Grenzgaenger
Bonhoeffer zu, «plötzliche Strangulation.»
«Dann hat er den Stuhl umgekippt und die Spuren beseitigt. So könnte es wohl gewesen sein.»
«Könnte, ja.» Toppe kratzte sich den Bart. «Ich habe euren Bericht noch nicht, van Gemmern. Gibt es da noch etwas?»
«Nein, soweit ich es jetzt überblicke. Der Strick ist ganz neu, noch nie benutzt. Es ist ein einfacher Kälberstrick, den man im landwirtschaftlichen Bedarfshandel kaufen kann. Bei der Genossenschaft in Bedburg, zum Beispiel. Wir haben viele verschiedene Fingerspuren gefunden und inzwischen überprüft. Keine davon taucht in unserer Kartei auf. Am wichtigsten erschien mir der Stuhl, weil der Täter den ja wohl angefasst haben muss. Auch da gibt es eine Anzahl verschiedener Abdrücke. Er ist nicht abgewischt worden. Das heißt also, der Täter hat entweder Handschuhe getragen oder aber seine Fingerabdrücke sind drauf.»
Das hilft uns jetzt nicht weiter, dachte Toppe. «Wie sieht’s mit der Todeszeit aus, Arend?», fragte er.
«Zwischen 17 und 19 Uhr.»
Es klopfte, und Astrid stand sofort auf. «Das wird Frau van Gimborn sein. Es ist kurz vor drei. Soll sie warten?»
Toppe nickte und seufzte. «Tja, dann wollen wir mal das Übliche anlaufen lassen. Wer war die Frau? Wer hatte ein Interesse daran, sie zu töten, und warum? Befragen der Familie und Freunde, Überprüfen der Umstände in Krankenhaus und Wohnheim, Befragen der Kollegen, Mitbewohner, Ärzte, Patienten. Und herausfinden, ob irgendwo Gift weggekommen ist. Im Krankenhaus oder bei Apothekeneinbrüchen in letzter Zeit.»
Er sah sich um. «Ach, weißt du was, Norbert …»
«Hm?» Van Appeldorn nahm endlich die Beine vom Tisch.
«Teil du doch mal ein, wer was übernimmt. Ich unterhalte mich inzwischen mit Frau van Gimborn.»
Bonhoeffer ging zusammen mit Toppe hinaus. «Du kannst über meinen Beruf sagen, was du willst, aber deinen finde ich auch nicht viel erhebender.»
Auf den harten Holzstühlen, die im Flur an der Wand aufgereiht standen, saßen Astrid Steendijk und Barbara van Gimborn nebeneinander und unterhielten sich. Toppe ging gleich auf die Frau zu. Sie hatte kurzes, braunes Haar und dunkle Augen, war eher klein, ein wenig rundlich mit großem Busen. Toppe fand sie hübsch.
Ein bisschen steif stellte er sich vor.
«Guten Tag, Herr Hauptkommissar», sagte sie und meinte es offenbar nicht ironisch. Vielleicht war man im Krankenhaus solche Anreden gewöhnt.
Toppe überlegte. Wohin?
Der einzige freie Raum im Moment war das Vernehmungszimmer. Unpassend, dachte er, aber was soll’s?
«Wollen Sie mitkommen, Astrid?»
«Klar», strahlte sie erfreut.
Auch im letzten Jahr hatte sie am liebsten mit ihm zusammengearbeitet, erinnerte er sich jetzt und nahm sie plötzlich sehr deutlich wahr. Sie trug ihre langen, dunklen Haare heute zu einem dicken Zopf geflochten, enge Jeans wie fast immer, und eine recht tief ausgeschnittene weiße Bluse mit einer dunklen Weste. Toppe verbot es sich, länger hinzusehen.
Auf dem Weg zum Vernehmungszimmer fand er genügend Zeit, sich wieder zu sammeln.
Er würde das Gespräch auf Band aufnehmen.
Barbara van Gimborn war, wie sie meinte, recht eng mit José Bruikelaer befreundet gewesen. Sie beschrieb José als aufgeschlossenes, fröhliches Mädchen und konnte es immer noch nicht fassen, dass sie sich umgebracht hatte.
«Ich meine, so sehr kann man sich doch nicht täuschen, wenn man einen Menschen gut kennt, oder?» Sie schaute Toppe traurig an.
«Ich glaube, Frau van Gimborn, dass Ihre Freundin gar keinen Selbstmord begangen hat. So wie es im Moment aussieht, ist sie ermordet worden.»
Barbara van Gimborn riss die Augen auf und starrte erst ihn und dann Astrid an. «Mein Gott», stotterte sie, «das ist ja furchtbar! Nein, aber, wenn … nein! Sie hing doch da!»
Toppe ging nicht darauf ein. Er wartete eine Weile, bis sie sich wieder im Griff hatte.
«Hatte José Bruikelaer viele Freunde?»
«Na ja, sicher, einige, so wie wir alle. Wir im Wohnheim kennen uns gut und unternehmen auch öfter was zusammen. Gehen mal essen oder Squash spielen oder so was.»
«Hatte sie einen festen Freund?»
«Ach so, das meinen Sie. Nein, im Moment nicht. Sie hatte jahrelang einen festen Freund in Holland, Henk hieß der, glaube ich. Aber mit dem war schon lange Schluss. Gleich, nachdem sie bei uns angefangen hat. Ich glaube, das ging ihr noch immer ganz schön nah, aber viel darüber geredet hat sie nicht. Eine Zeitlang hatte sie, soviel ich weiß, was mit
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