Grenzlande 1: Die Verpflichtung (German Edition)
selten vorkommt. Er war zwar mit Steinen beschwert, aber die Flusspatrouillen hatten den Auftrag, die bevorzugten Stellen abzusuchen. Die Leiche hatte keine Zunge und wies eine Stichwunde auf, die zu Hases Messer passte.«
Man hatte alle Bewohner des Hauses hinausgetrieben und in der Mitte des Platzes versammelt. Der König stieg auf sein Pferd und sah Teram an, der einen behelfsmäßigen Verband um seine Hand hatte. Hinter ihm standen die Zeugen, die Söldner, die aufständischen Soldaten, die Bogenschützen und eine Gruppe Lakaien. Ein Wächter, der den Haushofmeister-Zwillingen sehr ähnlich sah, verlas die Anklagepunkte von einer Schriftrolle, die an Terams Schreibtisch verfasst worden war. Seine laute Stimme hallte über den Platz. Teram schwieg, als der Mann von versuchter Entführung, Gift, Prügeln, zerbrochenen Schwertern und natürlich Hochverrat sprach, hob jedoch ruckartig den Kopf, als die Spinnen zur Sprache kamen.
» Fünfzehn Fahle Tode?« Seine Augen weiteten sich vor Entsetzen. »Das war ich nicht!« Rebellion, Königsmord und Verwandtenmord bereiteten ihm sichtlich keine Probleme, aber Spinnen waren denn doch ein bisschen zu viel.
»Slevoic«, meinte Javes.
»Ja. Der Kerl gehört mir«, erklärte Suiden. Flammen flackerten in seinen Augen.
»Nein, Uns, Hauptmann Prinz«, widersprach Jusson, während die Anklageschrift an das Portal von Flavans Haus genagelt wurde. »Wir sind König und nehmen das Recht des Königs in Anspruch.« Er streckte eine Hand aus, nahm die Kopie der Anklageschrift entgegen und reichte sie einem Edelmann weiter. »Sorgt dafür, dass diese Schrift in der ganzen Stadt und in Iversterre verbreitet wird.« Sein Blick richtete sich auf Teram. »Und sorgt gleichfalls dafür, dass sich die Geschichte herumspricht, wie Unser Cousin, Leutnant Lord Hase ibn Chause e Flavan im Kreis der Zeugen stand, der so hell wie die Sonne brannte, während er seinen Treue-Eid auf König und Königreich erneuerte. Wie es einst in den früheren Zeiten war, als der echte Locival und seine Gefährten ausritten und der Gerechtigkeit im Reich zu ihrem Recht verhalfen.« Jussons Lächeln war alles andere als liebenswürdig. »Da der Kreis der Zeugen wieder zum Leben erwacht ist, freuen Wir uns schon sehr darauf, wie es Ihnen darin ergehen wird, Teram ibn Flavan e Dru.«
Vor dem Eingang des Flavan-Anwesens wurden Wachen postiert, dann wurden die Verwundeten, die sehr Jungen und die Alten auf Karren geladen, die Leichen auf andere Wagen, und wir verließen den Platz. Ich ließ meinen Blick über die Reihe der Menschen gleiten und bemerkte, dass Terams Frau Isalde fehlte. War das Absicht oder nur ein glücklicher Zufall?
Kurz darauf erreichten wir die Brücke über den Schlossgraben. Die Brombeerbüsche waren noch genauso dicht und dornig, wie wir sie verlassen hatten. Basel sprang zur Brücke, und das Dornendickicht teilte sich. Der Spalt war breit genug, dass wir passieren konnten. »Angeber«, murmelte ich, als ich an ihm vorbeiritt. Er ignorierte mich, hob sein mächtiges Geweih und versetzte die Gefangenen in Angst und Schrecken, als sie den Geist wahrnahmen. Offenbar zum ersten Mal.
»Seht ihr?«, schrie Teram. »Seht ihr? Ich habe euch ja gesagt, dass er ein böser Hexer ist! Seht nur! Schwarze Magie …!«
Ein Soldat holte aus und versetzte ihm einen deftigen Schlag auf den Hinterkopf, sodass Teram mitten im Schrei verstummte. Sein Mund war vor Entrüstung aufgerissen, weil ein gewöhnlicher Soldat es wagte, Seine Erhabenheit anzugreifen. Ich beobachtete, wie ihm schließlich dämmerte, dass er nichts dagegen tun konnte. Der Soldat trat Lord Teram in den Hintern und trieb ihn weiter, und der Lord stolperte voran, sämtliche Proteste vergessend.
Es war eine raue Bande, welche die Treppe in den Palast hinaufschwärmte. Mit spöttischen Bemerkungen, derben Witzen, Geschrei und Gelächter genossen wir die Tatsache, dass wir das Ende einer Schlacht lebend überstanden hatten. Lordkommandeur Thadro trennte unsere Gefangenen sofort, schickte Teram ins Verlies hinab und befahl, die Söldner und aufständischen Soldaten ins Militärgefängnis der Garnison zu verfrachten, um, wie er sagte, »Platz zu schaffen«. Den Rest der Gefangenen schickte er in angenehmere, aber ebenso sichere Quartiere.
»Bringt die Kinder mit ihren Müttern in die Kinderzimmer des Palastes«, sagte König Jusson, der die Kapuze seines Kettenhemdes abstreifte und erleichtert seufzte, als frische Luft sein Gesicht kühlte.
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