Grenzgänger
»Sehr gerne«, sagte er und Agnes lächelte.
In der Küche war es wärmer als im Schlafzimmer. Feng setzte sich und nahm mit vorsichtigen Händen die Kaffeetasse auf. Kay sah nur düster in die seine, als sei es ihre Schuld, dass der Zauber verschwunden war. Es ärgerte ihn, dass er Agnes nun keinen Schutz mehr bieten konnte, und sie gleichzeitig auch die Spur verloren hatten.
»Sie haben nichts gefunden, oder?«, brach Agnes das Schweigen.
»Nein, haben wir nicht«, bestätigte Kay. »Allerdings haben wir auch noch nicht alle Möglichkeiten ausgeschöpft.«
Agnes rührte mit einem Löffel in ihrer Tasse. »Ich will nicht wissen, wer es war. Es würde nichts bedeuten. Ich möchte nur, dass er wieder verschwindet. Dass ich keine Angst mehr haben muss.«
»Wollen Sie nicht wissen, warum er Sie verfolgt? Warum er Ihnen das antut?«
Agnes schüttelte den Kopf.
Kay und Feng wechselten erstaunte Blicke. »Nun, da gibt es einfachere Wege, um das sicher zu stellen. Nur leider können wir die jetzt nicht mehr anwenden«, murmelte Kay.
»Einfachere Wege? Warum haben Sie das nicht gleich gesagt?«
»Das sagte ich bereits«, erwiderte er ruhig. »Weil ich nicht davon ausgegangen bin, dass er einen Übergriff auf Sie plant und ganz falsch habe ich damit nicht gelegen, denn Sie leben noch.«
»Und warum können Sie diese Möglichkeiten jetzt nicht mehr einsetzen?«
»Weil Sie nicht mehr die Einzige sind, die mit dem Vampir Kontakt hatte. Er wird auch verdächtigt, eine andere Person getötet zu haben.«
Agnes senkte den Kopf. »Wird es diesmal reichen?«
»Vorausgesetzt, er kommt tatsächlich wieder, wird es reichen, ja. Sollte wider Erwarten doch etwas schief gehen, versuchen Sie es nicht mit Kreuzen, Weihwasser oder Knoblauch. Das ist wirkungslos.«
In Agnes’ Blick trat nun doch wieder Angst. »Was dann?«
»Feuer ist wirkungsvoll. Oder ihm den Kopf abzuschlagen.«
Agnes wurde noch blasser. Kay befürchtete schon, dass sie wieder einen Schwächeanfall bekommen würde, aber sie hielt sich aufrecht.
»Ich werde heute Nacht noch einmal vorbei fahren und vor dem Haus sehen, ob alles in Ordnung ist, damit Sie sich sicherer fühlen können«, bot er an.
Agnes nickte und fuhr sich mit zittrigen Fingern über das Gesicht.
Feng stand auf. »Rufen Sie uns an. Falls irgendetwas sein sollte«, sagte er.
Er ging in Richtung Tür, und sowohl er als auch Kay ließen Agnes allein in ihrer Küche zurück.
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Kapitel 9
Frustriert suchte ich auf der Tastatur zum wiederholten Mal nach irgendeinem der Zeichen, die auf dem Zettel standen. Nichts. Der Schreibtisch war bereits meiner Suche zum Opfer gefallen. Ich hatte mich zwar zurückhalten können und alle Papiere, Dokumente, Akten und Krimskrams an Ort und Stelle gelassen, aber jede Schublade und jedes Fach stand offen. Trotz allem – nichts.
Jetzt versuchte ich im Computermenü irgendetwas Brauchbares zu finden, aber außer den üblichen Einstellungen fand ich nichts.
Ungeduldig gab ich auf und stand auf. Eine geschlagene Stunde hatte ich jetzt schon an diesem Computer gesessen.
Auf Kays und Fengs Handy hatte ich jeweils eine Nachricht hinterlassen, um ein wenig Hilfe zu bekommen, aber bei beiden sagte mir eine freundliche Stimme vom Band, dass diese Telefone zurzeit nicht erreichbar wären.
Ich konnte und wollte das Büro nicht allein lassen und hatte daher begonnen, mich mit Fengs Zettel zu befassen. Aber auch das klappte nicht.
Also landete der Zettel auf der Tastatur und ich setzte meine abgebrochene Suche nach einer Kaffeemaschine fort. In einer Nische, die wohl eigentlich für Putzutensilien gedacht war, wurde ich schlussendlich fündig.
Mit einigen Kacheln und einer Spüle war eine notdürftige Küche erstellt worden, die eigentlich nur aus besagter Spüle und einem Klapptisch mit Utensilien bestand. Darüber hing ein Schränkchen, in dem ich Tassen, Besteck und kleine Teller fand.
Während der Kaffee kochte, lehnte ich mich an die Wand und sah den schwarzen Tropfen zu, wie sie in die Kanne fielen. Vielleicht war das ja eine Art erster Test. Mir einfach einen Zettel zu geben und dann abzuwarten, wie dumm ich mich anstellen würde. Argwöhnisch sah ich mich nach eventuellen Kameras im Büro um, aber wenn es welche gab, waren sie sehr gut versteckt.
Ich biss mir auf die Unterlippe und bemerkte erst jetzt den Dampf der Kaffeemaschine. Die Kanne war durchgelaufen und so kehrte ich mit einer vollen
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