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Grenzlande 1: Die Verpflichtung (German Edition)

Grenzlande 1: Die Verpflichtung (German Edition)

Titel: Grenzlande 1: Die Verpflichtung (German Edition) Kostenlos Bücher Online Lesen
Autoren: Lorna Freeman
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Truppen der Garnison als Gefangene überquerten wir die grüne Brücke und ließen die königliche Leibgarde zurück, um die normale Wache zu ersetzen, die jetzt ebenfalls in Gewahrsam genommen worden war. Wir folgten den restlichen Gardisten des Königs durch die verschlungenen Alleen des Geländes, bis wir den Palast erreichten. Anders als Lordkommandeur Thadro befürchtet hatte, wurde uns der Zugang zum Palast nicht verwehrt. Kurz darauf drängten wir uns alle – Botschafter, Lords, Leibärztin, Geist, die Leiche des Geistes, Offiziere, Schmetterlinge, Soldaten und Gefangene – in den öffentlichen Thronsaal. Er war gewaltig, von Säulen gesäumt, die sich bis zu der hohen Gewölbedecke erhoben, und es war hell in dem Raum. Sonnenlicht schien durch die hohen Fenster, durch die auch das Rauschen des Meeres drang. Ich blickte zum Thronpodest hinüber, besorgt über die Vorstellung, wen ich da wohl sehen würde. Aber selbst aus dieser Entfernung erkannte ich König Jusson, der seinen einfachen goldenen Reif trug, wenngleich er auf einem weit imposanteren Thron saß als in der Nacht des Empfangs.
    Auf dem Boden vor dem Thron entdeckte ich einen Kreis. Zuerst hielt ich ihn für eine Dekoration, doch als ich nahe genug war, um die Einzelheiten zu erkennen, blieb ich stehen. Laurel war ebenfalls stehen geblieben und betrachtete das Mosaik. Dann blickte er hoch. Ich folgte seinem Beispiel und sah auf die Stufen, die zum Podest führten. Heho!
    Jetzt begriff ich, wieso der König kein Problem mit dem hatte, was auf meiner Handfläche eingeritzt war, denn sein Thron blickte auf eine große Waage hinab, deren beide Schalen ausbalanciert und von einem Ring aus den Runen für Wahrheit und Gerechtigkeit umgeben waren. Auf jeder Stufe des Podestes waren die Runen für Weisheit, Wissen und Urteilskraft eingraviert. Ich sah mich um, konnte aber keine Rune für Gnade, Vergebung oder Mildtätigkeit entdecken. Ich musste mich zwingen, nicht zurückzuweichen. Es war ein sehr harter Ort, und ich wollte nicht mal in seiner Nähe sein, geschweige denn darauf stehen, weil ich keinerlei Verlangen hatte, meine Worte, Motive oder meine Seele einem Urteil zu unterwerfen. Und während ich mich noch fragte, ob Jusson wusste, welchen Schmuck er da auf seinem Boden hatte, trat Laurel ebenfalls von einem Fuß auf den anderen, als wäre auch er lieber woanders. »Es ist ein Elfenpalast, richtig?«, murmelte er und trat einen Schritt zurück.
    Der Hofstaat des Königs hatte sich am Fuß des Podestes versammelt. Er bestand aus den Kammerdienern, Kanzlerin Berle und anderen Leuten, die ich von dem Empfang zwei Abende zuvor kannte, und natürlich aus noch mehr Leibgardisten. Aber es war kein Lord Gherat zu sehen. Während ich darüber nachdachte, trat einer der Haushofmeister-Zwillinge vor und begann uns anzukündigen, bis der König ihn mit einer Handbewegung unterbrach.
    »Wir kennen alle, die Wir kennen sollten, und wenn es welche gibt, die Wir nicht kennen, sind Wir davon überzeugt, dass man sie Uns zu gegebener Zeit vorstellt.« Die Stimme des Königs war so distanziert wie das Gesicht des Haushofmeisters, und er betrachtete uns. Sein Blick wurde schärfer, als er das Gruppenbild erkannte. Langsam stand er auf. »Was ist passiert?« Er runzelte die Stirn. »Was machen die Soldaten der Königlichen Garnison hier, und wieso werden sie gefangen gehalten?«
    »Ein Soldat der Königlichen Garnison hat die Brücke über dem Schlossgraben geöffnet, während wir sie überquerten, Euer Majestät«, antwortete Suiden. »Während seine Kameraden uns den Weg versperrten.«
    »Wie bitte?« Der König hatte seine Stimme nicht erhoben, aber sie hallte trotzdem durch den ganzen Saal.
    Lordkommandeur Thadro trat zum Fuß des Podestes und verbeugte sich. »Es stimmt, Sire. Wäre der Magische nicht gewesen, wären wir mittlerweile Futter für die Fische.«
    Der Wind murmelte etwas davon, dass man ihm seinen Moment des Ruhms stahl, und ich sah Laurel an. Hatte er es gehört? Offenbar nicht, denn er beobachtete den König, die Ohren spitz aufgerichtet.
    »Ich bin soeben informiert worden, dass zwei Leibgardisten zu Kommandeur Loel entsandt wurden, als mein Stellvertreter die Truppen der Garnison ausrücken sah«, erklärte Thadro. »Sie sind noch nicht zurückgekehrt.«
    »Sind Wir von der Stadt abgeschnitten?«, erkundigte sich der König und ging die Treppe hinunter.
    »Nein, Sire. Unsere Männer halten das Tor, und wir brauchen die Brücke nicht zu schließen

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