Grenzlande 1: Die Verpflichtung (German Edition)
ungeachtet der Doktrin der Kirche gegen Geister, werden die Riten korrekt durchgeführt.«
»Davon sind Wir überzeugt«, erwiderte Jusson. »Ist Botschafter Laurel hier?«
»Da kommt er, Sire«, meinte einer der Höflinge.
Der Faena tauchte in Begleitung von Kanzlerin Berle auf. Ihnen folgten andere Lords und Höflinge. Vermutlich war Basels Bestattung das Ereignis der Stunde. Nicht schlecht für einen einfachen Soldaten. Auch wenn er ein wirklich ausgezeichneter Koch war.
»Gut«, sagte Jusson. »Fangen wir an?«
Trotz des Missfallens des Erzdoyens verlief die Zeremonie glatt. Ich trat zu meiner Truppe und nahm Haltung an, während Obruesk die Riten vortrug. Seine tiefe Stimme mischte sich in das Rauschen des Ozeans, und es schien fast, als würde das Meer selbst sprechen.
»So wie wir in diese Welt kommen, so verlassen wir sie auch.« Erzdoyen Obruesk blickte auf den toten Hirsch, aber ich musste ihm zugutehalten, dass er nicht ins Stocken geriet. »Beraubt all dessen, was das Leben uns gewährt hat, stehen wir nackt vor Gott, wo Sein Licht alle Schatten vertreibt. So also steht Reiter Basel dort«, der Erzdoyen ignorierte den Geist hinter mir, »wo sein Wert nicht von Reichtümern und Rang bestimmt wird, sondern von dem Einzigen, was er mitnehmen kann: seiner Seele. Und so wie wir Basels Seele den Händen des Schöpfers übergeben, so übergeben wir seine sterbliche Hülle der Erde.« Der Scheiterhaufen wurde ebenfalls ignoriert. »In die letzte Umarmung, auf dass er zu dem zurückkehrt, aus dem wir geschaffen sind.« Er hob eine Handvoll Erde vom Boden auf, sah sich suchend um und warf sie dann auf die Kienspäne.
»In die letzte Umarmung«, wiederholten wir.
»Bis zu dem Tag, an dem wir auferweckt werden«, sagte der Erzdoyen.
»Bis zum Jüngsten Tag, wenn wir auferstehen«, intonierten wir.
»Und alle Verderbtheit in der reinigenden Erde bleibt«, erklärte der Erzdoyen.
»Wo alles vor Freude glänzt und Gottes Ruhm widerspiegelt«, antwortete der Chor.
»Die Erde möge dich aufnehmen, Reiter Basel«, betete der Erzdoyen.
»Die Erde umhülle dich und gewähre dir Sicherheit«, brummten wir.
»Friede, Reiter Basel.« Der Erzdoyen.
»Friede und Ruhe sei mit dir.« Der Chor.
Hauptmann Suiden nahm eine und Hauptmann Javes eine zweite Fackel. Die Sonne schimmerte auf dem Wasser, färbte es orange und dann rot, als sie beide den Scheiterhaufen entzündeten. Es dämmerte, als die Flammen emporzüngelten, schon bald den ganzen Holzstoß erfassten und den Hirsch verbrannten, der darauf lag. Ich erwartete den Gestank von brennendem Fleisch, und er drang auch durch die Luft. Aber in den Geruch mischte sich das Aroma von süßem Gras und Lehm.
»Und, wie war das?«, fragte ich den Geist, während ich mich von dem Scheiterhaufen abwandte. »Fühlst du dich ein bisschen friedlicher?« Ich betrachtete Basel scharf, aber er war genauso wie vor der Bestattung. Er wurde nicht mal durchscheinender. Ich seufzte. »Du amüsierst dich prächtig, hm? So gut wie noch nie in deinem Leben. Stimmt’s?« Basel hob sein Geweih.
»Lungern Geister eigentlich noch herum, nachdem sie gerächt worden sind?«, erkundigte sich Jeff.
»Bring ihn bloß nicht auf komische Ideen!«, warnte ich ihn.
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»Wir glauben zwar, dass wir die gesamte Asche eingesammelt haben, aber wir müssen das morgen früh überprüfen, wenn es hell ist, Ehrenwerte Leute«, erklärte Laurel Faena.
Wir waren nach Basels Bestattung in den Palast zurückgekehrt. Mein Onkel redete wie ein Wasserfall angesichts der Drohung, dass die königlichen Steuerprüfer seine Bücher zerpflücken könnten. Die Augen von Kanzlerin Berle funkelten vor Schadenfreude, als sie die Namen, Daten und Schilderungen der Aktivitäten hörte, in die Lord Gherat verstrickt war. Nach allen Überraschungen dieses Tages war es wohl selbst für Jusson zu viel zu hören, wie der Ratgeber und Freund, dem er vertraute, ihn betrogen hatte. Jedenfalls leisteten er und seine Getreuen nach dem Verhör den Truppen aus Freston und der Königlichen Garnison bei einem ausschweifenden Gelage Gesellschaft. Der König persönlich brachte einen Toast nach dem anderen auf Basel aus, jeder Toast verrückter als der vorige, und der Wein floss in Strömen. Der Geist war mittlerweile zum Tisch des Königs umgezogen, wo Jusson mit seinen Adligen, dem Wolfsrudel und seinen hohen Militärs saß. Basel selbst wirkte königlich mit seinem hoch erhobenen Geweih und schien sich prächtig zu
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