Greife nie in ein fallendes Messer
Schwergewicht ins Spiel |184| einbringen, um dieses Ziel zu erreichen. Deshalb gab es im Grunde für mich nur eins: SAP kaufen! Direkt als Aktie oder über einen Call mit möglichst langer Laufzeit. Ich war also wieder dabei und sah mit Vergnügen, wie sich die Kurse in den nächsten Monaten wieder erholten.
Wer von den Analysten im Herbst noch den Daumen gesenkt hatte, riet jetzt auf dem niedrigeren Kursniveau wieder zum Einstieg. Die Research-Abteilung der Bayerischen Vereinsbank setzte das Kursziel mittelfristig auf 240 D-Mark, und sie wurde, wie alle anderen Analysten, von der Wirklichkeit überholt.
Denn das Jahr 1996 erwies sich im Nachhinein als ein doch nicht so schlechter Jahrgang. Wie von der Unternehmensführung vorhergesagt, hatte das vierte Quartal viel vom verlorenen Terrain zurückgewonnen. Mit einem Gewinnplus vor Steuern von 43 Prozent meldete sich SAP zurück im Kreis der dynamischen Wachstumswerte. Jetzt waren auf dem Parkett wieder tätige Reue und Buße angesagt. Selbst bei einem Kurs von fast 250 D-Mark und einem KGV von 35 hielten die Hauck-Bankiers die Vorzugsaktien wieder für kaufenswert. Die Analysten vom Helaba Trust setzten ihr Kursziel auf 300 D-Mark herauf und empfahlen: im Aktienportfolio übergewichten.
Wer die SAP-Stammaktie seit der Börseneinführung im November 1988 bis zum 31. Dezember 1996 gehalten und alle Dividendenzahlungen wieder in SAP-Aktien investiert hatte, hatte eine jährliche Rendite von 45 Prozent erzielt. Aber wer war dieser Aktie schon vom ersten Tag an treu geblieben? In meinem privaten Umfeld gab es niemanden.
Als im Frühjahr 1997 die Zahlen für das erste Quartal im Vergleich mit dem allerdings sehr schwachen ersten Quartal 1996 einen überraschenden Gewinnsprung von mehr als 50 Prozent belegten, marschierten die Kurse der Vorzugsaktie entschlossen in Richtung 300 D-Mark. Bis zu 350 D-Mark seien durchaus drin, strahlten meine Interviewgäste in der Telebörse , die SAP müsse man einfach haben. Wahrscheinlich werden selbst die Stammzuschauer meine Qual nicht bemerkt haben: Ich hatte mich nämlich längst wieder von meinem SAP-Engagement gelöst– natürlich mit einem beträchtlichen Gewinn und natürlich zu früh (vgl. Abbildung 7).
|185| Deprimierend, wie wenig man zuweilen aus seinen eigenen Fehlern lernt. Ich stieg erst wieder viele Monate später bei einem Kurs von über 700 D-Mark ein. Dieses Mal wollte ich der SAP-Aktie treu bleiben, obwohl das Jahr 1998 mit einem enttäuschenden Gewinnplus von nur 15 Prozent vor Steuern schloss. Die Japankrise hatte offensichtlich die Ernte stärker verhagelt, als es selbst die sehr vorsichtigen SAP-Manager vorhergesehen hatten. Doch 1999 würde schon aufgrund des schlechteren Vorjahres wesentlich besser aussehen und allein deswegen mit höheren Wachstumsraten an frühere Zeiten anschließen.
Waren die ersten zehn Jahre der SAP-Aktie schon von einer hektischen Berg- und Talfahrt geprägt, die manchen Kleinaktionär wie mich nicht selten atemlos am Straßenrand zurückgelassen hatte, so glich die Zeit nach 1999 bisweilen diesen höllischen LSD-Trips aus den Erzählungen ausgeflippter Popstars. Die SAP-Aktien gerieten durch die beginnende Hightech-Euphorie am Neuen Markt in einen Höhenrausch, der den guten soliden DAX und auch mich bald einem Kreislaufkollaps nahe brachte. Arm in Arm mit Siemens, Deutsche |186| Telekom und Mannesmann katapultierte die SAP-Aktie diesen Aktienindex auf den unfassbaren Rekordstand von über 8000 Punkten.
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Abbildung 7: Kurs der SAP-Vorzüge vom 1. 1. 1997 bis zum 31. 12. 1997
|186| Auf ihrem höchsten Stand kostete die SAP-Vorzugsaktie am 7. März 2000 sage und schreibe 681,61 D-Mark beziehungsweise 348,50 Euro – wobei in diesem Kurs auch ein späterer Aktiensplitt für Stamm- und Vorzugsaktien im Verhältnis 1:3 schon enthalten war, der die Aktien optisch auf ein Drittel verbilligte. Trotz meiner vorherigen Schwüre, den Gewinn laufen zu lassen, hatte ich aber schon im Mai des Vorjahres, wieder einmal viel zu früh, meinen Verstand eingeschaltet und meine Vorzugsaktien verkauft.
Nur wenige Wochen nach dem Gipfelsturm begannen die SAP-Aktien, wie alle anderen Hightech-Werte auch, ihren dramatischen Abstieg ins Tal, den aber die Vorzugsaktien nicht mehr erlebten. Am 3. Mai 2001 beschloss die SAP-Hauptversammlung deren Umwandlung in Stammaktien. Wenige Wochen später, am 18. Juni, verschwanden dann die Vorzüge vom Kurszettel.
Im Oktober 2002 landete der einstige Überflieger
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