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Grenzgaenger

Grenzgaenger

Titel: Grenzgaenger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Hiltrud Leenders , Michael Bay , Artur Leenders
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Fenster zu stehen, bequem gegen die Fensterbank gelehnt. «Und du, Günther, warum machst du so ein finsteres Gesicht?»
    «Ach, ich denke nur über das nach, was Norbert eben erzählt hat.»
    Van Appeldorn berichtete von der Berufsschule, von seinem Besuch im HPH und von Küsters’ kurzer Praktikantenlaufbahn dort. Reuter und Küsters hatten sich damals, wie man ihm erzählt hatte, ganz gut gekannt. Küsters war mit den Patienten eigentlich gut klargekommen. Er selbst aber hatte seine Aufgabe weniger in der Betreuung der Patienten als vielmehr in der Erstellung neuer Konzeptionen gesehen. So hatte er ein Alphabetisierungskonzept entwickelt und durchgesetzt, dass er den Kurs durchführen konnte. Dabei blieb es dann aber auch. Trotz häufiger Anmahnung war der Kursus nicht angelaufen, und Küsters hatte immer neue Ausreden gefunden. Reuter hatte ihn dennoch unterstützt und sich immer wieder für ihn eingesetzt. Trotzdem hatte es schließlich irgendwann gereicht, und man hatte ihn rausgeworfen. Er hatte danach Klage gegen das HPH erhoben, aber zu einem Verfahren war es nicht gekommen.
    «Ach was?», meinte Toppe.
    «Wie, ach was?», fragte van Appeldorn verwirrt.
    Toppe schilderte seine Gespräche mit Jupp Lievertz und Anne Martini und berichtete von Küsters’ offensichtlicher Liebe zu Prozessen.
    «Ach was?», sagte auch Breitenegger. «So langsam möchte ich den Burschen doch mal kennenlernen.»
    Obwohl alle für einen kurzen Augenblick den gleichen Gedanken hatten, sprach ihn keiner aus. Das war einfach zu simpel, zu trivial.
    «Wenn der so klug ist und so viel redet», fuhr Breitenegger fort, «dann kann er uns vielleicht ja auch erzählen, ob in Worcester was passiert ist.»
    «Ja, Worcester.» Toppe sammelte seine Gedanken ein. «Immer noch der einzige Punkt, an dem alle drei Fälle sich treffen. Ich meine, Hetzel und Reuter hatten durch die Schule mal miteinander zu tun, Reuter und Bruikelaer über die Bigband. Aber wir haben keine Berührungspunkte zwischen Hetzel und Bruikelaer.»
    «Vielleicht bringt Walter was mit», hoffte Breitenegger. «Er lässt sich ja gehörig Zeit.»
    Aber Toppe hörte nicht hin. «Also, noch einmal diese Worcester-Fahrt. Wir müssen versuchen, einen minutiösen Zeitplan zu erstellen: Wer mit wem wie lange wo und wie zusammen war, lückenlos.»
    Keiner war begeistert.
    «Wenn jeder von uns Befragungen durchführt, dürfte es einigermaßen schnell gehen.»
    «Dann lass uns aber gleich telefonieren und die Termine abstimmen.» Breitenegger war etwas eingefallen. «Heute haben die Pfingstferien begonnen. Da wird manch einer von den Musikern weggefahren sein. Bei diesem Wetter!»
    Er warf einen langen, resignierten Blick aus dem Fenster.

    Toppe hatte den ganzen Tag keine Zeit gehabt nachzudenken. Er fühlte sich unwohl, wie immer, wenn er einen Haufen unverdauter Ereignisse und Informationen mit sich herumtrug. Und jetzt also das Gespräch mit dem Psychologen.
    Übergangslos aus seinen Gesprächen mit den Bandleuten heraus. Auf seinem Schreibtisch stapelten sich Zettel mit Zeiten, Ergebnissen und Verbindungslinien zwischen Leuten. Wenn er Zeit hatte, konnte er daraus so etwas wie ein Soziogramm machen: Wer mit wem? Wer hatte wie viele Kontakte? Wer war ein Außenseiter? Interessante Geschichte. Aber auf den ersten Blick war nichts Aufschlussreiches dabei. Nun denn, sie waren noch nicht fertig. Der Pianist war in Moers auf dem Free-Jazz-Festival. Sonst hatten sie Glück gehabt: Die meisten hatten Dienstag wieder Schule und waren nicht weggefahren.
    Reimann wartete schon an einem Zweiertisch auf ihn, gleich am Fuß der Treppe, die hinunter ins Restaurant führte.
    «Was haben Sie denn mit Ihrem Bein gemacht?»
    «Verstaucht, aber die Geschichte ist so dumm, dass ich sie gar nicht erzählen mag.»
    Heute war er ganz froh, dass die Bänke in großem Abstand zu den Tischen festmontiert waren, sodass man zu einer eher ungemütlichen Esshaltung gezwungen war. Auf diese Weise konnte er sein Bein bequem unterbringen. Kaum hatte er die Gehstützen neben sich an die Wand gelehnt, kam schon der Kellner mit den Speisekarten. Toppe schlug die Karte auf, blickte dann aber wieder hoch und lächelte verlegen.
    Auch Reimann blickte von seiner Karte auf.
    «Wissen Sie, Herr Toppe», begann er, «als Sie mich gestern angerufen haben, fühlte ich mich ein bisschen in meiner Eitelkeit gekitzelt. Ich habe mich gefreut, dass Sie sich mit mir beraten wollten.» Er lächelte. «Deswegen habe ich so spontan

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