Grenzgänger
kurzes Raunen erhob sich, wurde lauter, als die Gestalt einen Schritt nach vorne machte. Man konnte den Mann jetzt deutlich sehen; das Licht war perfekt auf ihn ausgerichtet. Samhiel. Er trug das Haar offen, es reichte ihm bis auf den Rücken. Tiefschwarz, schillernd und schien das Licht einzufangen. Sein Körper war muskulös, geschmeidig und man sah viel davon, denn außer einer einfachen Hose aus Leder trug er nichts weiter. Wollte ich meinem kurzen Blick in seinen Schritt glauben, auch keine Unterwäsche.
Sein Lächeln, als er die Menge musterte, war gefährlich und mir wurde warm. Ein leichtes Hochziehen des linken Mundwinkels, spöttisch – das war alles, was er tat. Dennoch sah ich um mich herum einige Wangen röter werden.
Normalerweise hätte ich die Augen verdreht – den Großteil des Publikums machten zwar Frauen aus, aber ich wettete keine von ihnen war ein solches errötendes Unschuldslamm – aber in diesem Fall tat ich es nicht. Auch ich war gefangen von Samhiels Ausstrahlung. Seine dunklen Augen zwinkerten und brachen den Bann, in dem er sein Publikum hielt. Mit einer einzigen Bewegung aus der Hüfte heraus fand er sich in die Musik ein, folgte ihren Höhen ihren Tiefen, nur mit seinem wiegenden Körper. Die bronzene Haut fing immer wieder Tropfen von Licht, ließen sie aufschimmern und gleich wieder verschwinden, kaum, dass Samhiel sich weiterbewegt hatte. Die Musik wurde schneller, die Bässe treibender und so wurden es auch die Bewegungen des Mannes auf der Bühne. Sein offenes, langes Haar folgte ihm wie ein dunkler Schatten, als Samhiel sich um sich selbst drehte, einen Arm ausgestreckt. Immer lauter dröhnten die Bässe, rauschten in meinem Ohren, aber weder hielt ich sie mir zu, noch wandte ich den Blick von der tanzenden Gestalt auf der Bühne ab.
Samhiel drehte sich noch einmal um sich selbst, stand plötzlich am Rand der Bühne, der Körper eine einfache gerade Linie. Nur seine Arme waren ausgebreitet, als wollten sie uns alle umarmen. Das Licht wurde mit einem Schlag vollends gelöscht. Die Musik verklang nicht, sondern verschwand so urplötzlich, dass die Stille laut in den Ohren hämmerte.
Dann erklang es. Ein leises Rauschen. Ein Geräusch, so leise und doch so laut, dass jeder im Raum es hören konnte. Blätter? Wasser an Klippen?
In der Dunkelheit um mich herum, schien es leise meinen Namen zu murmeln und ich spürte, wie Federn und Schwingen mich umfingen, mir etwas sagten, was ich nicht verstand. Aber es war egal. Das Gefühl, das sie auslösten, war ekstatisch. Sie strichen über meinen Körper und ich stöhnte unbewusst auf.
Samhiels Duft, der, den ich schon im Triskelion Büro so intensiv erlebt hatte, umfing mich plötzlich. Seine Stimme mischte sich unter das Flüstern, und auch sie sagte meinen Namen. Weiche Haarsträhnen kitzelten meine Wange, ebenso weiche, hitzige Lippen folgten ihnen, wanderten weiter zu meinem Mund. Es war ein Kuss, in dem ich mich selbst vergaß. Mein Körper war für diesen Mann ein Instrument, das er ohne jegliche Übung zu spielen verstand. Er nahm mir den Atem, schenkte mir seinen und ich gab mich ihm hin. Hitze fuhr durch jedes einzelne meiner Glieder. Ich spürte ihn bei mir, an mir und schließlich in mir. Es war eine hitzige Vereinigung. Keine Stelle meines Körper blieb ungeküsst oder unberührt. Sein Duft, seine Berührungen und immer wieder die Federn, die meine Haut streiften. Das alles war mehr, als ich in diesem Augenblick ertragen konnte. Die Welt um mich löste sich auf. Alles was zählte, war das zarte Streicheln, diese Schwingen in denen ich mich verlor.
Plötzlich ging das Licht wieder an und desorientiert sah ich mich um. Wie mir war es auch den anderen gegangen – mein Gefühl der Verwirrung und der Sehnsucht spiegelte sich in den Gesichtern um mich herum.
Irgendjemand klatschte und nach und nach fielen die anderen ein, bis es sich anhörte wie ein Orkan. Pure Begeisterung.
Miki führte mich hinter die Bühne. Samhiel trocknete sich dort gerade mit einem Handtuch die schweißnasse Brust ab und ich leckte mir bei dem Anblick unwillkürlich über die Lippen.
Als er mich sah, lächelte er. »Du bist ja doch gekommen, Kätzchen«, sagte er nicht sonderlich überrascht.
Ich nickte leicht. Die Katze nahm ich ihm nach dem Erlebnis im Zuschauerraum nicht mehr übel. Allerdings ging mir die Frage, ob er wirklich bei mir gewesen war oder nicht, nicht mehr aus dem Kopf. »Ich muss zugeben, ich war neugierig. Dass du strippst
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