Grenzlande 1: Die Verpflichtung (German Edition)
das kleinste aller Übel war, die sich in diesem Raum befanden.
Loran hatte sich von Ilenaewyn abgewendet und blickte jetzt seiner Frau ins Gesicht, legte seine Hand unter ihr Kinn. Mit dem Daumen strich er über das getrocknete Blut. »Geht es dir gut, Gemahlin?«
Molyu schlang ihre Finger um seine Hand. »Ja, Gemahl.«
»Gut.« Loran ließ ihr Kinn los, verschränkte jedoch seine Hand mit ihrer und hielt sie dicht an seiner Seite. Dann drehte er sich zu dem Kommandeur herum, der immer noch wie erstarrt mit erhobenem Schwert dastand. »Ich nehme an, du bittest mich, auch keine Hand an Pellan zu legen.«
»Der einzige Sohn meiner Schwester, Gemahl«, sagte Molyu.
»Wirst du dich auch für den Magus einsetzen?«, erkundigte sich Wyln. »Er ist weder Ratsmitglied noch ein Verwandter.«
»Ich möchte um seinen Kopf bitten, Ehrenwerte Leute«, sagte Laurel, der sich immer noch um Allwyns Wunden kümmerte. »Er hat Lady Gaia entehrt, meinen Stab und damit den Baum, der ihn mir schenkte.«
»Es muss doch jemanden geben, den wir umlegen können«, knurrte Wyln, dessen Finger zuckten.
»Gherat«, schlug Javes vor.
»Obruesk«, sprang Esclaur bereitwillig in die Bresche. Doyen Allwyn, der sich einen Moment Laurels Aufmerksamkeit entzog, gab ein zustimmendes, tief empfundenes Brummen von sich.
Suiden hielt Kenalt, dessen Arme und Beine in der Luft baumelten, dem Zauberer hin, während Kanzlerin Berle nervös zu dem Drachen aufsah und meinem Blick begegnete. Sie presste sich sofort wieder flach an den Boden.
Der Fyrst streichelte erneut das Gesicht seiner Gemahlin, ging dann zu seinem Thronpodest, stieg hinauf und setzte sich auf seinen Thron. Er legte das Schwert über seine Knie und blickte in die Halle. »Wo ist mein Schreiber?«
Derselbe Amtsschreiber, der mein Cyhn notiert hatte, löste sich aus einem Haufen von Bediensteten, niederen Hofbeamten und Burgwachen, die damit beschäftigt waren, die Stadtwachen zu entwaffnen und gefangen zu nehmen, und eilte zu Seiner Gnaden.
»Es möge in der Acta notiert werden, dass ich Hase, Sohn von Lerche und Zweibaum, sowie Jusson vom Hause von Iver als zu meinem Geschlecht zugehörig erkläre …«
Ilenaewyn schrie wütend auf.
»Ihr Geschlecht sei mein Geschlecht, ihre Eide meine Eide, ihre Schulden werde ich erstatten, was ihnen geschuldet, werde ich eintreiben, die sie lieben, werde ich lieben, und die sie hassen, werde ich zur Rechenschaft ziehen. So geschehe es!«
»Verräter an Eurer Rasse«, knurrte Pellan, der sich gegen seine Bande aus Luft wehrte.
»Nein, das ist er nicht«, sagte Suiden, einen Moment von Kenalt abgelenkt. »Ihr habt keine Ahnung, was der Fyrst getan hat, stimmt’s? Ilenaewyn dagegen schon.« Der Drache wandte den Kopf und betrachtete den Nordelf. »Jedes Haus mit Anspruch auf Macht hat zumindest eine Linie zum Hause Iver. Das gesamte Königreich stammt vom Fyrst ab. Oder jedenfalls seine herrschende Klasse.«
»Aber ich habe sechzehn Linien«, begann Esclaur. »Selbst Gherat hat zehn …« Er verstummte und kniff den Schwanz zwischen die Beine, als er den Fyrst anstarrte. Dann winselte er.
»Doch diese Linien gehen auf Iver zurück.« Berle wagte es, sich aufzusetzen. »Und er ist nicht mit dem Fyrst verwandt.«
»Iver hat wohl kaum seine Kinder allein gezeugt, hm?« Suiden sah Berle an, die sich sofort wieder in einen Bettvorleger verwandelte. »Den Thronfolger zu heiraten, ob freiwillig oder nicht, ist eine erprobte Methode, einen Thron zu sichern. Durch die Gesetze der Erstgeburt, die bei Menschen und Elfen gleich lauten, ist Iversterre durch die Nachkommen des Fyrst regiert worden.«
Vererbung und Landrecht und das Recht des Erstgeborenen, an die Stelle seiner Eltern zu treten. Ich starrte den Vater unseres Königreichs und meinen, wenngleich auch etwas entfernten, Großpapa an, der mich eindringlich musterte. Ich fühlte eine Berührung auf meinem Arm, drehte den Kopf und begegnete dem goldenen Blick Ihrer Gnaden Molyu.
»Da der Fyrst nicht tot ist«, fuhr Suiden fort, »kann er bestimmen, dass die Erbschaft noch nicht seinen Erben gehört, sondern Iversterre ihm gehört. Ganz Iversterre.«
Ilenaewyn schrie wütend auf. Sein Gesicht war entstellt vor Zorn.
»Nein, es gehört nicht dem Fyrst«, korrigierte Wyln den Hauptmann. »Es gehört seinem Geschlecht, was nach dem Recht der Elfen etwas anders ist, wenngleich auch genauso bindend.« Er lächelte den blonden Nordelf Ilenaewyn gewohnt liebenswürdig an. »Was andere wirklich
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