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Grenzen setzen – Grenzen achten

Titel: Grenzen setzen – Grenzen achten Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Anselm Grün/Ramona Robben
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erfüllt, besteht die Gefahr, dass die Jungen nie lernen, sich an Grenzen zu halten. Sie meinen dann, die Welt würde sich nach ihnen richten. Mit dieser unrealistischen Einstellung zur Wirklichkeit scheitern sie häufig, sobald die ersten Schwierigkeiten im Leben auftauchen und sie in ihre Grenzen weisen.
Was Kinder wirklich wollen
    Eltern tun den Kindern keinen Gefallen, wenn sie nur verständnisvoll sind und mit ihnen über ihr auffälliges Verhalten bloß diskutieren. Die Kinder haben für dieses „Gelaber“ dann oft nur verächtliche Worte. Sie spüren genau, dass die Eltern zu feige sind, die Auseinandersetzung mit ihnen zu wagen. Sie sagen dann: „Du nervst mich.“ Kinder brauchen nicht nur, sie wollen auch Eltern, die klar sagen, was sie wollen. Dann, wenn das geklärt ist, können sie mit ihnen kämpfen. Doch viele Eltern schrecken vor dieser Vorstellung zurück. Sie wollen nur Verständnis zeigen und letztlich Verständnis der Kinder erfahren, anstatt ihre Rolle als Vater oder Mutter ernst zu nehmen.

    Jan-Uwe Rogge erzählt dazu ein Beispiel. Er ist bei einer Frau, die sich über ihren Sohn beschwert, der sich an nichts hält. Aberauf die Nachfrage, an was konkret er sich denn halten soll, wird klar, dass sie gar keine klaren Grenzen setzt. Sie setzt einfach voraus, dass er doch eigentlich wissen müsste, was er zu tun hat. In der Folge provoziert sie der Sohn immer mehr. Als die Mutter mit dem Pädagogen spricht, platzt der Junge herein und sagt, er habe Durst. Sie meint, er solle sich den Saft im Kühlschrank nehmen, den er möchte. Er nimmt den O-Saft. Doch dann kommt er wieder, weil er ihm zu kalt ist. Als die Mutter ihn zurückschickt, er solle sich nehmen, was er möchte, kommt er kurz darauf weinend wieder. Er hat die Flasche auf den Boden fallen lassen, so dass sie zerbrochen ist. Als Jan-Uwe Rogge sich mit ihm unterhält, wird klar, dass er genau weiß, wie er seine Mutter zum Platzen bringt. Und er kostet die Rituale richtig aus. Wenn seine Mutter nicht mehr weiter weiß, dann schlägt sie ihn. Doch es tut ihr dann so leid, dass er in diesem Augenblick alles von ihr haben kann. Als Rogge ihn fragt, wie die Mutter denn reagieren sollte, meinte er: „Also wenn ich Scheiße mache, soll sie das sagen!“ Und dann erklärt er dem Pädagogen, warum er die Mutter so provoziert hat: „Ich wollte mal sehen, wie weit die geht.“ Und zugleich erkennt er: „Mit dir kann ich das nicht machen, glaub ich jedenfalls nicht. Aber ich würd's versuchen.“ Diese Geschichte zeigt eindrucksvoll: Kinder sehnen sich letztlich danach, dass Eltern klar sagen, was sie wollen. Wenn sie immer nur reden und immer nur Verständnis zeigen, überfordert das die Kinder. Die Eltern sprechen dann letztlich zu ihrem eigenen kindlichen Ich, aber nicht zu ihren Kindern. Kinder wollen Grenzen, um in der Reibung an ihnen sich zu erfahren und sich ihrer Eltern zu versichern. Das verlangt von Eltern die Bereitschaft, sich auseinanderzusetzen und sich im Konfliktfall auch einmal als „altmodisch“ und „völlig blöd“ bezeichnen zu lassen.

6. Abgrenzung kann heilsam sein
    Von gesunder Aggression und Distanz
Eine heilsame Abweisung
    Auch im Blick auf unser Thema gibt es überraschende Entdeckungen im Blick auf die Person Jesu. Der Evangelist Markus beschreibt uns Jesus als den Heiler, zu dem viele Kranke kommen, um von ihm geheilt zu werden. Als allerdings eine griechische Frau zu ihm kommt und ihn bittet, er möge ihre kranke Tochter heilen, da verhält sich Jesus zunächst gar nicht sehr hilfsbereit. (Mk 7,24–30) Er grenzt sich vielmehr ab und hält der Frau einen Spiegel für ihr eigenes Verhalten vor Augen. Wir machen in Bibelarbeiten immer wieder die Erfahrung: Viele Frauen ärgern sich über das Verhalten Jesu. Vergegenwärtigen wir uns die Szene: Jesus hatte sich mit seinen Jüngern in das Gebiet von Tyrus zurückgezogen, um genügend Zeit für die Unterweisung zu haben und nicht durch die politischen Wirren in Galiläa gestört zu werden. Man könnte sagen: Er ist ins Ausland gegangen und hat sich in die Klausur zurückgezogen, um mit seinen Jüngern allein zu sein. Doch eine griechische Frau kommt zu ihm und fällt ihm zu Füßen. Man kann sich vorstellen, wie sie seine Füße mit ihren Armen umschlingt. Sie bittet ihn, er möge ihre Tochter heilen, die vom Dämon besessen ist. Doch Jesus grenzt sich ab. Er geht nicht gleich mit der Bittstellerin mit, sondern zeigt ihr auf, warum ihre Tochter krank geworden ist. Er

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