Grenzgaenger
Kreis einen Tatverdächtigen?»
Bevor irgendjemand antworten konnte, setzte Wagner noch einen drauf: «Genau. Deutet das nicht vielleicht auf einen Zusammenhang mit der Drogenmafia hin? José Bruikelaer war ja schließlich Holländerin.»
Stein lächelte friedlich. «Es ist mir bisher nicht bekannt gewesen, dass eine Korrelation zwischen der niederländischen Staatsangehörigkeit und der Zugehörigkeit zur ‹Drogenmafia› besteht. Wenn jener Herr dort allerdings über weiterführende Informationen verfügt, wäre ich, respektive die Staatsanwaltschaft, natürlich äußerst dankbar, weitergehend informiert zu werden. Aber ich denke, die Frage des Herrn vom WDR verdient eine Antwort …»
Diesmal lachten alle, und Toppe wechselte einen Blick mit Karin Hetzel.
«Nach unserem bisherigen Erkenntnisstand besteht keine für die Mordfälle relevante Beziehung zur Drogenszene», sagte er.
Wagner lümmelte sich breitbeinig auf dem Stuhl. «Trifft es zu, dass José Bruikelaer vergewaltigt wurde?»
«Bei allen drei Opfern liegt kein Sexualdelikt vor», antwortete Stein trocken.
Aber noch bevor sich Toppe darüber freuen konnte, kam die nächste Frage von einem Lokalreporter: «Was hatte Otto Hetzel mit der Bigband zu tun?»
Toppe richtete sich ein wenig auf. «Otto Hetzel hatte etwas mit der Bigband zu tun», sagte er. «In welchem Zusammenhang möchte ich zum augenblicklichen Zeitpunkt nicht sagen.»
Wieder hörte man ein Raunen, und Stein sah auf seine Armbanduhr.
«Gibt es noch weitere Fragen?»
Er wartete nicht einmal drei Sekunden.
«Ich sehe, das ist nicht der Fall. Dann bedanke ich mich für Ihre Aufmerksamkeit. Guten Tag, meine Damen und Herren.»
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Einundzwanzig
«I’m an Englishman in New York», tönte Sting aus dem Autoradio.
Van Appeldorn sang laut mit.
Im Heilpädagogischen Heim hatte er erfahren, dass Jochen Reuter dort mehr als vier Jahre, bis Anfang 1983, gearbeitet hatte. Nur mit Bedauern hatte man ihn gehen lassen, denn er wurde als guter und beliebter Mitarbeiter geschätzt.
Schwungvoll bog van Appeldorn in die Zufahrt zu den «Berufsbildenden Schulen des Kreises Kleve» ein.
Er würde mit einer anderen interessanten Information zum Präsidium zurückkehren. «Busparkplatz» las er und stutzte, ließ sich aber nicht beirren, sondern fuhr weiter geradeaus, bis ihn ein Schild nach links zum «Besucherparkplatz» wies. Der Parkplatz war voll. Er fuhr direkt bis vor den Eingang, stellte den Wagen schräg, halb auf dem Rasen, ab und betrat rasch das Gebäude.
Auf der rechten Seite der Halle war ein verglaster Raum, aus dem jetzt sofort ein Mann gestürzt kam, wohl der Hausmeister.
«Also bitte», polterte er los, «da können Sie Ihren Wagen auf gar keinen Fall stehen lassen.»
Van Appeldorn entschied sich für die Kinofassung: «Kriminalpolizei», gab er ruhig zurück und zog lässig seinen Dienstausweis aus der Hosentasche. «Ich muss in einer äußerst dringenden Angelegenheit mit Ihrem Chef sprechen.»
«Ach so», der Mann starrte auf den Ausweis, «das ist natürlich etwas anderes, Herr Kommissar. Zum Chef? Da folgen Sie bitte nur immer den gelben Handläufen. Sie können es gar nicht verfehlen.»
Van Appeldorn ging zur Treppe.
«Tach», nickte er einem kleinen Mann zu, der an der Ecke lehnte, dann sprang er – wenn schon Kino, dann auch richtig – mit einem Satz über die Absperrung.
«Mooment mal, mein Herr!» Napoleon hatte seinen Auftritt, aber van Appeldorn gelang es schließlich doch noch, zum Allerheiligsten des Chefs vorzudringen.
Der Direktor war ein kooperativer Mann und ließ sofort, nachdem er in einigen Akten geblättert hatte, Jochen Reuters früheren Klassenlehrer holen.
«Herr Tollens ist einer meiner fähigsten Kollegen. Wissen Sie, das ist noch einer vom guten alten Schlag, einer, der sich als Erzieher versteht.»
Nach dieser Äußerung sah van Appeldorn dem Gespräch mit eher gemischten Gefühlen entgegen.
Manfred Tollens war Ende fünfzig. Er hatte ein auffallend zerfurchtes Gesicht und intelligente, fragende Augen.
«Ihr Chef sagte mir, Sie seien der Klassenlehrer von Jochen Reuter gewesen.»
Tollens konnte sich sofort erinnern. Jochen Reuter sei ein recht guter Schüler gewesen. Mit ihm hatte es keine Probleme gegeben. Er bedauerte Reuters Tod, und van Appeldorn hatte den Eindruck, dass er es auch so meinte.
«Und Ihr Chef berichtete mir, dass Sie Carl Küsters ebenfalls unterrichtet haben.»
In Tollens’ Augen blitzte es
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