraschenderweise hielten tatsächlich alle inne. Vermutlich, dachte Gregor, ist es das erste Mal, dass sich jemand zwischen eine kampfeslustige Ratte und einen Menschen stellt. Die Sekunde, in der alle zögerten, reichte Gregor gerade, um laut zu rufen: »Wer hier jemanden umbringen will, muss zuerst mich aus dem Weg räumen!«
Nicht besonders poetisch, aber wirkungsvoll. Niemand wollte, dass Gregor starb. Alle wussten, dass der Krieger für die Suche unverzichtbar war.
»Zur Seite, Überländer, die Ratte wird uns alle morden!«, rief Luxa und setzte zum Angriff auf Ripred an.
»Die Ratte hat nur versucht zu schlafen. Glaub mir, Kleine, wenn ich euch hätte umbringen wollen, würden wir jetzt nicht dieses Gespräch führen«, sagte Ripred.
»Spar dir deine Lügen, Nager!«, sagte Luxa. »Meinst du, wir glauben dir eher als einem von uns?«
»Es stimmt! Er sagt die Wahrheit! Er hat nicht angefangen! Es war Henry!«, rief Gregor. »Er hat versucht Ripred im Schlaf zu ermorden!«
Alle drehten sich zu Henry um, der zurückzischte: »Ja, und wäre der Überländer nicht, wäre die Ratte jetzt tot!«
Die anderen waren verwirrt. Gregor sah Luxa an, dass sie von Henrys Plan nichts gewusst hatte. Sie hatte geglaubt, Ripred hätte zuerst angegriffen. Jetzt wusste sie nicht, wie sie sich verhalten sollte.
»Lass es gut sein, Luxa, bitte!«, sagte Gregor. »Wir können es uns nicht leisten, noch mehr Suchende zu verlieren! Wir müssen zusammenhalten!« Das Wort »Suchende« hatte er spontan erfunden, und es kam ihm passend vor.
Langsam landete Luxa, blieb jedoch auf Auroras Rücken
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