Grenzlande 1: Die Verpflichtung (German Edition)
da sein würde, wenn er dorthin kam. Der König hatte auch seine Getreuen zu Lord Chause geschickt, um ihn zu einem freundlichen Gespräch in den Palast zu bitten. Mein Onkel war hereingeschlendert, jeder Zoll ein Aristokrat. Mir warf er einen leicht herablassenden Blick zu, als wäre ich einfach zu langweilig, als dass er etwas anderes hätte empfinden können.
Die Sonne warf lange Schatten vor den Fenstern des Audienzsalons. Schon bald wurde es Zeit, zu Reiter Basels Beerdigung zu gehen. Lord Chause saß behaglich auf seinem Stuhl und streifte Lord Esclaur und Hauptmann Javes mit einem überdrüssigen Blick. Dann sah er König Jusson an. »Darf ich fragen, Euer Majestät, wie die Anklage gegen Gherat lautet?«
»Nein.«
»Oh. Gut, und was ist mit Teram?« Mein Onkel sah mich an. »Sag, Hase, hat dein Cousin tatsächlich versucht, eine Revolte in einem Locival-Kostüm anzuführen?«
Ich runzelte die Stirn, als er meine Verwandtschaft mit Flavan betonte, aber Jusson kam meiner Erwiderung zuvor. »Ich habe Sie auch nicht hergebeten, um über Teram ibn Flavan zu plaudern.«
Lord Chause lächelte schwach. »Verzeiht, Sire.«
König Jusson betrachtete meinen Onkel einen Moment. »Wissen Sie, wie dicht wir vor einem Krieg stehen, Maceal?«
»Ich dachte, Ihr hättet Euch dessen angenommen, Euer Majestät.«
»Nicht mit dem Haus von Flavan. Mit den Grenzlanden.«
»Ich habe diesen Unsinn über Elfenholz und Drachenhaut gehört, Sire.« Das Lächeln meines Onkels wurde noch spöttischer.
»Das ist kein Unsinn, Maceal«, erwiderte der König.
»Ich bitte erneut um Vergebung, Euer Majestät«, sagte Lord Chause. »Aber ich bin von den … den Grenzländern, die man zu uns geschickt hat, nicht sonderlich beeindruckt.« Er sah mich höhnisch an. »Ein unbeholfener Bauernjunge und ein dressiertes Tier.«
»War der Krieg mit den Grenzlanden auch so wenig beeindruckend?«, erkundigte sich Lord Esclaur.
»Ein Ammenmärchen, Esclaur«, erwiderte Lord Chause. »Kämpfende Bäume und singende Feen? Noch mehr Unsinn!«
»So viel Unsinn, Maceal«, antwortete König Jusson, »dass Iversterre um Frieden gebeten und sich glücklich geschätzt hat, ihn zu bekommen.«
Lord Chause öffnete seinen Mund.
»Ich habe Berichte über diese Schlacht gelesen«, kam Jusson meinem Onkel zuvor. »Sie stammten aus erster Hand.« Er beugte sich auf seinem Stuhl vor. »Es war nur eine Schlacht, Maceal. Nichts sonst, nicht mal gegenseitige Beleidigungen. Das Königreich Iversterre hat eine gehörige Tracht Prügel bekommen.« Die Augen des Königs funkelten. »Das ist kein Straßentheater.«
Eine Furche erschien zwischen den graumelierten Brauen meines Onkels und verdarb seine hochmütige Miene.
»Ich habe außerdem den Briefwechsel zwischen meinem Großvater, dem König und diesen ›Feen‹ gelesen. Und die daraus resultierenden Friedensverträge.« König Jussons Augen glitzerten noch mehr. »Wissen Sie, warum wir eine so starke Garnison in Veldecke haben?«
»Ich habe angenommen, um die Verrückten und Unzufriedenen aus den Grenzlanden abzuschrecken«, sagte Lord Chause, der immer noch versuchte, mit einer hochmütigen Miene sein Stirnrunzeln zu verdecken.
»Also wirklich, Maceal«, sagte Esclaur. »Denken Sie nach! Warum brauchen wir eine so große Streitmacht dort, wenn die Grenzlande nur aus Pöbel bestehen?«
»Banditen …«
»Nein, Mylord«, mischte sich Javes ein. »Es kommen keine Gesetzlosen aus den Grenzlanden zu uns. Unsere Kriminellen sind alle heimischen Ursprungs. Oder kommen vom Meer.«
»Die Garnison in Veldecke soll nicht die Völker der Grenzlande fernhalten«, erklärte Jusson. »Sondern sie soll dafür sorgen, dass wir hierbleiben können.« Er beugte sich erneut vor. »Selbst Ihr Bruder und seine Frau sind nicht auf dem Weg über die Garnison in die Grenzlande gegangen. Sie sind auf einem Handelsschiff aus dem Quarant zu einem der Hafenstadtstaaten der Grenzlande gesegelt.«
Meine Mutter hat immer schaudernd über diese Reise gesprochen. Bei der Erinnerung an ihre Seekrankheit wurde sie grün, während das Gesicht meines Pas glühte, wenn er an seine Zeit auf See zurückdachte.
»Haben Sie sich nie gewundert, warum die Armee ihre Problemfälle nach Freston schickt und nicht in die Garnison am äußersten Ende des Königreiches?«, erkundigte sich Javes.
»Nein, Hauptmann. Ich kann nicht behaupten, dass mir dies jemals in den Sinn gekommen wäre …«
»Weil wir vollkommen verrückt wären, wenn wir
Weitere Kostenlose Bücher