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Grenzgänger

Grenzgänger

Titel: Grenzgänger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nina Behrmann
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hätte ich aber nicht erwartet.«
    Er lachte und setzte sich auf eine Truhe. Nach seiner Aufforderung setzte ich mich neben ihn. »Ich habe meine Hose anbehalten, oder?«
    »Klar«, schnaubte ich. »Aber… du hast etwas anderes gemacht.«
    Er lächelte. Wieder dieses leicht ironische Hochziehen des linken Mundwinkels. »Ich habe meine Flügel ausgebreitet.«
    »Flügel?« Ich lachte. Das konnte er unmöglich ernst meinen. Samhiel aber blieb ernst. »Ja, meine Flügel.«
    »Nur Engel haben Flügel.«
    »Ich habe nie behauptet, keiner zu sein.« Er schlang sich das Handtuch um den Nacken, während ich ihn noch anstarrte. Das konnte er nicht ernst meinen! Dennoch, so etwas wie eben, hatte ich noch nie erlebt. War das ein Trick gewesen oder sprach er die Wahrheit?
    »Nehmen wir an, du hast Recht. Was soll ein Engel in einer Stripbar für Grenzgänger und Elfen?« Ob das »Behemoth« das wirklich war, wusste ich natürlich nicht. Aber nach Samhiels Auftritt war ich mir fast sicher.
    Er stand auf und winkte mich mit einem Fingerzeig heran. Ich kam zu ihm. Er öffnete ein Guckloch im Vorhang und ließ mich hindurchsehen. Mein Blick fiel auf eine Frau mit grüner Haut und ebensolchen Haaren. »Das ist Lady Eileen«, sagte Samhiel und ich spürte seinen erhitzten Körper nah bei mir. Es fiel mir schwer, mich auf die Frau vor mir zu konzentrieren, aber ich riss mich zusammen. »Sie hat in dreitausend Jahren Lebenszeit bisher jeden Mann bekommen, den sie haben wollte. Fey, Menschen, sogar Grenzgänger. Die Jagd ist ihr langweilig geworden, deswegen sucht sie das, was sie nicht haben kann.«
    »Dich?«
    »Mich«, schmunzelte er.
    »Die anderen Frauen da draußen auch?«
    Er nickte. Ein leises Klingeln ertönte und Samhiel zog sich das Handtuch vom Nacken. Seine Hand streifte mein Kinn und für einen Augenblick waren seine Lippen so nah, dass ich seinen Atem spüren konnte. »Ich muss gehen, Kätzchen. Schön, dass du da warst.« Und schon war er wieder verschwunden, um unsterblichen Frauen zu zeigen, was sie nicht haben konnten.
    Dieses E-Book wurde von "Lehmanns Media GmbH" generiert. ©2012

Kapitel 7

    Am nächsten Morgen fühlte ich mich verkatert wie noch nie. Dabei hatte ich keinen Alkohol getrunken. Jemand klingelte an meiner Tür Sturm und ich wankte aus dem Bett. Wenn das der Postbote war, der zu meinem Nachbarn wollte, konnte er sich auf etwas gefasst machen.
    Ich öffnete die Tür und sah Feng davor stehen. Der musterte mich mit anzüglichem Grinsen. Ich folgte seinem Blick und sah meinen üblichen Schlafaufzug – Top und Unterhose. Top und Unterhose! Mit einem Schlag war ich vollkommen wach, schlug die Tür zu und riss den Morgenmantel aus dem Bad. Damit bekleidet und hochrot öffnete ich die Tür wieder. Feng schmunzelte. »Zieh dich besser gleich an. Es geht um deinen Zusammenstoß vorletzte Nacht.«
    »Mein Freund, der Entenmann mit den langen Klauen?« Allein die Erinnerung an die verzerrte Fratze ließ mich schaudern, aber ich zwang mich, meinen ungezwungenen Ton beizubehalten. »Wie geht’s ihm?«
    »Er ist tot«, erwiderte Feng flach.
    »Oh.«
    Er nickte nur. »Komm, fahren wir.«
    Im Auto wirkte Feng angespannt. Meine Gedanken drehten sich im Kreis. Ich versuchte noch immer, den gestrigen Abend zu verarbeiten und gleichzeitig zu verstehen, worum es gerade ging. Feng und Kay waren sicher nicht auch noch als Privatpolizei unterwegs, oder? Und hatte der Tod dieses Entenmanns etwas mit mir zu tun? Zumindest konnte ich mich nicht daran erinnern, dass ich diesem Kerl irgendetwas getan hätte. Im Gegenteil, ich war diejenige gewesen, die vor seinen Krallen und Zähnen hatte in Sicherheit gebracht werden müssen.
    »Fahr in Richtung Industriegebiet, in der Nähe des Zechenwerks.«
    Wortlos schaltete ich und fuhr los. Eine Weile schwiegen wir uns an, bis ich mehr Gas gab.
    »Habe ich etwas mit dem toten Entenmann zu tun?«
    »Kappa, kein Entenmann. Er ist ein Wasserkobold.« Feng rieb sich über die Stirn. »Ich weiß es nicht. Seine Verwandten ebenfalls nicht. Wir sollen herausfinden, ob es Mord war oder etwas anderes.«
    »Könnt ihr das nicht sehen?«
    Feng schüttelte den Kopf. »Es kann ein Unfall gewesen sein. Oder auch Absicht. Kappas brauchen Wasser, sie tragen es als Blase auf ihrem Kopf herum. Wenn sie Wasser verlieren und die Blase nicht schnellstmöglich wieder auffüllen können, sterben sie.«
    »Er hat seine vorgestern Abend verloren, weil du dich vor ihm verbeugt hast.«
    Fengs Miene verdüsterte

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