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Grenzfall (German Edition)

Grenzfall (German Edition)

Titel: Grenzfall (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Merle Kröger
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Namen für einen normalen Kaffee gibt. Dafür umso mehr falsche Gemütlichkeit. Egal jetzt.
    »Hier ist es.« Er hat eine Website gefunden. Das Logo kommt ihm vage bekannt vor. Weiße Kompassrose auf grünem Grund.
    »Guck mal, die Ostseeterrassen.« Mattie schlürft ihren geliebten Macchiato mit Schoko, Zimt und wer weiß was da noch alles drin rumschwimmt.
    Nick öffnet die Impressums-Seite. Geschäftsinhaber des Konsortiums ist Jochen Wedemeier. Geschäftsführer des Frankfurter Büros: Frank Wedemeier. Beim Googeln stößt er auf zwei Privatadressen. Ein Eintrag für Jochen Wedemeier auf einem Gut in Vorpommern, ein anderer für den Sohn im Hochtaunus.
    »Das Kaff heißt Nordhausen. Daher der Firmenname. Hat gar nichts mit dem Norden zu tun.«
    »Kann ich mal? Irgendwas klingelt da bei mir.« Mattie zieht den Laptop zu sich herüber. Nick lehnt sich zurück und beobachtet sie. Eine steile Falte steht auf ihrer Stirn. Wenn man sie küsst, geht sie weg. Nick schließt die Augen.
    »Nicht einschlafen, Nick! Hier. Der zweite Jäger, Hans-Jürgen Walther, wohnt im selben Dorf. Kein Zufall.« Sie guckt ihn an. Nicht nötig, die Frage laut zu stellen.
    »Auf geht’s, Mattie. Wenn wir uns beeilen, schaffen wir das noch.« Nick steht auf.
    Nicht an die Zukunft denken. Nicht an die Vergangenheit. Was gerade passiert, fühlt sich gut an. Das reicht.

29. Juni 2012, Hansestadt Kollwitz
Mecklenburg-Vorpommern, Deutschland
    Herrje, was für ein Unwetter. Gesine legt einen Tritt zu. Den heftigen Teil des Gewitters hat sie in Kollwitz nach der Sitzung des Kirchgemeinderates abgewartet. Diese ganze Bürokratie ist ohnehin nicht ihrs, aber heute wollte die Sitzung einfach kein Ende nehmen. Wenn es so weiterging, würde sie bald gar nicht mehr für ihre Gemeinde da sein, sondern bloß noch Zettel ausfüllen. Den anderen ist ihre Ungeduld nicht entgangen. Der Uwe Jahn auf den Fotos will ihr nicht aus dem Sinn. Morgen wird er auf dem Fichtenberger Friedhof beigesetzt. Höchste Zeit, sich um die Rede für die Trauerfeier zu kümmern. Das Bestattungsinstitut hat sie kontaktiert. Die Angehörigen werden erst am Tag der Feier anreisen und wünschen kein Vorgespräch. Das ist ungewöhnlich, kommt aber in letzter Zeit häufiger vor. Dabei helfen diese Gespräche den Lebenden, Abschied zu nehmen und ihre Erinnerung an den Verstorbenen in Worte zu fassen. Doch den Riss, der durch diese Familie ging, kann wohl selbst der Tod nicht kitten.
    Gesine biegt vom Deich in Richtung Kirche ein und lässt sich das letzte Stück rollen. Sie streift die Kapuze ab, es hat aufgehört zu regnen. Ach du liebe Güte! Sie steigt in die Bremsen. Es geht wieder los. Nach zwanzig Jahren.
    Jemand hat vor dem Eingang zum Pfarrhaus einen riesigen Haufen Müll abgeladen. Am helllichten Tag. Eine nasse Pampe aus Essensresten, Plastik und Papier türmt sich vor der Haustür. Davor lehnt ein Pappschild, von Hand beschrieben. »Wir wollen keinen Dreck in Fichtenberg.«
    Ihr erster Gedanke gilt dem Mädchen. »Nadina!« Sie rennt ums Haus herum. Das Fenster des Arbeitszimmers steht offen. Gesine ruft noch einmal.
    Nichts.
    Um Gottes willen. Das Mädchen ist in ihrer Obhut. Wenn ihr etwas zustößt, wird sie sich das nie verzeihen.
    Weiter. Nach hinten. Das Gartentor ist offen. Durch das nasse Gras. Muss gemäht werden. Die Hintertür ist abgeschlossen. Der Schlüssel liegt wie immer unter dem Stein. In Fichtenberg kennt man sich doch.
    Wohnzimmer. Nichts.
    Küche. Nichts.
    Gästezimmer. Gäste-WC. Arbeitszimmer –
    »Nadina!«
    »Hey, Gesine!« Sie steckt hinter dem Computer, die Kopfhörer in der Hand. »Was ist los?«
    »Hast du keine Ohren?« Die Angst verwandelt sich in Wut. Sie sollte doch die Fotos sortieren. Wozu braucht man da Kopfhörer?
    »Sorry. Hab geskypt.« Sie will die Kopfhörer wieder aufsetzen, aber da hat sie die Rechnung ohne Gesine gemacht. Zwei, drei Schritte, sie hat das Mädchen am Arm und zieht sie mit zur Haustür.
    »Lass mich los!« Nadina wehrt sich, erstarrt jedoch, als sie den Haufen sieht. »Was ist das denn? Was steht auf dem Schild?«
    Gesine kommt langsam wieder zu sich. »Kind, bin ich froh, dass dir nichts passiert ist. Sie müssen gerade erst hier gewesen sein.«
    Was alles hätte passieren können! Man darf nicht drüber nachdenken. Man kann nur handeln. Erst mal muss die Sauerei hier weg.
    »Hilf mir mal. Im Schuppen sind Schaufel und Schubkarre.« Sie macht kehrt. Vorne ist kein Durchkommen. Der Müll stinkt bestialisch.
    »Kann

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