Grenzlande 1: Die Verpflichtung (German Edition)
bei seinen Bemühungen geholfen, Laurel und mich in Misskredit zu bringen.« Ich blickte wieder auf die Stäbe, die in dem Runenzirkel lagen. »Es muss sie sehr beunruhigt haben zu erfahren, dass wir Elfenholz von gewöhnlichem Holz unterscheiden können und Drachenhaut von Echsenhaut.« Ich verzog spöttisch den Mund. »Und dass wir sogar wussten, wen sie da ermordet haben.«
Laurel miaute leise. »Dass es unsere Freunde waren.«
»Freunde«, wiederholte Jusson, seufzte und sah sich im Thronsaal um. »Unser Palast ist in ein Schlachthaus verwandelt worden.«
Das ist nichts Neues, dachte ich. Das ganze Königreich ist ein Schlachthaus.
»Das wird aufhören, Leutnant Lord Hase ibn Chause e Flavan.« Der König richtete seinen glitzernden Blick auf mich.
Ich verkniff mir eine Bemerkung darüber, dass der König meine Gedanken hören konnte. Die meisten Höflinge sahen nur verwirrt zwischen Jusson und mir hin und her. Einige allerdings runzelten die Stirn.
»Euer Majestät …«, setzte Suiden an.
»Nein, Hauptmann Prinz. Noch einmal: Auch wenn Eure eifrige Fürsorge für Eure Untergebenen vorbildlich ist, Wir sprechen mit Unserem Cousin.« Jusson wandte seine goldenen Augen nicht von mir. »Es untergraben bereits genügend Leute die Stabilität unseres Königreiches. Es ist überflüssig, dass Sie auch noch dazu beitragen, Lord Hase.«
Die verwirrten Blicke verstärkten sich.
Es wäre wahrscheinlich sehr klug gewesen, auf die Knie zu fallen und um Vergebung zu bitten. Nahm ich jedenfalls an. »Eine meiner frühesten Erinnerungen, Sire, ist die an die Ehrenwerte Esche Faena, die mich auf unserem Hof herumgeführt und mich gelehrt hat, Spuren zu lesen.« Der Knoten in meiner Brust wurde stärker, und ich rang um Atem. »Seht, was man ihr angetan hat.« Ich holte noch einmal tief Luft. »Seht, was man ihnen allen angetan hat.«
In dem folgenden Schweigen hörten wir Schritte im Flur. Wir drehten uns zu dem Edelmann herum, den Jusson zum Haus von Dru geschickt hatte und der jetzt durch das Portal des Thronsaals trat, zum König eilte und sich verbeugte. »Euer Majestät, Lord Gherat war bereits geflohen, aber ich habe Euch gebracht, wen und was wir gefunden haben.«
Soldaten und Gardisten strömten herein. Einige trugen Kisten und Schachteln. Und in ihrer Mitte ging unsere persönliche Finanzamtsdienerin, Losan eso Dru.
»Also wirklich«, murmelte Javes.
42
Auf Jussons Geheiß wurden alle Überreste der Ermordeten entfernt. Laurel verbeugte sich und übernahm, zusammen mit Patriarch Pietr und Doyen Allwyn, die Aufgabe, sie zum Sitz des Patriarchen zurückzubringen. Während sie davongingen, sagte der Patriarch zu Laurel, dass er angeordnet hatte, sämtliche Amtsstäbe der Kirche einzuziehen. »Denn es bekümmert mich, Laurel Faena«, meinte er, »dass wir nicht nur unsere eigenen Kirchen entweihen, sondern auch die armen, ehm, Leute entehren, die ermordet worden sind.« Hinter ihnen marschierte Erzdoyen Obruesk, der Laurel unter seinen dichten Brauen finstere Blicke zuwarf.
»Im Moment bin ich eher in Sorge, dass die Kirchenältesten die Stäbe benutzen könnten, Ehrenwerter Patriarch«, sagte Laurel »Denn es ist nicht förderlich für die Gesundheit, sich in ihrer Nähe aufzuhalten.« Seine Krallen klickten auf dem Marmorboden, als er mit dem Kleriker hinausging. »Bitte sorgt dafür, dass niemand den Raum betritt, sobald ich sie mit einem Schutzzauber versehen habe.« Seine Stimme verklang im Flur. »Und ich würde an Eurer Stelle ernsthaft über eine weitere Läuterung nachdenken.«
Hauptmann Suiden ließ Basels Leichnam von einigen Soldaten auf den Friedhof neben einer Kirche schaffen, wo sie einen Scheiterhaufen errichten sollten, auf dem Basels Leichnam bei Sonnenuntergang verbrannt werden würde. Laurel hatte Suiden nämlich auch gesagt, dass es höchst ungesund wäre, wenn Leichenteile des Hirsches erhalten blieben. »Sollte jemand seinen Kopf an eine Wand hängen oder ein Apotheker sein Geweih für einen Trunk zermahlen, wäre das nicht sonderlich gut. Es würde zu einem Brennpunkt für alle Arten von Boshaftigkeit. Wir sollten den Leichnam vollkommen zerstören, Ehrenwerter Hauptmann, und zwar mit den entsprechenden Riten und Zeremonien. So können wir jede unerwünschte Reaktion unterbinden, die sich aus dem Mord an dem Soldaten ergeben könnte.«
»Ihr meint Flüche?«, erkundigte sich Suiden. Er sah sich um. »Groskin, Sie sind für die Bestattung von Reiter Basel verantwortlich.
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