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Grenzen setzen – Grenzen achten

Titel: Grenzen setzen – Grenzen achten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anselm Grün/Ramona Robben
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selbst und den Kindern keinen Gefallen. Denn die Kinder können sich an den fehlenden Grenzen nicht mehrreiben. Reibung erzeugt Wärme. Grenzen setzen ist also durchaus ein Zeichen von Liebe. Eine Erziehung, die keine Grenzen setzt, wird von den Kindern nicht als Freiheit und Liebe erfahren, sondern als Gleichgültigkeit und „Nichtverwahrtsein“ (Christa Meves). Das überfordert die Kinder und macht sie aggressiv.
Konsequenz in der Erziehung
    Die Kinder, denen keine Grenzen vorgegeben werden, sehen sich gezwungen, immer auffälliger zu werden, damit sie endlich die Grenzen der Eltern erfahren. Rogge meint: „Festigkeit schafft Grenzen, wo sie fehlen, herrscht Unsicherheit, fangen Kinder an, Grenzen auszutesten, um zu erfahren, wie weit sie gehen dürfen.“ Eltern, die keine Grenzen setzen, werden von ihren Kindern tyrannisiert. Irgendwann „explodieren“ die Eltern. Das verunsichert die Kinder dann noch mehr. Es schafft keine Klarheit. Die Kinder fühlen sich nicht ernst genommen. Manche Eltern versuchen, Grenzen zu setzen. Aber sie sind nicht konsequent in ihrem Handeln und lassen sich von den Kindern manipulieren. Kinder haben ein gutes Gespür, wie sie ihre Eltern „rumkriegen“ können. Die einen haben ihre Eltern in der Gewalt, indem sie ihnen ein schlechtes Gewissen einimpfen, die anderen, indem sie androhen, sich etwas anzutun, oder indem sie ihnen vorwerfen, dass sie ja sowieso ungeliebt seien. Wer Grenzen setzt, muss auch konsequent sein. Sonst werden die Kinder die Grenzen immer wieder umgehen. Darauf weist Rogge besonders hin: „Wer ständige Grenzüberschreitungen des Kindes ignoriert, sich ihnen gegenüber gleichgültig verhält, trägt nicht allein zur Verstärkung zerstörerischer Aktivität und Haltungen bei, sondern behindert die Ausbildung eines Selbstwertgefühls, verhindert das Gefühl gegenseitigen Respekts und gegenseitiger Achtung.“

    Viele Eltern tun sich schwer, Grenzen zu setzen, weil sie nicht altmodisch erscheinen möchten. Die Kinder wissen auch genau, wie sie den Eltern dadurch ein schlechtes Gewissen vermitteln können. Sie sagen: „Alle dürfen das. Alle haben das. Nur ihr seid so altmodisch und so eng, es mir nicht zu erlauben.“ Es braucht dann eine innere Klarheit und Sicherheit, um sich gegen solche Manipulationsversuche abzugrenzen. Andere Eltern setzen keine Grenzen, weil sie die Auseinandersetzung scheuen. Sicher: Wer Grenzen setzt, setzt sich der Kritik der Kinder aus. Und die fällt oft sehr hart aus. Kinder haben in den Medien genügend Strategien erfahren, wie sie Eltern, die Grenzen setzen, zusetzen können. Als meine Schwester ihrem 13-jährigen Sohn einmal eine Grenze setzte, maulte er und warf ihr vor, wie altmodisch sie sei. Aber nach ein paar Wochen meinte er: „Ihr kümmert euch wenigstens noch um mich. Die anderen Eltern erlauben alles, damit sie ihre Ruhe haben.“ Der Sohn spürte, dass die Grenzsetzung nicht aus Ablehnung oder aus einer bloßen Laune heraus geschah, sondern weil die Mutter ihn ernst nahm. Sie wagte die Auseinandersetzung mit ihm, weil ihr an ihm lag. Das respektierte er, auch wenn er natürlich zuerst versucht hatte, die Grenzsetzung aufzulösen, indem er in meiner Schwester ein schlechtes Gewissen hervorrufen wollte.

    Die Entwicklungspsychologie sagt uns: Es ist vor allem der Vater, der Grenzen setzt. Doch viele Väter verweigern sich dieser Aufgabe. Sie wollen lieber verständnisvolle Väter sein, als zu autoritär zu erscheinen. Doch wenn sie ihre Vaterrolle aufgeben, finden die Kinder nie ihre eigene Identität. Sie wissen nicht, woran sie sich halten sollen. Es ist eine Erfahrungstatsache, dass vaterlose Kinder häufig kriminell werden, weil sie nie erlebt haben, wo ihre Grenzen sind, und weil sie nie angehalten wurden, sich an die vorgegebenen Grenzen zu halten. Der Psychiater Horst Petri, der ein Buch über die „Vaterentbehrung“geschrieben hat, fasst die Ergebnisse empirischer Forschungsprojekte zusammen und konstatiert vor allem bei Jungen, die keinen Vater hatten, eine „ausgeprägtere Neigung zu Regelverletzungen, Grenzüberschreitungen und aggressivem Verhalten, die unter entsprechend ungünstigen Umweltbedingungen nicht selten in Verwahrlosung und Kriminalität münden können“. Jungen, so Petri, leiden unter der Vaterentbehrung noch mehr als Mädchen. Der Vater ist vor allem wichtig für die Gewissensbildung und für „das Erlernen sozialer Normen und Verhaltensstandards“. Wo der Vater seine Aufgabe nicht

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