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Grenzgänger

Grenzgänger

Titel: Grenzgänger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nina Behrmann
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Meine Mutter meinte es mit diesem Ding nur gut, also kehrte ich um, nahm die Statue aus dem Kofferraum und trug sie nach oben.
    »Okay, ein paar Grundregeln. Hier wird nicht geraucht, du frisst mir nichts aus dem Kühlschrank weg und Sex nur nach vorheriger Absprache und jenseits meines Schlafzimmers«, sagte ich zu dem Ding, als ich aufschloss und die Schlüssel an den Haken hängte.
    Die Kröte glotzte mich aus tönernen Augen an. Irgendwie unheimlich. Ich trug sie raus auf den Balkon, wo sie zwischen den stark verkümmerten Küchenkräutern die Fliegen erschrecken konnte, wenn sie Lust dazu hatte.
    Als ich wieder rein ging, klingelte das Telefon. Ich beeilte mich, um den Hörer noch rechtzeitig zu erwischen und klang ein wenig abgehetzt, als ich mich mit »Rot« meldete.
    »Hallo Feline. Ich hoffe, du hast den Vorfall gestern Nacht gut überstanden?«
    Feng klang fast so, als würde er lachen. Aber auch nur fast.
    »Ja, habe ich«, gab ich noch etwas außer Atem von mir.
    »Schön. Dann kannst du direkt ins Büro fahren. Kay ist noch unterwegs und ich habe hier noch etwas zu erledigen.«
    »Ich hab keinen Schlüssel!«
    Diesmal hörte ich ein deutliches Lachen am anderen Ende der Leitung. »Mach dir keine Sorgen. Der Türhüter wird dich reinlassen.« Und damit legte er auf.
    Dieses E-Book wurde von "Lehmanns Media GmbH" generiert. ©2012

Kapitel 6

    Die Tür des Büros war geschlossen. Ich drückte probeweise dagegen, und zu meinem Erstaunen ließ sie sich einfach aufschieben. Wenn ich mir die Umgebung des Hauses so ansah, war ich überrascht über die Gutgläubigkeit von Kay und Feng. Kaum hatte ich jedoch einen Fuß über die Schwelle gesetzt, dröhnte mir eine Stimme in den Ohren. »Das ist meine Tür, meine Tür, meine meine meine Tür!«
    Ich presste die Hände auf die Ohren, aber die Stimme war in meinem Kopf. Meine Ohren abzudecken war nutzlos.
    »Halt die Klappe!«, schrie ich gegen den Lärm in meinem Hirn an, aber die Stimme steigerte sich zu einem hohen Kreischen. Ich musste die Augen schließen, denn alles um mich herum verschwamm. Noch eine Sekunde mehr und ich würde wahnsinnig werden.
    »Ich bin’s, Feline! Feng schickt mich!«, schrie ich in einem letzten Versuch, den Lärm abzustellen und tatsächlich – die Stimme verstummte.
    Ich öffnete die Augen und ließ meine Hände sinken. Im Büro war niemand außer mir. »Hallo?«, fragte ich, aber mir antwortete nur Stille.
    Ich schüttelte den Kopf und erkundete zum ersten Mal das gesamte »Triskelion«-Büro. Neben dem Vorraum, den ich bisher für Kays Raum gehalten hatte, war tatsächlich nichts weiter als ein Empfang. Das eigentliche Büro befand sich eine Tür weiter. Es war klein, aber mit einer riesigen Fensterfront mit Blick auf das Wasser versehen. Es gab viele Grünpflanzen und ich sah Kays Jackett über dem Garderobenhaken hängen. Daneben befand sich der Konferenzraum und noch weiter war Fengs Raum. Das Interieur war dasselbe, das sich auch auf dem Flur wiederfand. Feng mochte wohl Rot.
    Auf der Suche nach einer Toilette oder – in vollendeter Dekadenz – einer Küche oder einer Kaffeemaschine, kam ich wieder durch den Vorraum. Dort stand plötzlich jemand.
    Ich schrie. Er ebenfalls.
    »Was wollen Sie hier?«, entfuhr es mir, gleich nachdem ich bereits das zweite Mal in sehr peinlicher Art und Weise geschrien hatte.
    Der Mann war leger gekleidet, mit einem weißen T-Shirt und einer einfachen schwarzen Weste darüber. Er hob beschwichtigend die Hände. »Ich wollte Sie nicht erschrecken. Es war nur gerade niemand hier.«
    »Und wie sind Sie hier hereingekommen?« Das Kreischen des Türhüters musste er doch gehört haben. Und wieso war das kleine Mistding nicht bei ihm angesprungen?!
    Er beugte sich zu mir und ich sah eine schmale Falte zwischen seinen Augenbrauen auftauchen. Schöne tiefschwarze Augenbrauen. Noch dunkler als seine Augen. Der leichte Bartschatten auf seinem Gesicht hatte dieselbe Farbe. Aftershave hüllte mich ein. Normalerweise musste ich bei zu viel parfümiertem Wasser husten, aber jetzt weckte der Duft das Bedürfnis nachzuprüfen, ob der Rest des Mannes auch so köstlich roch.
    »Offiziell habt Ihr geöffnet«, knurrte er mich liebenswürdig an.
    Ich blinzelte und versuchte den Duft abzuschütteln.
    »Ich war auch nur … ich bin neu hier«, endete ich lahm.
    Er richtete sich wieder auf und grinste. »Dann fröhlichen Einstand. Kannst Du mir trotzdem weiterhelfen?«
    Ich setzte mich hinter den Schreibtisch.

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