Grenzlande 1: Die Verpflichtung (German Edition)
– es ist eine neue Brücke dort gewachsen. Sie scheint solide genug zu sein.«
»Bringt Unsere Rüstung. Wir werden Uns dem stellen, was Uns da grüßt.« Die Augen des Königs glühten golden. Dann sah er den Geist und blieb auf der Stufe des Podestes stehen. »Wer ist das, und warum ist er hier in Unserem Thronsaal?« Der Hof erstarrte, als die Leute ihre Köpfe in unsere Richtung wandten.
»Das war Reiter Basel, Euer Majestät, von der Bergpatrouille der Garnison in Freston«, erwiderte Suiden und deutete auf die Bahre. »Er wurde heute ermordet.«
»Lasst Uns sehen.« Jusson ging die Treppe hinunter. Ein königlicher Leibgardist trat an die Bahre und zog die Fahne herunter.
»Ich mag mich irren«, sagte der König, »aber das sieht mehr nach einem Hirsch aus, denn nach einem Soldaten. Allerdings kannten Wir einige Männer, die …« Jussons Stimme verklang im nervösen Gelächter des Hofstaates, das jedoch schlagartig verstummte, als Basels Geist sich in den Hirschen verwandelte. Im selben Moment fuhr ein Windstoß durch den Thronsaal, und es roch nach süßem Gras und frisch gepflügter, fruchtbarer Erde.
»Er wurde von Leutnant Slevoic ermordet, Euer Majestät«, sagte Suiden.
»Tatsächlich?« Jusson hatte die unterste Stufe erreicht. Jetzt stand er dicht genug bei Suiden, dass er dessen Augen sehen konnte. Seine eigenen weiteten sich. »Hauptmann Prinz?« Sein Blick glitt über Javes und Esclaur, bevor er an mir hängen blieb. » Cousin?« Der Wind lachte und wirbelte um mich herum, hob mein Haar in die Luft, während die Schmetterlinge mich umtanzten.
»Er erlangt seine volle Macht, Ehrenwerter König«, sagte Laurel. »Jeder Magier hat ein Markenzeichen, und das von Lord Hase scheint sein Haar zu sein.«
Hastige Schritte näherten sich, als mehrere Lakaien mit der Kampfrüstung des Königs in den Thronsaal liefen. Ein paar versuchten, Jussons Umhang und Hemd abzustreifen, aber er winkte sie ungeduldig zur Seite. »Man hat es Uns gesagt, aber was ist mit Prinz Suiden und den anderen geschehen?« Er nahm dem Lakaien das Schwert ab und ließ die Scheide zu Boden fallen, sodass er mit blankem Schwert dastand. »Ist das Euer Werk, Faena?«
»Nein«, antwortete Laurel. »Das ist es nicht.« Er hob die Tatze, und die Rune der Wahrheit leuchtete hell. Ich hörte, wie die Runen im Kreis der Zeugen auf dem Boden leise summten. Ich trat etwas zur Seite.
Jussons Blick durchbohrte mich. »Weißt du, warum das passiert ist, Hase?« Er sah zu Basel hinüber. »Und warum klebt der Geist des ermordeten Soldaten an dir?« Die Aufmerksamkeit der anderen Höflinge richtete sich wieder auf mich, und ich hörte die gemurmelten Worte »Zauberei« und Hexerei«, unter die sich einige »Schwarze-Magie«-Rufe mischten.
»Euer Majestät«, begann Suiden.
»Ruhe!«, donnerte Jusson. »Wir haben Unseren Cousin gefragt!«
»Das ist eine lange Geschichte, Euer Majestät«, erwiderte ich. »Aber ich bin Euer Gefolgsmann.« Ich wollte mein Schwert ergreifen, aber meine Hand schloss sich nur um Luft. Mir fiel ein, dass ich ja keins mehr hatte. Ich sah mich um. Ob es dieselbe Wirkung haben würde, wenn ich Jeffs Klinge schwang? In dem Moment fiel mein Blick auf die Runen des Kreises der Zeugen. Ich blickte hoch. Die meisten Höflinge wichen meinem Blick aus, und die, die es nicht taten, machten Gesten, um das Böse abzuwehren. Ich empfand ihre Zurückweisung wie einen Schlag, und plötzlich hatte ich genug. Jahrelang hatten sie vor Slevoic und dem Haus von Dru beide Augen verschlossen, und jetzt behandelten sie mich wie den Obersten Dämon der Hölle. Ich war bereit, wegzugehen und sie ihren Intrigen zu überlassen, ihrer Korruption, dem bevorstehenden Krieg mit den Grenzlanden. Sie waren einfach nicht mein Problem.
Ich drehte mich langsam um und stand plötzlich Basel gegenüber, der mich beobachtete. Er war gestorben wegen Slevoics Hass auf mich und wollte jetzt, dass ich der Gerechtigkeit Genüge tat. Ich sah an ihm vorbei Jeff und die anderen Reiter an, die mich ebenfalls beobachteten. Sie waren nur in diese Sache hineingezogen worden, weil ich bei ihrer Truppe war. Keiner von ihnen machte irgendein Zeichen gegen das Böse, keiner wandte sich ab. Ich begegnete Suidens Blick, seinen grünen Augen, während er mich gelassen beobachtete, abwartete, was ich tun würde, und Javes’, dessen Lorgnon achtlos auf seiner Brust baumelte, der mich ebenfalls musterte.
»Seid Ihr das, Hase ibn Chause e Flavan?«, fragte Jusson.
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