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Grenzgänger

Grenzgänger

Titel: Grenzgänger Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Nina Behrmann
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»Kappa« in die Suchzeile ein. Es erschienen fünf Einträge; darunter auch mein Freund aus dem Club. Ich druckte die Seite aus und las sie noch einmal durch, bevor ich sie auf den Schreibtisch legte.
    In diesem Moment kamen Feng und Kay zur Tür herein. Der Chinese musterte mich besorgt. Sah man mir meinen Zustand so deutlich an?
    Kay kam zum Schreibtisch und nahm gleich das Blatt mit der Beschreibung auf.
    »Sein Name war Mi-zu«, sagte ich, bevor er lesen konnte. »Er war seit ein paar Jahren in Deutschland, wurde aber in Japan geboren. Da steht, er war 367 Jahre alt – war das alt?«
    Kay schüttelte den Kopf und studierte weiter das Papier.
    »Altersschwäche können wir ausschließen«, sagte Feng. »Ich hoffe, das Netz hat dir keine allzu großen Schwierigkeiten gemacht?«
    Ich schüttelte den Kopf. »Es hat zwar eine Weile gedauert, bis ich den Dreh raus hatte, aber dann ging es.« Ich tippte gegen den Bildschirm. »Da habe ich auch einen Eintrag über meine Mutter gefunden.«
    Sofort verdüsterte Fengs Miene sich. »Arien? Ist etwas mit ihr?«
    »Ich weiß es nicht. Da stand etwas von ›Aufenthaltsort unbekannt‹.«
    »Sie verschwindet häufiger«, warf Kay ein, der das Blatt Papier wieder auf den Schreibtisch fallen ließ.
    »Ich weiß. Aber dieser Eintrag hat mich verunsichert.« Ich sah zu Feng auf.
    Er legte mir den Arm um die Schulter. Ich musste wirklich erbärmlich aussehen. »Fahren wir zu deiner Mutter und sehen nach dem Rechten, okay?«

    Gut zwei Stunden später war ich wieder zu Hause. Feng hatte mich gefahren und gesagt, er hole mich am nächsten Tag ab, da mein Auto nun vor dem Triskelion Büro stand. Ich selbst war nicht mehr imstande gewesen, zu fahren. Die Wohnung meiner Mutter hatte ausgesehen wie immer. Einige Sachen fehlten und ihre Reisetasche, was mich beruhigt hatte. Es hieß, dass sie tatsächlich nur für einige Tage verschwunden war, wenn auch sehr kurzfristig. Nicht, dass sie das nicht öfter tun würde. Sie fuhr gerne ein paar Tage weg. Durch ihren Laden und die Witwenrente konnte sie es sich leisten. Meist sagte sie vorher nicht Bescheid und ich bekam überraschenderweise Postkarten aus den bizarrsten Gegenden der Welt. Ich konnte nur raten, wie sie es immer wieder schaffte, an diesen verlassenen Flecken Ansichtskarten aufzutreiben, beziehungsweise einen anständigen Postservice. Mir um ihr Verschwinden Sorgen zu machen, hatte ich mir schon sehr früh abgewöhnt.
    Angesichts der übersichtlichen Anzahl ihrer fehlenden Kleidung durfte es wohl nicht allzu lange dauern, bis sie wieder im Lande war.
    Trotz allem wollten die Zweifel nicht schweigen, als ich meine eigene Wohnung betrat. Ohne nachzudenken, stolperte ich ins Schlafzimmer. Aus dem Augenwinkel bemerkte ich die hässliche Kröte neben meinem Bett. Ihre Schnauze zeigte auf die Wand dahinter.
    Ich wollte sie wieder raustragen, aber noch während ich den Entschluss fasste, das Tonding aufzunehmen und wieder auf den Balkon zu bringen, war ich auch schon eingeschlafen.
    Ich träumte. Ich träumte, dass Samhiel neben mir lag. Er war nackt, wie ich auch und schlief. Auch wenn es nicht wahr war, lächelte ich und mein Traum-Ich rutschte näher. Die Decke hatte er bis zum Bauchnabel hochgezogen, aber unter dem Stoff erahnte ich seine schmalen Hüften.
    Plötzlich legte sich eine warme große Hand auf meine Stirn. Samhiel sah mich an und lächelte. Ich erwiderte es leise und hörte ihn »Kätzchen« flüstern. Er bewegte sich und sein nackter Körper raschelte auf den Laken. Samhiel war näher gerückt, denn ich spürte seinen Atem auf meiner Stirn. Er war warm, wie ein Streicheln. Ich zwang mich, die Augen zu schließen. Dennoch spürte ich leichte Gänsehaut auf den Armen. Samhiels Wärme und sein Körper waren so nah bei mir, dass ich mich kaum bewegen musste, wollte ich ihn berühren. Ich hätte nur die Hand heben müssen. Doch ich tat es nicht.
    Stattdessen atmete ich nur wieder tief durch und ließ zu, dass er mir mit den Fingerkuppen über die Lippen strich. Das lange schwarze Haar legte sich auf meine Brust und einen Augenblick später spürte ich etwas anderes an meinen Lippen. Haut, Sehnen. Ich öffnete den Mund halb und ließ meine Zunge hervorblitzen. Sie tastete über seinen Hals, spürte die Form der Halsschlagader nach.
    Ich schlug die Augen auf, als Samhiel mich festhielt. Sein Blick lag auf mir. Er lächelte nicht mehr, sondern musterte mich. Ich kam mir schutzlos vor und schlug die Augen nieder. Meine Hände

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