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Grenzgänger

Grenzgänger

Titel: Grenzgänger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nina Behrmann
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Kay mich absolut ruhig.
    Ich hätte ihm am liebsten in sein schönes Gesicht geschlagen. »Was ist mit ihm passiert?«, fragte ich mit schriller Stimme. Mühsam kämpfte ich das Gefühl von Panik nieder.
    »Ich sagte doch, dass er tot ist«, sagte Feng.
    »Tot, nicht ausgetrocknet!«, rief ich in Richtung Feng.
    Kay hob beschwichtigend die Hand. »Darauf hätten wir dich vorbereiten sollen. Aber das beantwortet die Frage nicht.«
    Ich starrte ihn an. Angesichts seiner Kälte gegenüber dem Toten wollte ich ihn nicht nur schlagen, sondern ihn auch unter das Band schieben, damit er sich den grinsenden Leichnam aus der Nähe ansehen konnte. Menschlich oder nicht, aber so etwas war nicht richtig.
    Ich atmete tief durch und bückte mich abermals. Nachdem ich mich auf den Schrecken der Grimasse des Toten eingestellt hatte, konnte ich ihn mir nun genauer aussehen.
    Das blaue T-Shirt und die grellen Schuhe fielen mir auf. Es war tatsächlich der gleiche Kappa, der mich vorletzte Nacht in der Disco angefaucht hatte.
    Ich richtete mich wieder auf und nickte stumm in Richtung Feng.
    Er wechselte einen Blick mit Kay, der mit dem Rücken zu mir stand und sich nun umdrehte. Als er plötzlich vor mir auf die Knie ging, machte ich einen Schritt zurück.
    Kay achtete nicht darauf. Auch nicht auf den teuren Anzug, den er ruinierte. Er kniete auf dem staubigen Boden und murmelte etwas. Ich konnte es nicht verstehen, auch wenn ich nah bei ihm stand.
    Mir wurde warm, trotz des Betons unter meinen Füssen, dessen Kälte mir seit meiner Ankunft in die Füße kroch. Ein vertrauter Geruch begleitete die Wärme. Wie Sommer. Frischgemähtes Gras, ein wenig Modrigkeit von Erde an einem Wasserlauf, auf der Schilf wuchs.
    Die Wärme verflüchtigte sich schnell wieder, als eine knirschende Stimme unterhalb des Fließbandes auf Kays Murmeln antwortete.
    Mir standen die Nackenhaare zu Berge und ich sah Hilfe suchend Feng an, aber seine Aufmerksamkeit galt dem knienden Kay und dem Etwas unter dem Band.
    Kays Murmeln wurde lauter, aber diesmal machte er eine Pause, um den Leichnam antworten zu lassen. Dessen Stimme klang gurgelnd, irgendwie schlammig und er sprach eine Sprache, die ich nicht kannte. Allein der Klang der Stimme reichte aber, um mir Gänsehaut über den Körper zu jagen. Die Fratze des Kappa ging mir nicht mehr aus dem Kopf.
    Kay stand auf und ich schielte unbehaglich auf den Boden, um sicher zu gehen, dass der Leichnam ihm nicht folgte.
    »Er ist fast schon weg«, sagte der Seelie-Sidhe leise und steckte die Hände in die Taschen seines Mantels. Er fröstelte.
    »Du hast mit ihm gesprochen?«
    Kay schüttelte den Kopf. »Nicht direkt. Aber das hier ist ein schlechter Ort, um das zu besprechen. Gehen wir woanders hin.«
    Feng machte bereits die ersten Schritte in Richtung Ausgang. Ich folgte ihm, warf aber einen Blick über die Schulter zurück als Kay nicht sofort folgte.
    Er stand am Band. Etwas an seinem Gesicht hatte sich verändert, aber da er es halb abgewandt hatte, konnte ich kaum erkennen was.
    Er zog etwas aus seiner Manteltasche und warf es unter das Fließband. Sofort ging es in Flammen auf. Feng, der mein Stehenbleiben bemerkt hatte, fasste mich am Arm und zog mich aus der Halle.
    Draußen wartete ich nur darauf, dass hinter uns die Alarmsirenen ansprangen und die ersten Feuerwehrwagen auf dem Parkplatz hielten. Gut, dass war sicher übertrieben aber irgendeinen Effekt musste ein knapp zwölf Meter langes, brennendes Fließband doch haben, oder?
    Nichts.
    Kay schloss die Tür hinter sich, als er zu uns kam.
    »Hast du es brennen lassen?«, fragte ich fassungslos, als ich auf seinem hellen Mantel und Anzug nicht das kleinste Körnchen Ruß fand.
    »Es brennt nichts.«
    »Ich habe dich gerade…«
    »Es brennt nichts, Feline«, sagte Kay streng.
    Unschlüssig sah ich auf die Halle.
    »Komm.« Fengs Griff war diesmal sanfter und er führte mich zu einem winzigen Stück Rasen zwischen den Stahlhallen. Kay, der hinter mir stand, legte seine Hände auf meine Schultern. Die Wärme kehrte zurück. Ebenso der Duft nach Gras, Erde, Moos und Wald. Wind kam auf, und überwältigt von den Eindrücken, die sich so plötzlich meines Körpers und meiner Nase bemächtigten, schloss ich die Augen.
    Noch immer lagen Kays Hände auf meinen Schultern und übertrugen dieses beruhigende Gefühl auf mich.
    Als ich die Augen wieder aufschlug, grinste Feng schief. Auf den zweiten Blick erkannte ich auch warum. Wir waren nicht mehr im

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