Grenzlande 1: Die Verpflichtung (German Edition)
stießen ebenfalls Laute der Panik aus. »Haltet ihn auf!«
»Ruhe«, befahl Moraina. »Wir sind bereits so gut wie tot!«
Feuer lief an den Strängen entlang, und der Magus streckte die Hände aus. Frost strahlte von dem Podest aus, auf dem er stand, und überzog den Boden. Das Feuer verdunkelte sich von Gelb zu einem matten Rot.
»Heißer, Zweibaums’sohn«, sagte Wyln. »Lasst es heißer brennen.«
Laurels Bindung um Kareste brach mit einem klirrenden Geräusch wie zerberstendes Eis; der Magus trat vom Podest herunter und näherte sich mir. Suiden wollte ihm den Weg versperren, doch seine Beine gaben unter ihm nach. Moraina schwankte neben ihm, während dunkle Flecken auf ihrem Rücken erschienen.
Ich wandte mich zu ihnen um. »Hauptmann! Moraina!«
Wyln packte meinen Arm. »Das Feuer, Zweibaums’sohn. Macht es heißer!«
Als sie sahen, dass die Drachen schwankten, liefen einige Hofdiener und Wachen zum Portal, sanken jedoch ausgelaugt zu Boden, bevor sie es erreichten. Fäulnisflecken schimmerten dunkel auf ihrer Haut. Mittlerweile hüllte ein kleiner Schneesturm den Magus ein, und der Frost breitete sich vor seinen Füßen weiter aus. Das Feuer drohte zu erlöschen.
Ich starrte Suiden und Moraina durch den Schneesturm des Magus an, dachte an den Eisdrachen Gwyyn, der seinen Horst in der Flanke eines Feuerberges in den Oberen Reichen hatte. Eines Feuerberges, der direkt bis ins Herz der Erde führte, wo heißes, geschmolzenes Magma brodelte. Ich bückte mich und berührte einen Strang. Das Feuer leuchtete rot auf, dann orange, durchzogen von flackernden gelben Zungen, und der Magus stolperte zurück.
»Heißer«, sagte Wyln.
Ich dachte an die Sonne, die im Sommer auf meinen Rücken brannte, so heiß, dass der Himmel vor Hitze weiß glühte. Die Stränge verfärbten sich gelb, und Dampf stieg vom Boden auf. Der Magus streckte die Hände aus, und noch mehr Leute schwankten; etliche fielen einfach dort zu Boden, wo sie standen. Die Stränge wurden matter.
»Noch heißer«, sagte Wyln.
Ich dachte an die Verbindung von Sonne und Erde, an die Esse des Schöpfers, in der das Leben geschmiedet wurde – blendend heißer Stahl unter dem Hammer des Meisters, der auf den Amboss hinabsauste. Ich rief, und Wind fegte über den Boden, wie aus einem Blasebalg, und die Stränge glühten auf, bis sie vor Hitze und Licht sangen. Der Magus wurde zurückgedrängt, das Gesicht schweißüberströmt.
»Das ist es, Hase«, sagte Laurel, der neben Wyln getreten war. »Bindet sie zusammen, Erde, Wind und Feuer.«
Ich band sie zusammen, eine dreifache Bindung, die über die Stränge raste, und schloss die Augen vor ihrem Gleißen, legte schützend meine Hand darauf. Ich fühlte, wie die Rune aufflammte, heiß und wild, zwischen zwei Herzschlägen; dann erlosch sie, und es wurde kühl in der Halle. Ein sanfter Wind umschmeichelte mich, und ich schwankte. Wyln stützte mich, bevor ich fiel.
Die Flammen um den Fyrst erloschen, und er eilte zu uns, während Wyln erneut seine Finger unter mein Kinn legte und mir forschend ins Gesicht blickte. »Erde, Wind und Feuer!«, wiederholte er fast ehrfürchtig. »Von meinem Geschlecht …«
»Ich will Eure Lobpreisung nicht unterbrechen, Ehrenwerter Zauberer«, sagte Moraina, während sie sich aufrichtete. »Aber wir sind noch nicht fertig.« Suiden neben ihr rappelte sich ebenfalls langsam auf.
Alle starrten die Dragoness an, alle, außer mir. Ich glitt durch Wylns Hände und klappte auf dem Boden zusammen, während ich mich aufs Atmen konzentrierte und den metallischen Geschmack in meinem Mund zu überwinden suchte. Pa stellte sich neben mich, gefolgt von Onkel Havram. Hinter ihnen sah ich jedoch erneut ein Blitzen, wo die Hexerei des Magus den Marmorboden gespalten hatte. Müde drehte ich den Kopf und richtete meinen Blick auf die Stelle.
»Was meint Ihr, Ehrenwerte Moraina?«, erkundigte sich Wyln, dessen Hand auf meinem Kopf ruhte.
»Der Zauberer, über den sich alle so ergrimmen«, antwortete Moraina. Sie richtete den Blick ihrer saphirblauen Augen auf Falkin. Der Leutnant fuhr zusammen und klappte seinen Mund mit einem vernehmlichen Klacken zu. »Slevoic habt Ihr ihn genannt?«
»Ja«, antwortete Molyu, bevor Falkin seine Sprache wiedergefunden hatte. Sie ging zu Pellan und tippte gegen seine Wange. »Wo steckt er, hm?«
Pellan liefen die Tränen über die Wangen, als er Ihre Gnaden ansah. Offenbar löste es recht starke Emotionen aus, wenn man eine zweite Chance bekam. Er
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